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Reportage

Ein Lichtlein brennt

Familienbetrieb Schenk nutzt zur Kerzenherstellung altbewährte Technik

Würzburg (POW) Das Ziehen an dem Glockenstab, außen an der hölzernen Flügeltür, lässt eine tiefe Glocke ertönen. Die schnörkelige Schrift auf dem Schild direkt daneben verrät, wo man ist: „Schenk – Wachswaren Fabrik – Rosengasse 14“. Martin Schenk hat die Fabrik 2013 gemeinsam mit seiner Schwester von seinem Vater übernommen. Seit insgesamt 35 Jahren ist er dort tätig. „Früher wollte ich wie jeder kleine Junge Lokführer werden, doch es war schnell klar, dass ich mit ins Geschäft gehe“, erzählt Schenk. Bereits seit 1750 gibt es den Familienbetrieb.

Hinter der Flügeltür geht es in einen als Warenlager genutzten Hinterhof. Auf der rechten Seite findet sich ein kleiner, weihnachtlich geschmückter Laden. Kerzen in allen Größen und Farben sind hier zu finden. Vor allem Weihnachtskerzen sind aufgereiht. Sie sind mit goldenen Engeln, roten Weihnachtsmännern, grünen Zweigen und Glitzer verziert. Es gibt auch Adventskalenderkerzen, die mit Zahlen von 1 bis 24 versehen sind und jeden Tag im Advent ein Stück herunterbrennen sollen. „Eine Spezialität von uns sind die Krippenstumpen“, erklärt Schenk. Das sind kleine, faustdicke Kerzen, in deren Aushöhlung die Krippenfiguren aus Wachs gebildet sind. Die zentimetergroßen Figuren sind fein und detailreich gestaltet und die Herstellung ist mit großem Aufwand verbunden. All diese Kerzen stellt die Familie Schenk selbst in ihrer Fabrik her.

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Diese ist auf der linken Seite des Innenhofs zu finden. In den Hallen riecht es nach Wachs. Auf einer Maschine mit je zwei sich langsam drehenden, zirka 2,50 Meter großen Walzen ist der 89 Meter lange, gelbe Kerzenstrang aufgewickelt. „Das ist der Vorgang des Wachsziehens“, erklärt Schenk. Er selbst sei gelernter Wachsziehmeister. Mittlerweile gäbe es diesen Beruf nicht mehr. Heute heißt es Kerzenhersteller. Das liegt daran, dass sich die Produktion verändert hat: „Das Wachsziehen ist ein altes, langwieriges Verfahren, das kaum noch genutzt wird. Wir verwenden es, weil die Qualität viel besser ist“, erläutert Schenk. Vier Stunden lang ist die Maschine schon am Laufen und eine weitere Stunde dauert es noch, bis der Kerzenstrang in die verschiedenen Größen geschnitten werden kann.

Bei dem Verfahren wird zunächst der 89 Meter lange Docht um die zwei Walzen gewickelt und zusammengeknotet. Den Knoten und den Docht darum herum markiert Schenk großzügig mit blauer Farbe. Die Kerze mit dem blauen Docht wird am Ende aussortiert, denn der darin versteckte Knoten aus Docht könnte durch die Materialdichte zu einer Stichflamme führen. „Ich könnte keine Nacht ruhig schlafen, wenn wegen mir ein Hausbrand ausgelöst wird“, betont er. Zwischen den Walzen steht eine Wanne mit warmem, flüssigem Wachs auf dem Boden. „Unsere Kerzen werden durchgefärbt und haben alle einen Bienenwachsanteil, das ist eine Besonderheit“, erläutert Schenk. Die Walzen ziehen den Docht immer wieder durch das Wachs, sodass der Kerzenstrang entsteht. Hat der die gewünschte Dicke, wird er in einzelne Kerzen geschnitten. Dafür wird er mit einem Förderband unter eine Schneidemaschine transportiert. „Die Maschinen werden nur für die Standardaufträge verwendet“, sagt Schenk. Kerzen mit einem größeren Durchmesser als 80 Millimeter werden per Hand gezogen, und Kerzen, die größer als 80 Zentimeter sind, werden per Hand geschnitten. „Die größten Kerzen, die wir angefertigt haben, waren für die Wallfahrtskirche ‚Zu Unserer Lieben Frau vom Kreuzberg‘ in Schwandorf. Die waren zweieinhalb Meter hoch und hatten einen Durchmesser von 16 Zentimeter“, erzählt Schenk. Nach dem Schneiden werden die geschnittenen Kerzen zum Auskühlen auf Marmorplatten gelegt. Sind die Kerzen ausgekühlt, wird der kegelförmige Kopf gefräst, die Kerze gefärbt und verziert. „Eine Altarkerze wird beispielsweise elfmal in die Hand genommen“, erklärt Schenk. Ein wichtiger Teil der Produktion ist das Probebrennen. „Die Kerzen sollen gleichmäßig abbrennen, damit eine schöne Brennschale entsteht. So muss nicht die Hälfte weggeschnitten werden und die Kerzen halten länger“, erläutert er.

Schenk macht das alles nicht alleine. Insgesamt helfen sieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Kerzenherstellung mit, darunter eine Tante und eine Cousine. Die Verzierung der Kerzen übernehmen Schenks Mutter Theresia Schenk und Schwester Michaela Kraft. Beide sind ausgebildete Wachsbildnerinnen. Zurzeit arbeiten sie mit großer Konzentration an Osterkerzen. „Weihnachtsstimmung kommt während der Arbeit nicht auf, denn die Weihnachtskerzen werden schon im September angefertigt“, erzählt Michaela Kraft. Generell sei Schenk die familiäre Atmosphäre in der Firma eine Herzensangelegenheit. „Wir sind auch Ausbildungsbetrieb, aber wir brauchen jemanden, der zu uns passt“, ergänzt er.

70 Prozent des Umsatzes macht Schenk mit Kirchenkunden. „Durch den Priestermangel und den fehlenden Ordensnachwuchs ist unser Umsatz gesunken“, berichtet Schenk. Auch merke er, unter anderem weil immer mehr Pfarreiengemeinschaften gebildet werden, dass immer weniger Gottesdienste stattfänden. Der Markt habe sich generell stark gewandelt. „Die Kerze freut sich immer noch an großer Beliebtheit, aber die Nachfrage an günstigen Produkten ist gestiegen. Qualität spielt eine geringere Rolle als früher“, erklärt er. Nichtsdestotrotz steigt an Weihnachten die Nachfrage an. „Ist doch logisch, in der kalten Jahreszeit stellt sich jeder gerne Kerzen auf“, meint Schenk. Er selbst habe auch am Christbaum echte Kerzen, nicht nur Lichterketten. Der Trick dabei sei, einen frischen Baum zu kaufen, denn der nadele weniger und die Gefahr von einem Brand sinke. Normalerweise hat auch das Ostergeschäft einen großen Anteil am jährlichen Umsatz. Wegen Corona war das in diesem Jahr schlecht. „Die Gottesdienste haben alle ohne Gläubige stattgefunden, deshalb wurden weniger Kerzen gebraucht und auch die Altarkerzen brannten meist kürzer“, erklärt Schenk. Auch habe er einige Gastronomiekunden, die zu dieser Zeit keine Kerzen benötigten. Seitdem befindet sich die Homepage der Kerzenmanufaktur Schenk im Aufbau: „Während des Lockdowns im Frühjahr merkten wir, dass wir einen echten Nachteil haben, da wir keine Website haben. Der Aufbau der Website ist zwar sehr aufwendig, aber die Resonanz ist jetzt schon da“, berichtet Schenk.

Generell sei er froh, junge Mitarbeiterinnen im Team zu haben, die ihn auf die aktuellen Trends hinweisen. Seit vergangenem Advent ziehe er deswegen auch graue Kerzen. Diese würden am dritthäufigsten gekauft.

Magdalena Rössert (POW)

(5020/1273; E-Mail voraus)

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