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„Ein unauslotbares Geheimnis“

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann am Pfingstsonntag, 27. Mai, im Neumünster

Liebe Schwestern und Brüder,

wer oder was ist eigentlich der Heilige Geist? Wenn wir mit einem Mikrophon durch unsere deutschen Städte gehen würden und die Passanten nach dem Heiligen Geist befragten, bekämen wir sicherlich erstaunte Fragen zur Antwort: „Heiliger Geist? Gibt es den überhaupt?“

Mich tröstet, dass diese Unwissenheit offensichtlich nicht nur ein Problem unserer Zeit ist. Schon der heilige Paulus machte diese Erfahrung. Als er auf dem Wege nach Ephesus war, traf er einige Jünger und fragte sie: „Habt ihr den Heiligen Geist empfangen, als ihr gläubig wurdet? Sie antworteten ihm: Wir haben nicht einmal gehört, dass es einen Heiligen Geist gibt.“ (Apg 19,2)

Dabei ist die Heilige Schrift voll von Bezügen zum Heiligen Geist und von direkten Hinweisen auf sein Wirken. Ich habe einmal nachgezählt: 327 Mal ist vom Geist und vom Geist des Herrn die Rede, 16 Mal vom Geist Gottes und 86 Mal vom Heiligen Geist.

Ist der Heilige Geist das ‚unbekannte Wesen’?

Bei jedem Kreuzzeichen bekennen wir ihn, indem wir sagen: „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.“

Der Heilige Geist – so haben wir gelernt – ist mit dem Vater und dem Sohn ein Gott! Wie können wir uns das begreiflich machen?

Christus, den Sohn Gottes, können wir uns vorstellen. Nachdem auf dem Konzil von Ephesus im Jahre 431 die Darstellbarkeit Jesu auf Grund seiner Menschwerdung möglich wurde, versuchen Künstler in unzähligen Bildern, sich der Gestalt Jesu zu nähern – bis hin zu dem Bemühen, seine Physiognomie zu erfassen – etwa im Turiner Grabtuch oder im Seidentüchlein von Manopello.

Gott Vater wird in Analogie zum Mensch gewordenen Sohn als Vaterfigur wiedergegeben, wobei er – was nicht unproblematisch ist – oft Züge eines mächtigen, aber alten Greises annimmt.

Und der Heilige Geist? Er wird, da am wenigsten fassbar, in Gestalt einer Taube oder in zwölf Feuerzungen abgebildet. Diese Symbolik geht auf die Berichte in der Heiligen Schrift zurück, als Johannes Jesus im Jordan taufte, sah er, dass der Heilige Geist „wie eine Taube auf ihn (Jesus) herabkam“. (Mk 1,10)

Die Feuerzungen rühren vom Bericht der Geistsendung am Pfingstereignis her, wie uns der Evangelist Lukas schildert: „… Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder.“ (Apg 2,3)

Aber treffen diese Zeichen wirklich das Geheimnis der Wirklichkeit des Heiligen Geistes? Sicherlich hilft es uns zu verstehen, wenn die ersten Christen den Heiligen Geist „wie eine heilende Salbe, wie lebendiges Wasser, wie brausenden Sturm oder flammendes Feuer“ (Youcat 115) erfahren und beschreiben.

Aber der dreifaltige Gott bleibt – wie man im Lateinischen sagen würde – ein mysterium stricte dictum – (und im Deutschen:) ein unauslotbares Geheimnis.

Der Heilige Geist ist in dem einen Gott der Liebesaustausch: die Liebe zwischen Vater und Sohn. Gott ist nicht statisch zu sehen: Er ist das Leben und die Liebe schlechthin. Gott ist Bewegung, ist Austausch, ist Gemeinschaft. Der Heilige Geist geht – wie wir im Glaubensbekenntnis festhalten – vom Vater und vom Sohn aus. Er ist das Lebensprinzip schlechthin.

Im Schöpfungsbericht heißt es: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde; die Erde aber war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut, und Gottes Geist schwebte über dem Wasser.“ (Gen 1,1-2) Nun wird immer wieder vom Heiligen Geist, seinem Wirken und Einwirken auf und durch die Propheten gesprochen bis hin zur Menschwerdung Jesu Christi, wenn es heißt: „Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist.“ (Mt 1,20) Aber auch weit darüber hinaus ist an vielen Stellen der Heiligen Schrift gerade im Zusammenhang mit Jesus von ihm die Rede.

Johannes ordnet die Geistsendung dem Ostergeschehen zu wenn er berichtet, dass Jesus am Ostersonntagabend den Jüngern den Heiligen Geist zugesprochen hat: „Empfangt den Heiligen Geist!“ (Joh 20,22) Der Evangelist Lukas überliefert die letzten Worte Jesu vor seiner Himmelfahrt: „ … ich werde die Gabe, die mein Vater verheißen hat, zu euch herabsenden.“ (Lk 24,49) In der Beschreibung des Pfingstereignisses heißt es bei Lukas: „Als der Pfingsttag gekommen war, befanden sich alle am gleichen Ort. Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein gewaltiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus in dem sie saßen.“ (Apg 2,1-2).

In allen Fällen ist aber immer von der Wirkung des Heiligen Geistes die Rede: Der Heilige Geist ermöglicht Leben, er lässt uns die Zusammenhänge göttlichen Handelns erkennen, er kommt in unser Herz, lässt uns Jesus als Gottes Sohn bekennen und uns als Kinder Gottes begreifen. „Vom Geist Gottes bewegt, können wir das Angesicht der Erde verändern.“ (Youcat, 113)

Und darum, liebe Schwestern und Brüder, geht es heute! Es nützt uns nichts, wenn wir über unsere Zeit, den Werteverlust und die Krise der Gesellschaft jammern. Wir sollten uns um den Auftrag Jesu kümmern, Leid und Not in der Welt zu lindern. Jesus hat in der Synagoge von Nazareth den Propheten Jesaja zitiert: „Der Geist des Herrn ruht auf mir, denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Freilassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.“ (Lk 4,18-19) Dann fügte Jesus selbst an: „Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt.“ (Lk 4,21)

Können wir das auch von uns sagen? Lassen wir uns vom Ruf nach Umkehr und Wandlung im Sinne Jesu Christi ergreifen? Setzen wir uns für die von Jesus vermittelten Werte – wie Achtung vor der Schöpfung und Gleichbehandlung eines jeden Menschen – ein?

Pfingsten heißt letztlich, sich vom Geist Gottes bewegen lassen, damit das Angesicht der Erde auch durch uns im Sinne Gottes und zum Heil der Menschen verändert wird.

Amen.