Aschaffenburg (POW) Zu einem differenzierten Miteinander von evangelischer und katholischer Kirche kann nach den Worten von Karl Kardinal Lehmann die Beschäftigung mit dem Renaissancemaler Lucas Cranach dem Älteren führen. Der Mainzer Bischof und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz feierte zur Eröffnung der Ausstellung „Cranach im Exil“ am Freitag, 23. Februar, in der Aschaffenburger Stiftsbasilika einen Pontifikalgottesdienst, bei dem Würzburgs Weihbischof Helmut Bauer, Kunstreferent Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen und Stiftspfarrer Dekan Dr. Jürgen Vorndran konzelebrierten. Mehrere hundert geladene Gäste feierten den Gottesdienst in der Stiftskirche mit, in der ebenfalls bis auf den letzten Platz gefüllten Muttergotteskirche verfolgten Interessierte die Feier auf der Leinwand.
Neben Kardinal Lehmann ist Dr. Thomas Goppel, bayerischer Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Schirmherr der Ausstellung. Sie zeigt in Schloss Johannesburg, Kunsthalle Jesuitenkirche, Stiftsmuseum und Stiftskirche Sankt Peter und Alexander Gemälde von Lucas Cranach und seinem Umfeld. Die meisten davon brachte Kardinal Albrecht von Brandenburg 1540 nach Aschaffenburg, als er seine Lieblingsresidenz Halle verlassen musste und an den Untermain flüchtete.
„In der Geschichte hat der bedeutende Renaissance-Künstler Lucas Cranach der Ältere einen eigenen Platz“, sagte der Kardinal. Lange Zeit habe er als der protestantische Maler schlechthin gegolten. Unter anderem, weil er 1519 das erste Flugblatt der Reformation gestaltete und 1521 13 Holzschnittpaare schuf, die ein wichtiges Werkzeug antipäpstlicher Polemik bis ins 19. Jahrhundert hinein waren. Außerdem fertigte Cranach ab 1520 unzählige Lutherbildnisse. „Die bildliche Präsenz der Reformators und damit auch seines Erfolges in den reformatorischen Kirchen war einzigartig, tief mit Lucas Cranach verbunden und von großer Wirkung für die Reformation.“
Biographische oder autobiographische Zeugnisse, die Rückschlüsse auf Cranachs persönliche Glaubensüberzeugung zuließen, gebe es nicht. „Hier gibt es nur Mutmaßungen.“ Für seinen Auftraggeber Kardinal Albrecht von Brandenburg schuf Cranachs Werkstatt 1523 fast 180 Gemälde für Stift und Residenz in Halle. „Dazu gehören Portraits des Kardinals und differenzierte Heiligendarstellungen. Man denke nur an den berühmten Magdalenenaltar, den Albrecht nach Aschaffenburg brachte. Albrecht hat diese Kunstwerke auch in seinem Kampf gegen Luther geradezu als Waffen eingesetzt.“ Heute sei es möglich, die damalige Situation genauer zu erblicken. „Es ist wirklich eine vielfältige Übergangszeit, die man nicht nur von der späteren Entwicklung her sehen darf“, betonte der Kardinal. So könne die Kunst vielleicht noch mehr mithelfen, die Christen wieder zusammenzuführen, ohne Unterschiede zu verschweigen.
Kunstminister Goppel betonte, dass die Cranach-Ausstellung als bislang größte Ausstellung überhaupt dafür sorge, dass Aschaffenburg zu Recht den Titel Kulturstadt trage. „Die Kunstwelt Deutschlands und darüber hinaus wird während der Ausstellung ‚Cranach im Exil’ nach Aschaffenburg blicken.“
Oberbürgermeister Klaus Herzog lobte wegen der guten Zusammenarbeit neben den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, dem Haus der Bayerischen Geschichte und der staatlichen Verwaltung der Bayerischen Schlösser, Gärten und Seen die katholische Kirchenstiftung der Stiftskirche. Deren Einwilligung zur Leihgabe und Zusammenführung des Magdalenenaltars und das Wohlwollen von Pfarrer Vorndran habe die Ausstellung erst ermöglicht. „Die gute Zusammenarbeit von Bistum Würzburg und Stadt Aschaffenburg zeigt, wie sehr wir uns nach 800 Jahren Zugehörigkeit zu Mainz nun auch in der Diözese Würzburg bestens aufgehoben fühlen.“
Die Ausstellung "Cranach im Exil" ist täglich außer montags von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Gruppen werden um Voranmeldung gebeten. Nähere Informationen beim Ausstellungsbüro, Stiftsmuseum, Stiftsplatz 1a, 63739 Aschaffenburg, Telefon 06021/3867413, E-Mail cranach@aschaffenburg.de.
mh (POW)
(0907/0335; E-Mail voraus)
Hinweis für Redaktionen: Fotos im Internet