Hopferstadt (POW) Während andere ans Meer fahren oder sich in die Stille eines Klosters zurückziehen, hat sich Sophie Kroll aus Bad Kissingen eine Auszeit der ganz anderen Art genommen: Auf der Suche nach einer beruflichen Neuorientierung ging die gelernte Landwirtin auf die Alpe Bärgunt im österreichischen Kleinwalsertal. 2020 und 2021 verbrachte sie dort als Hirtin den Sommer mit einer großen Herde von Jungtieren. Bei einem Vortrag der Katholischen Landvolkbewegung (KLB) in Hopferstadt berichtete sie von ihrer ungewöhnlichen Arbeit in den Alpen.
Schon bei Betreten des Saals war klar: Das wird ein besonderer Vortrag. Neben ihrem Laptop hatte die junge Frau zwei Kuhglocken platziert, die große mit einem bunt verzierten Band. Und die rund 30 Zuhörerinnen und Zuhörer wurden nicht enttäuscht. Die 29-Jährige zeigte viele Bilder und wartete mit nicht alltäglichen Erlebnissen auf. „Als gelernte Landwirtin hat mich der Einblick in eine andere Art der Landwirtschaft interessiert. In der Zeit konnte ich fachliche Erfahrungen sammeln, aber ich wurde auch auf der menschlichen Ebene überrascht“, sagte Kroll.
Die junge Frau stammt aus einem Milchviehbetrieb bei Bad Kissingen und war so den Umgang mit Kühen gewohnt. 250 bis 270 Stück Jungvieh auf einer Weidefläche von 230 Hektar bis in eine Höhe von 1800 Metern zu betreuen, sei allerdings eine ganz andere Herausforderung. Da galt es für sie natürlich in erster Linie, sich um die Tiere zu kümmern. Hat sich ein Tier verletzt, kalbt vielleicht bald eine Jungkuh und vor allem: Sind alle Tiere da? In dem unwegsamen und teils steilen Gelände sei das keine leichte Aufgabe, die es zudem nicht nur bei Sonnenschein, sondern auch bei Regen und Kälte zu erledigen galt. Eine weitere wichtige Tätigkeit war die Kontrolle und Ausbesserung der schier endlos langen Zäune rund um die Alpe. Am Ende des Tages seien es im Regelfall 25.000 bis 30.000 Schritte, die sie bergauf, bergab absolviert habe.
Dass eine solch anspruchsvolle Aufgabe nicht allein bewältigbar ist, versteht sich von selbst. Angeleitet wurde Kroll von einem Großhirten, der bereits seit Jahrzehnten die Alpe betreut. Sie selbst war eine sogenannte Kleinhirtin und nicht die einzige auf der Alp. Gerade beim Umtreiben der Herde seien viele Helfer gefragt, da kämen dann auch mal Kinder aus dem Dorf, um alle 250 Tiere von einer Weidefläche auf die andere zu treiben.
30 bis 40 Personen seien es gewesen, die beim Auftrieb auf die Alpe Anfang Juni dafür sorgten, dass alle Tiere den anstrengenden Weg vom Tal auf den Berg schafften. Und dann habe es zählen gegolten, damit kein Tier verloren geht. „Nach einer Woche kennt man alle Tiere“, berichtete die Referentin, die heute im Landwirtschaftsamt Schweinfurt arbeitet.
Besonders genossen habe Kroll die fünf Wochen auf der Hochalp auf rund 1800 Metern. Dort, fernab von der komfortablen Hütte auf 1400 Metern Höhe und in einer Region, wo Gämsen und Murmeltiere leben, sei es für sie „Erholung pur“ gewesen. Die Versorgung sei dabei teilweise per Helikopter erfolgt. Auch als sich eine Kuh durch einen Steinschlag verletzte, sei der Hubschrauber im Einsatz gewesen und habe das Tier wohlbehalten ins Tal gebracht.
Neben Steinschlag stellten Gewitter eine große Gefahr für Mensch und Tier dar. Diese könnten in den Bergen sehr schnell heranziehen und heftig ausfallen. Dann gelte es, sichere Plätze für die Tiere zu finden. Am besten treibe man sie in einen Kessel, wo die Gefahr durch Blitzschlag am geringsten sei. erklärte Kroll.
Mit dem Ende des Sommers nahe dann der festliche Höhepunkt: der Almabtrieb. Die Tiere würden für den Viehscheid herausgeputzt, besonders die Kranztiere, die vornweg laufen. Bevor es ins Tal gehe, werde die Zeremonie geprobt, da die Tiere es nicht gewohnt seien, in Reihe zu laufen. Dann gehe es mit hundertfachem Glocken- und Schellenklang ins Tal, wo Hirten und Herde von ihren rund 60 Besitzern und zahllosen Schaulustigen erwartet werden.
Kroll hat trotz mancher Strapazen die Zeit auf der Alpe genossen. „Ich hatte eine gute Zeit und konnte so manches für mich klären“, berichtete sie. Für ihren unterhaltsamen und informativen Vortrag erhielt sie viel Applaus und vom KLB-Diözesanvorsitzenden Stefan Oppmann einen Geschenkkorb. Statt eines Eintritts wurde um Spenden für den Senegal gebeten.
ws (KLB)
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