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Ein "Schmuckstück" ist zurückgekehrt

Heiliges Grab von Kleineibstadt kehrt nach vielen Jahrzehnten in die Kirche Sankt Bartholomäus zurück – 1764 von Johann Peter Herrlein geschaffen – Vortrag am Ostermontag betrachtet liturgische und kulturhistorische Bedeutung

Kleineibstadt (POW) Ein gewaltiger Raum mit Säulen aus rötlichem Marmor, darin wirbelnde Wolken und geflügelte Engelchen. In der Mitte – im Durchblick zum Tabernakel – ist ein Stück des verhüllten Kreuzes sichtbar: Es ist, als könne man in der Kirche Sankt Bartholomäus in Kleineibstadt (Landkreis Rhön-Grabfeld) einen Blick in den Himmel erhaschen. Auch 260 Jahre nach seiner Entstehung hat das Heilige Grab nichts von seiner Faszination verloren. Wohl bis Anfang der 1960er Jahre wurde es in der kleinen Kuratiekirche aufgebaut. Nach Stationen im Grabfeldmuseum in Bad Königshofen und im Museum Kartause Astheim ist es nach vielen Jahrzehnten wieder an seinem Ursprung zu sehen. „Es ist eine schöne Fügung, dass es nun ins Grabfeld zurückgekehrt ist, vor allem für unsere Senioren“, sagt Siegfried Reder, stellvertretender Vorstand der Kirchenverwaltung. Einige von ihnen würden das Heilige Grab noch aus ihrer Jugend kennen. Am Ostermontag, 1. April, um 15 Uhr wird in der Kirche ein Vortrag über seine liturgische und kulturhistorische Bedeutung angeboten.

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Rund sechs Meter hoch und fünf Meter breit ist das Heilige Grab. Es verdeckt den kompletten Altarraum. Acht hintereinander gestaffelte Kulissen erzeugen einen perspektivischen Sog hin zum Hochaltar. Links und rechts flankieren zwei Wächter in Rüstungen mit Lanzen die Szenerie. Ganz oben hält ein geflügelter Engel ein Schweißtuch mit dem Antlitz Jesu in den Händen. „Jede Kulisse hat eine Bedeutung für den jeweiligen Kartag“, erklärt Reder. Auf der vorletzten halten zwei Engel ein leuchtend blaues Spruchband. Darauf ist der Psalmvers „Factus est in pace locus eius – Im Frieden ist sein Ort geworden“ zu lesen. An den Rückseiten der einzelnen Kulissen sind Halterungen für Lichter angebracht. Früher sei das Heilige Grab auch mit Hortensiensträußchen geschmückt worden, erzählt Reder. „Wir versuchen, das nach dem historischen Vorbild zu gestalten.“ Die Farben leuchten, als wären sie frisch aufgetragen.

Geschaffen wurde das Heilige Grab im Jahr 1764 vom Maler Johann Peter Herrlein (1722-1799) aus Kleineibstadt und dem Schreiner Michael Markgraf aus Saal – passgenau für die kleine Dorfkirche. In den Wänden links und rechts vom Altarraum sind noch die Metallösen zu sehen, in die es einst eingehängt wurde. Die hinterste Kulisse weist eine halbrunde Aussparung auf – an dieser Stelle sei sie auf dem Hochaltar aufgelegen, erklärt Helmut Mauer, Mitglied der Kirchenverwaltung. Bei der künstlerischen Ausgestaltung orientierte sich Herrlein an der Inneneinrichtung der Kirche. Die gemalten Säulen haben den gleichen Rotton wie ihre Vorbilder. Jede Kante, jede goldfarbene Verzierung ist detailgetreu wiedergegeben. „Wenn es gerade stehen würde, wäre es optisch wie eine Verlängerung der Seitenaltäre“, sagt Reder. Es sei „beeindruckend, was die Künstler damals konnten“, findet Mauer. Die Gemeinde ehrte den Maler, der nur wenige Häuser weiter wohnte, indem sie eine Straße nach ihm benannte. Die Adresse „Herrleinstraße 1“ gehört zur Kirche Sankt Bartholomäus.

Eigentlich ist es ein kleines Wunder, dass das Heilige Grab noch existiert. Keine 20 Jahre nach seiner Entstehung, im März 1782, habe Kaiser Joseph II. bestimmt, dass „aller übermäßige, dem Geist der Kirche nicht angemessene Aufputz, Prunk und Beleuchtung in den Kirchen sowohl als den Kapellen abgeschafft werden“ müsse, erklärt Kreisheimat- und Archivpfleger Reinhold Albert. Während der Säkularisation sei es den Kirchen von staatlicher Seite verboten worden, Heilige Gräber aufzustellen. In Kleineibstadt aber habe der Ortsausschuss bereits 1822 darum gebeten, das Heilige Grab wieder aufrichten zu dürfen. Noch 1959 schrieb das Volksblatt: „Wenn heuer wieder, nach mehrjähriger Unterbrechung, das Hl. Grab am Karfreitag aufgestellt wird, freut sich die ganze Gemeinde. Denn für Kleineibstadt sind Karfreitag und Hl. Grab unzertrennbar.“

In den 1960er Jahren habe das Interesse nachgelassen, sagt Reder. „Heilige Gräber galten als liturgisch überholt.“ Da es in der Gemeinde kein für die Aufbewahrung geeignetes Gebäude gab, wurde es 1985 als Dauerleihgabe an das Grabfeldmuseum in Bad Königshofen gegeben. Als „Schmuckstück in der sakralen Abteilung“ bezeichnete es die Rhön- und Saalepost. Nach der Auflösung des Museums im Jahr 1990 kam das Heilige Grab auf Initiative des damaligen Kunstreferenten Dr. Jürgen Lenssen, der in Kleinbardorf aufwuchs, als Leihgabe in die Kunstsammlung der Diözese. In diese Zeit fiel auch eine behutsame farbliche Auffrischung und Ergänzung. Danach stand es im Museum Kartause Astheim bei Tückelhausen. Dafür musste es jedoch angepasst werden, bekam eine Bodenplatte und eine neue Stützkonstruktion. Diese Umbauten sind der Grund, warum es nun rund einen Meter weiter Richtung Gemeinde gerückt wurde und am Tabernakel etwa 15 Zentimeter höher steht, erklärt Mauer. Das verhüllte Kreuz wirkt leicht verrutscht. Für die Ausstellung in Astheim wurde eigens eine Holzplatte mit dem goldfarbenen Relief einer Monstranz gefertigt. „Sie wurde an der Rückseite eingehängt.“ Auch in diesem Jahr werde sie an Ostern, wenn das Kreuz nicht mehr verhüllt ist, das Heilige Grab vervollständigen.

Nach Kleineibstadt zurückgekehrt ist auch der hölzerne „Grabchristus“. Er liegt auf einem lila Tuch, hinter ihm blicken vier arme Sünder gen Himmel. Die Figur war laut Reder mit dem Heiligen Grab nach Bad Königshofen gegangen, sei aber später für das Kartäusermuseum aufgrund ihres schlechten Zustands gegen eine andere Figur getauscht worden. Das Original lag währenddessen im Depot der diözesanen Kunstsammlungen. „Er ist wieder da, wo er hingehört“, sagt Mauer.

Das Heilige Grab werde wohl noch rund drei Wochen in der Kirche Sankt Bartholomäus zu sehen sein, sagt Reder. „Wir machen das auch von der Nachfrage abhängig.“ Die sei momentan stark. Im Anschluss geht es an das Zentraldepot der Kulturagentur Rhön-Grabfeld in Mellrichstadt – als Dauerleihgabe. Es handele sich um ein einmaliges Kulturgut, wird Kulturmanagerin Astrid Hedrich-Scherpf, Gesamtleitung Kulturagentur, in einem Bericht der Main-Post über eine Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, Verkehr, Kultur und Tourismus des Kreistags im März zitiert. „Wir wollen natürlich, dass es in der Region bleibt“, sagt Reder. Man könne sich vorstellen, dass es gelegentlich auch an andere kulturelle Einrichtungen ausgeliehen werde, beispielsweise das Freilandmuseum Fladungen. „Aber wir behalten uns vor, es alle paar Jahre wieder in Kleineibstadt zu präsentieren.“

Vortrag am Ostermontag: „Das Heilige Grab von Johann Peter Herrlein“                             

Mehr zum Heiligen Grab von Kleineibstadt erfährt man im Vortrag „Das Heilige Grab von Johann Peter Herrlein – seine liturgische und kulturhistorische Bedeutung“ am Ostermontag, 1. April, um 15 Uhr in der Kirche Sankt Bartholomäus in Kleineibstadt. Referenten sind Bezirksheimatpfleger Professor Dr. Klaus Reder, Kreiskulturreferent Hanns Friedrich sowie Kreisheimat- und Archivpfleger Reinhold Albert. Der Eintritt ist frei. Veranstalter sind die katholische Kuratie Sankt Bartholomäus Kleineibstadt und die Kulturagentur Rhön-Grabfeld. Nach dem Vortrag lädt die Kirchenverwaltung Kleineibstadt zu einem Empfang mit Kaffee und Kuchen im Marienheim ein.

sti (POW)

(1324/0353; E-Mail voraus)

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