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„Ein Glied am mystischen Leib Christi“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann bei der Weihe der Ständigen Diakone am Samstag, 12. Oktober 2013, im Würzburger Kiliansdom

Liebe Weihekandidaten und Ihre Familien,
liebe Mitbrüder,
liebe Schwestern und Brüder im Herrn,

wieder ist es soweit. Vier gestandene Männer werden heute im Sankt Kiliansdom zu Ständigen Diakonen geweiht. Ein langer Vorbereitungsweg mündet in dieser Stunde in den Höhepunkt. Aber das ist nicht das Ende dieses Weges, sondern im Grunde erst der Anfang! Heute beginnt ein weiteres Abenteuer mit Gott, das nicht nur Sie als Einzelpersonen, sondern ebenso Ihre Ehefrauen und Kinder mit einbezieht.

In Ihrem Weihespruch: Ein Geist – viele Gaben / Ein Leib – viele Glieder greifen Sie auf den 1. Korintherbrief zurück, in dem uns Paulus deutlich macht, dass die unterschiedlichen Aufgaben der vielen Glieder erst im Zusammenspiel der Charismen und Kräfte, ihrer eigentlichen Berufung gerecht werden.

Der heilige Paulus hatte in der Gemeinde von Korinth die Anfrage, wie es sich mit den Gaben des Geistes verhalte. Es gab sehr unterschiedliche Gaben, die möglicherweise mit den Ämtern in der Kirche kollidierten. Deshalb stellte Paulus fest, dass es unterschiedliche Gnadengaben gebe, die aber alle aus dem einen Heiligen Geist stammten. Da, wo sich das Leben des Geistes bemerkbar macht, kann es auch für Erstaunen oder gar Unruhe sorgen. Der Geist Gottes lässt sich nicht in kirchliche Strukturen einsperren.

Papst Franziskus macht gerade in diesen Tagen klar, dass sich die Kirche nicht an Privilegien und eingefahrene Strukturen klammern dürfe, sondern ganz offen sein müsse für den Anruf Gottes. Jesus sei in allem Vorbild. Von ihm könne man lernen, arm zu werden und sich den Armen und Bedürftigen – und das nicht nur im materiellen Bereich – zuzuwenden. Diese charismatische Sicht der Kirche steht dabei nicht parallel oder im Gegensatz zum kirchlichen Recht, sondern füllt den ganzen Lebensraum der Kirche aus.

Die Gläubigen sind nicht einfach Befehlsempfänger von oben, die nur zu handeln hätten, wenn sie ‚von oben’ dazu aufgefordert würden. Diejenigen, die das Amt in der Kirche innehaben, dürfen nicht das Bewusstsein haben, dass sie gnädig herablassend Anregungen ‚von unten’ entgegenzunehmen hätten. „Wenn alle“, las ich in einem Kommentar, „wenn jeder über seine eigene charismatische Kargheit und Dürftigkeit vor Gott ein erschrockenes Gewissen hat, wenn jeder bereit ist, die Gabe des anderen zu achten, auch wenn sie nicht seine ist, wenn der Gehorsam den Mut der Selbstverantwortung nicht austreibt…dann wäre vielleicht der Raum da, der auch schon wieder Gottes Gnade ist, für die Lebendigkeit des Geistes, der nochmals Gnade Gottes allein ist.“

Diese Gedanken, die ja auch im Leitspruch unserer Diakonanden mitschwingen, legen uns nahe, über unsere heutige Situation in der Kirche nachzudenken. Bei allem Bemühen, die Kirche und ihre Strukturen zu erneuern, schwingt auch bei manchen die Angst mit, dass diese angestoßene Entwicklung in eine nicht abzusehende, unsichere Zukunft führt.

Paulus ist da ganz pfingstlich. Er spricht von der Verschiedenheit der Charismen, aber von nur einem Geist, dem sie entspringen. Er spricht von der Verschiedenheit der Dienste, aber nur von ein und demselben Herrn von dem und auf den hin sie zugeordnet sind. Die Quintessenz des heiligen Paulus lautet: „In jedem Christen ist Gottes Geist da, jeder bringt ihn auf seine Weise zum Leuchten. Es gibt keine Ausnahme. In jedem Getauften sind Geist-Potenzen, die geweckt, entfaltet, von der Kirche angenommen werden müssen.“

Wir dürfen als Kirche auf diese möglichen Geistesgaben nicht verzichten. Eine bittere Verarmung der Gemeinden wäre die Folge. Es ist ein und derselbe Herr, dem wir in den unterschiedlichen Ämtern und Diensten, als Priester, Diakon oder Laie dienen. Alle Fähigkeiten sollen demgemäß geweckt und gefördert werden. Der Beitrag eines Einzelnen oder kleiner Gruppen ist nicht nur zu tolerieren, sondern dankbar zu fördern. Ich denke, dass manches in unseren Gemeinden brach liegt, wo die einzelnen Charismen nicht zum Zuge kommen, es da aber lebendig und freudig zugeht, wo die Geistesgaben erkannt und bejaht werden.

Auf keinen Fall dürfen wir Angst vor einer pfingstlichen Kirche haben. Sicherlich wird von uns allen mehr Glauben und damit eine größere Praxis aus dem Evangelium heraus gefordert. Aber all das können wir nicht einfach planen, programmieren oder gar manipulieren. Wir müssen dem Heiligen Geist Raum in unserer Kirche lassen und Mitdenken, Mitverantwortung und Mithandeln wollen und zulassen.

Sie, liebe Diakonanden, haben sich über Jahre gemüht, ihre Berufung und Ihren Platz in der Kirche zu finden. Der Ständige Diakonat ist eine Frucht des Zweiten Vatikanischen Konzils, die gerade in unserem Bistum aufgeblüht ist. Sie sind ein Glied am mystischen Leib Christi, das seinen Platz zum Segen für die ganze Kirche ausfüllen kann. Sie können manchmal  weit mehr in die Gesellschaft hinein wirken, als wir Priester es können. In Ihren Familien verwurzelt, können sie unmittelbar Hauskirche leben. In Ihrem Berufsumfeld kommen Sie mit Menschen aller Gesellschaftsschichten und Glaubensrichtungen zusammen und können so selbstverständlich das Zeugnis eines christlichen Lebens geben. In den Gemeinden können Sie segensreich bei der Ausspendung der Sakramente mithelfen und so zur Verlebendigung der Gemeinden wesentliches beitragen.

Wenn wir von der Kirche als dem Leib Christi sprechen, dann beziehen wir uns auf ihre sichtbare Seite in dieser Welt. Die Kirche hat als Grundauftrag Jesu, seine uns verkündete und vorgelebte Liebe durch die Zeiten – in unserem eigenen kleinen Leben – weiter zu geben, jeder nach seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten – eben nach den uns verliehenen Gnadengaben. Danken wir für die Bereitschaft dieser vier Diakonanden und ihrer Familien, diesen Weg mitzugehen. Danken wir Gott, dass er jeden von uns auf unterschiedliche Weise durch den Heiligen Geist befähigt, glaubwürdige Zeugen seiner Liebe zu werden. Amen.