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„Ein wenig Angst war im Hinterkopf da“

Diakon Ulrich Wagenhäuser leitete den Einsatz der Notfallseelsorger nach dem Amoklauf in Würzburg-Heidingsfeld

Würzburg (POW) Wie Notfallseelsorger den Amoklauf in Würzburg-Heidingsfeld erlebt haben und ob eine solche Situation für Profis eine Belastung ist, schildert Diakon Ulrich Wagenhäuser, Diözesanbeauftragter für die Notfallseelsorge und die Seelsorge im Feuerwehr- und Rettungsdienst im Bistum Würzburg, im folgenden Interview.

POW: Herr Diakon Wagenhäuser, Sie waren gestern Abend am Ort des Amoklaufs in Heidingsfeld als Notfallseelsorger im Einsatz. Wann genau kam die Alarmierung?

Diakon Ulrich Wagenhäuser: Gegen 21.20 Uhr kam die Meldung, dass eine Amoksituation in einem Zug in Heidingsfeld vorliegt. Ich bin dann unverzüglich dorthin gefahren und habe mich als Leiter der Notfallseelsorge direkt bei der Einsatzleitung vor Ort informiert, was von unserer Seite an Hilfe notwendig ist. Als klar war, dass etwa 20 Zuginsassen Notfallseelsorge brauchen, habe ich vier Kollegen alarmiert. Diese sind dann gleich in das Betreuungszentrum gefahren, das in der S.Oliver-Arena eingerichtet wurde.

POW: Hatten Sie, als Sie in Heidingsfeld eintrafen, selbst Angst? Der Amokläufer war zu diesem Zeitpunkt noch nicht gestellt.

Wagenhäuser: Ein wenig Angst ist sicher im Hinterkopf da. Aber man fühlt sich sicher, wenn – und das galt gestern wortwörtlich – an jeder Ecke ein Polizeibeamter steht. Das war auch für die Betroffenen, die bei der Erstbetreuung noch in Heidingsfeld im Freien standen, wichtig zu sehen: Da sind die Einsatzkräfte. Wir fangen als Notfallseelsorger auch immer damit an, den Menschen zu verdeutlichen: Die gefährliche Situation ist vorbei, ihr seid jetzt in Sicherheit.

POW: Was können Sie als Notfallseelsorger außer dem Satz „Ihr seid jetzt in Sicherheit“ in einer derartigen Situation noch mitgeben?

Wagenhäuser: Die Reaktionen sind von Person zu Person unterschiedlich. Man kann als Seelsorger versuchen, etwas von der eigenen Ruhe zu vermitteln. Es war sicherlich hilfreich, dass wir die Betroffenen dann in den abgeschlossenen Raum der S.Oliver-Arena verlegen konnten. Es geht um scheinbar Banales wie die Gelegenheit, eine Toilette zu benutzen und eine Kleinigkeit zu essen und zu trinken. Danach sind die Menschen auch offener und man kann leichter mit ihnen in ein Gespräch kommen.

POW: Haben Sie eine derartig schlimme Situation in ihrer bisherigen beruflichen Tätigkeit schon einmal erlebt?

Wagenhäuser: Große Schadenslagen sicher. Massenkarambolagen auf der Autobahn zum Beispiel. In Winnenden habe ich in der Nachhut die Amoklage miterlebt. Aber einen Amoklauf hatten wir in Würzburg bislang noch nicht – Gottseidank. Es hat sich gezeigt, dass es gut ist, was wir immer sagen: Wir hoffen, dass so etwas nicht passiert, aber wir müssen jederzeit darauf vorbereitet sein. Für unser Team der Notfallseelsorge kann ich sagen: Wir waren gut aufgestellt und haben unseren Job gemacht.

POW: Wer kümmert sich nach einem solchen Einsatz um Sie und Ihre Kollegen?

Wagenhäuser: Wir wissen, dass wir sofort in kollegiale Beratung gehen können, wenn das notwendig ist. Bei Bedarf können wir auch externe Hilfe in Anspruch nehmen. Prinzipiell weiß aber jeder von uns, wie er sich selbst „etwas Gutes“ tun kann, um die Situation zu verarbeiten.

Zur Person:

Ulrich Wagenhäuser (54) ist Diakon im Hauptberuf in der Pfarreiengemeinschaft „Dürrbachtal, Würzburg“ und seit Februar 2016 Diözesanbeauftragter für die Notfallseelsorge und die Seelsorge im Feuerwehr- und Rettungsdienst. In der Notfallseelsorge ist er seit dem Jahr 2000 aktiv.

 

Interview: Markus Hauck (POW)

(2916/0828; E-Mail voraus)

Hinweis für Redaktionen: Foto abrufbar im Internet