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Ein „Glücksfall“ für die Heimatpflege

Festschrift für Professor Dr. Klaus Reder zum 65. Geburtstag – Festakt im jüdischen Gemeinde- und Kulturzentrum Shalom Europa

Würzburg (POW) Als „Glücksfall“ haben Kollegen und Weggefährten Professor Dr. Klaus Reder, Leitender Kulturdirektor beim Bezirk Unterfranken, bei einem Festakt am Freitag, 3. November, im jüdischen Gemeinde- und Kulturzentrum Shalom Europa in Würzburg gewürdigt. Anlass war dessen 65. Geburtstag am 25. Oktober. Professor em. Dr. Wolfgang Weiß, Vorsitzender des Würzburger Diözesangeschichtsvereins, und sein Stellvertreter Professor Dr. Enno Bünz, Professor für Sächsische und Vergleichende Landesgeschichte an der Universität Leipzig, überreichten Reder die von ihnen eigens zu diesem Anlass herausgegebene Festschrift „Region – Kultur – Religion“.

Weiß eröffnete die Feier mit dem Gruß „Shalom aleichem“. Angesichts des Überfalls der Hamas auf Israel am 7. Oktober dringe „das Sehnsuchtswort Shalom“ noch tiefer in die Herzen ein. „Das Leben darf sich nicht von den Taten des Wahnsinns unterkriegen lassen, denn so würde letzterer einen weiteren Sieg davontragen“, betonte er. An der Feier nahmen rund 120 geladene Gästen teil, unter anderem aus dem Umfeld der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Würzburg, des Bezirks Unterfranken und des Würzburger Diözesangeschichtsvereins, der Archiv-, Geschichts-, Kultur- und Heimatpflege, Mitglieder von Sant‘Egidio sowie Reders Ehefrau Ruth Krimmer-Reder und weitere Familienangehörige.

Vier Grußworte, eine Laudatio und 31 Aufsätze – darunter neun Beiträge von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bezirks Unterfranken – auf 536 Druckseiten umfasst die Festschrift nach den Worten von Bünz. Die Beiträge gliedern sich in die Themenfelder „Franken und das Reich im Mittelalter“, „Glaubensleben und Brauchtum“, „Bildende Kunst und Musik“ und „Überlieferung und Erinnerungskultur“ sowie den Themenblock „Museen, Popmusik und Opferkrippen“ mit Aufsätzen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bezirks Unterfranken – „eine Festschrift in der Festschrift, die Klaus Reder besonders freuen wird“, sagte Bünz. „Wir ehren mit dieser Festgabe nicht nur den Volkskundler, den Kulturdirektor, sondern den Weggefährten und Freund. Möge Dir dieses Freundschaftsbuch viel Freude bereiten.“

„Mit unverminderter Tatkraft arbeitet Klaus Reder seit seiner Studienzeit für das Gute, Wahre, Schöne, für ein lebenswertes Unterfranken und für eine gerechte Welt“, attestierte Professor Dr. Günter Dippold, Bezirksheimatpfleger im Bezirk Oberfranken und Honorarprofessor für Volkskunde und Europäische Ethnologie an der Universität Bamberg. Aufgewachsen in der Region Rhön-Grabfeld, studierte Reder in Würzburg Volkskunde, Fränkische Kirchengeschichte, Archäologie, Vor- und Frühgeschichte. Im Jahr 1986 wurde er wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Bezirksheimatpfleger Dr. Reinhard Worschech und trat 1999 dessen Nachfolge an. Der Universität Würzburg sei er seit fast einem Vierteljahrhundert als Lehrbeauftragter und seit 2007 als Honorarprofessor verbunden. Lang war die Liste der von Reder verwirklichten Projekte: Er initiierte unter anderem das „Symposium Heimatforschung“ im Schüttbau in Rügheim und ließ für kleine Museen kostenlose Wanderausstellungen konzeptionieren. Bei der Neukonzeption der Museen Schloss Aschach bei Bad Bocklet habe er gezeigt, dass er "bereit war und ist, alte Zöpfe abzuschneiden. Bestände, die Platz raubten und wenig bewahrenswert schienen, unterzog er einer Deakzessionierung (Bereinigung), mit Bedacht und Augenmaß, aber nicht zaghaft.“ Zu seinen bleibenden Aufbauleistungen zähle zudem das Johanna-Stahl-Zentrum im Gemeindezentrum Shalom Europa, das die jüdische Geschichte der Region erforsche und vermittle.

Als Vorsitzender der Gemeinschaft Sant’Egidio in Deutschland, zeitweilig auch im Zentralkomitee der Katholiken in Deutschland, habe er ausdauernden Einsatz gezeigt, bei der weihnachtlichen Armenspeisung in Würzburg wie bei den Weltfriedenstreffen in München, Münster und Berlin. Als Christ und Heimatpfleger sorge sich Reder um würdiges Erinnern und um den christlich-jüdischen Dialog. Davon zeuge das von ihm mitinitiierte Gedenken an die Deportation der Juden aus Würzburg jeweils am Jahrestag der ersten Verschleppung am 27. November 1941. Zu Jahresbeginn sei Reder mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland gewürdigt worden.

Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, hob den Einsatz Reders für die jüdische Erinnerungskultur in Unterfranken hervor. Sein Vater, David Schuster, habe sich gewünscht, dass an Orten ehemaligen jüdischen Lebens in Unterfranken sichtbare Zeichen ihrer Geschichte angebracht würden. „Klaus Reder kam damals mehrfach zu meinen Eltern nach Hause und dann beratschlagten sie, welche Inschriften auf die einheitlichen Tafeln aufgebracht werden sollten.“ Reder habe sich als einer der ersten für das Projekt „DenkOrt Deportationen“ am Würzburger Hauptbahnhof eingesetzt. „Ich habe größtes Vertrauen, dass er alle seine Kontakte und Einflussmöglichkeiten nutzt, um das Gedenken an die Vergangenheit überall in Unterfranken für die Gegenwart zurückzuholen.“ Im Angesicht des Überfalls der Hamas auf Israel sei es nach den Worten Schusters eine Pflicht, an die Gräuel des Nazi-Terrors zu erinnern: „Wir müssen der Hasspropaganda der Hamas alles Menschenmögliche entgegensetzen. Gegen geistiges Gift hilft nur Bildung.“ Als Präsident der Gemeinschaft Sant‘Egidio habe es sich Reder zur Aufgabe gemacht, jährlich am 27. November der Opfer der ersten Deportation aus Unterfranken zu gedenken. „An eine einzelne Deportation aus Unterfranken gedenkt außer Sant’Egidio niemand – das finde ich wirklich bemerkenswert.“

Bischof Dr. Franz Jung nannte Reder einen „Glücksfall“ für das Amt des Bezirksheimatpflegers. „Für Ihre weitgespannten Interessen und Ihr unermüdliches Schaffen, auch und gerade als Christ, danke ich Ihnen von ganzem Herzen.“ Für Reder sei Heimat Auftrag und nicht Besitz. „Er zeigt auf, was Heimat sein kann, und vor allem, wer in ihr Platz hat.“ Das zeige sich im Einsatz von Sant’Egidio für Menschen am Rande der Gesellschaft: „Wahre Heimat zeigt sich an ihrer Kraft, anderen die Möglichkeit zu geben, sich zu beheimaten.“ Bischof Jung erinnerte an das Motto „Den Frieden wagen“ des Internationalen Friedenstreffens von Sant’Egidio im September in Berlin. „Mit diesem Motto haben Sie uns, lieber Professor Reder, den Auftrag gegeben, nicht nachzulassen in der Versöhnungsarbeit und mitzubauen an einer neuen Welt, in der alle Platz haben und keiner dem anderen sein Lebensrecht streitig macht.“

„Klaus Reder widmet sich seit 1986 mit Leidenschaft und Hingabe der Erforschung und der Wissensvermittlung unserer unterfränkischen Heimat“, erklärte Bezirkstagsvizepräsident Thomas Schiebel. Auf Reders Initiative hin seien gemeinsam mit verschiedenen Instituten der Universität Würzburg historische Datenbanken und das Unterfränkische Dialektinstitut ins Leben gerufen sowie die unterfränkischen Physikats-Berichte aus dem 19. Jahrhundert veröffentlicht worden.

Professor Dr. Thomas Baier, Dekan der Philosophischen Fakultät der Universität Würzburg, blickte auf die lange Verbundenheit Reders mit der Julius-Maximilians-Universität. Schon als Student habe Reder mit der Inventarisierung der jüdischen Denkmäler in Unterfranken einen Akzent gesetzt, der zu seinem Lebensthema werden sollte, „und das zu einer Zeit, in der das Gedenken an und das Interesse für jüdisches Leben in unser aller Heimat erst zu erwachen begann“. Die Verbindung von regionaler Kultur mit dem Blick auf das Ganze, von praktischer Kulturarbeit mit deren theoretischer Fundierung, von realitätsnahen Geschichts- und Gegenwartsbildern mit historischem Durchblick mache Reders Lehre für heutige Studentinnen und Studenten attraktiv.

„So vieles, ja alles ist mir geschenkt worden, und deshalb will ich ein Vielfaches davon zurückgeben“, dankte Reder den Anwesenden. Einer seiner Leitsätze sei, zu suchen, was eine, und wegzulassen, was trenne. „Ich weiß nicht, ob ich dem immer gerecht wurde, aber es war immer mein Ziel, und auch künftig will ich meine Kraft dafür verwenden.“ Einem „Geburtstagskind“ sei es erlaubt, Wünsche zu äußern. Auf Reders Wunschliste standen etwa die Einbindung der noch fehlenden Gemeinden in das Projekt „GedenkOrt“ oder die Erinnerung an die Sinti und Roma, die Opfer des NS-Regimes wurden. „All dies sind Wünsche, die mit etwas gutem Willen zeitnah zum Wohle unserer fränkischen Heimat erfüllbar sind.“ Er werde in seinen verbleibenden Dienstjahren seine ganze Schaffenskraft in deren Realisierung stellen.

Enno Bünz, Wolfgang Weiß (Hrsg.): „Region – Kultur – Religion (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg, Band 82)“. Echter Verlag, Würzburg 2023. 536 Seiten. 59 Euro (49 Euro für Mitglieder des Würzburger Diözesangeschichtsvereins). ISBN 978-3-429-05928-6.

sti (POW)

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