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Buch-Tipp

Ein Bild Würzburgs

Kunsthistoriker Dr. Wolfgang Hegel hat sich mit der Stuckausstattung des Würzburger Doms beschäftigt – Buchvorstellung im Würzburger Museum am Dom

Würzburg (POW) Rund 250 Jahre war die Stuckausstattung von Giovanni Pietro Magno prägend für den Würzburger Kiliansdom. „Man kann dem verlorenen Stuck nachtrauern, jedoch erfüllt der Dom in seinem heutigen Zustand eine zentrale Funktion: Er ist ein Bild Würzburgs. Ein mittelalterlicher Kern, die Reste der Glanzzeit des Barock und im Kontrast die moderne Überformung nach dem Zweiten Weltkrieg.“ Das hat Dr. Wolfgang Hegel am Donnerstag, 27. Juni, im Würzburger Museum am Dom betont. In einem Vortrag gab er einen Abriss seiner Doktorarbeit, die in der Reihe „Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg“ erschienen ist. Wie Hegel betonte, sei der Würzburger Dom zweigeteilt. Da seien einerseits Querhaus und Chor, „die in ihrer Helligkeit eine Leichtigkeit vermitteln und den Blick in die Höhe ziehen“, und auf der anderen Seite das „dunkle und recht kahle Langhaus mit den Grabmälern der Würzburger Bischöfe, dessen dunkle Decke und Fenster einen schweren Eindruck beim Betrachter erwecken“. Diese Zweiteilung habe ihn seit Beginn seines Studiums vor 15 Jahren fasziniert.

Professor Dr. Wolfgang Weiß, Herausgeber der Reihe „Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg“, nannte das Thema der Dissertation zentral für die Würzburger Kirchengeschichte. „Denn auch kunstgeschichtliche Fragen und Themen haben in der 1948 vom Würzburger Domkapitular Theodor Kramer gegründeten Reihe immer ihren berechtigten Platz gefunden.“ Unstrittig sei, dass der Barockdom „zusammen mit den das Langhaus besonders rhythmisierenden, am Ende des 18. Jahrhunderts entstandenen klassizistischen Seitenaltären eine harmonische und stimmige Form darstellte“. Das vorliegende Buch sei kein Bildband, die darin enthaltenen Abbildungen hätten in erster Linie eine hinweisende und erklärende Funktion, sagte Weiß.

Als Ausgangspunkt seiner Forschungen bezeichnete Hegel den Stuckatorarchitekt Magno aus dem kleinen Ort Bruzella im Schweizer Kanton Tessin. Dieser sei primär in den Quellen genannt, wenngleich auch der Würzburger Domstuck die Gemeinschaftsarbeit verschiedener Handwerker und Künstler war. Magno habe in Würzburg viele weitere große Werke geschaffen. „Das Schlösschen am Rennweg musste schon kurz nach Fertigstellung der Würzburger Residenz weichen, das Juliusspital brannte 1745 aus. Von den Werken auf der Festung Marienberg ist nur ein kläglicher Rest in einem der Gartenpavillons der Festung erhalten geblieben“, erklärte Hegel. So sei lediglich der Domstuck bis zum Zweiten Weltkrieg vollständig erhalten geblieben. Durch die barocken Umgestaltungen „war der Würzburger Dom ein auf den Hochaltar gerichteter Einheitsraum im Sinne des Barock. Der Stuck entfaltete hierbei eine architektonische, raumbildende Wirkung.“

Voraussetzung für die Umgestaltung des ehemals in zwei Kirchenräume geteilten Doms, der aus der Pfarrkirche bis hin zur Vierung sowie der Stiftskirche im Bereich Vierung und Hochchor bestand. Schon 100 Jahre vor der Stuckausstatttung hatte Julius Echter eine Wölbung in Lang- und Querhaus einbringen lassen. „Die Mauern des Doms waren nicht auf eine Wölbung vorbereitet, und so entschied man sich für eine sehr dünne und leichte Wölbung, die zudem mit Zugstangen gegen ein seitliches Ausweichen gesichert wurde. Magno musste bei seiner Ausgestaltung hierauf Rücksicht nehmen.“

Selbst den verheerenden Bombenangriff auf Würzburg am 16. März 1945 überstand die fragile Konstruktion. Erst mit dem Aufsetzen des Notdachs auf den Dom fast ein Jahr nach dem Brand ereignete sich das eigentliche Unglück. „In der Nacht vom 19. auf den 20. Februar 1946 stürzte die nördliche Langhauswand in sich zusammen und riss große Teile des Langhausstucks mit“, sagte Hegel. Wie aus den Unterlagen ersichtlich sei, hatte es zuvor, trotz entsprechender Hinweise, keine statische Prüfung gegeben. „Unmittelbar nach dem Einsturz, das zeigen die Akten, war wohl für den Wiederaufbau auch eine entsprechende Wiederstuckierung vorgesehen. Mit dem Tod Bischof Matthias Ehrenfrieds 1948 drehte jedoch die Stimmung.“ Der junge Bischof Dr. Julius Döpfner erklärte „Wohnungsbau ist Dombau“ und lehnte eine prachtvolle Rebarockisierung des Doms ab. „Die Gestaltung des Barock widersprach modernen Architekturvorstellungen wie der Materialwahrhaftigkeit oder der Forderung nach Monumentalität und Einfachheit“, erklärte Hegel. Auch liturgisch gab es neue Vorstellungen: An die Stelle eines gerichteten Einheitsraums trat das Ideal eines Zentralraums mit einem für alle sichtbaren Volksaltar. „Wir sehen hier also eine Parallele zu den Entwicklungen im Barock. Eine neue liturgische Konzeption verbindet sich mit neuen ästhetischen Vorstellungen. Und der Stuck als Teil des tridentinischen Raumkonzepts stand diesen modernen Vorstellungen im Weg.“

Ein 1956 im Langhaus eingebautes Tonnengewölbe aus Holz wurde schon kurz später wieder entfernt. Döpfner und Dombaumeister Hans Schädel strebten ein an der Romanik orientiertes monumentales Erscheinungsbild an, während das Landesamt für Denkmalpflege sich für eine Rebarockisierung einsetzte. „Einen heftigen Einschnitt bedeutete der 1956 gefasste Beschluss, die gesamte Südwand des Langhauses aus statischen Gründen auszutauschen, wohlgemerkt, nachdem man schon zehn Jahre mit dem Wiederaufbau beschäftigt war.“ Innerhalb von zehn Tagen sei der Stuck in Tag- und Nachtschichten abgeschlagen worden, berichtete Hegel. „Nur ein kleiner Teil wurde auf Platten aufgebracht und befindet sich heute im Dachboden über dem südlichen Seitenschiff des Doms.“ Diesen Bestand sichtete und erfasste Hegel, zum Teil auch als 3-D-Scans. „Der, sagen wir, nicht eben makellose Zustand vieler Stuckteile erlaubte umfangreiche Einblicke in die Arbeitsweise der Stuckateure“, betonte Hegel. Die massiven Figuren der Langhauswände zum Beispiel seien Unikate, bei denen in mehreren Schichten auf ein Eisenskelett modelliert wurde. „Die großen Atlanten des Gewölbes sind im Gegensatz dazu in geradezu genialer Weise hohl modelliert, um das Gewicht auf die sehr dünne Gewölbeschale zu reduzieren.“

Beinahe wäre der gesamte Stuck aus dem Dom entfernt worden, wie es das Domkapitel am 7. Januar 1957 beschloss hatte. Mit der Berufung Döpfners nach Berlin knapp eine Woche später kam der Beschluss zunächst nicht zur Ausführung. „Unter seinem Nachfolger Josef Stangl entschied man sich zu einem Richtungswechsel und letztlich zu dem Kompromiss, der den Dom seit 1967 prägt“, sagte Hegel.

Wolfgang Hegel: „Die Stuckausstattung von Giovanni Pietro Magno im Würzburger Dom (1701-1967)“, (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg 78), 441 Seiten, 39 Euro. Echter-Verlag, Würzburg 2019, ISBN 978-3429053901.

mh (POW)

(2719/0708; E-Mail voraus)

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