Würzburg (POW) Mit einem Gottesdienst und anschließendem Festakt hat der Diözesanverband Würzburg der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) am Freitagabend, 16. November, der Gründung der Weltpfadfinderschaft vor 100 Jahren gedacht. Über 150 ehemalige und aktive Pfadfinder und Gäste nahmen an der Feier im Würzburger Kilianeum teil, die unter dem Motto „Persönlichkeit entfalten – Gemeinschaft erleben – Zukunft gestalten“ stand. Bischof Dr. Friedhelm Hofmann betonte in seiner Festpredigt die Bedeutung des Pfadfindens für das tägliche Leben. Auf die Werte des Pfadfindens und die aktuelle Vorbildfunktion ging der Pädagoge Dr. Hans Gerr (Bad Kissingen) in einem Vortrag ein. Vier ehemalige Pfadfinder aus den Berufsgruppen Kirche, Schule, Politik und Wirtschaft rundeten die Festveranstaltung mit kurzen Geschichten über die Folgen des Pfadfindens für ihr Leben ab.
Die Pfadfinderbewegung trage noch heute wesentlich dazu bei, dass der Funke kameradschaftlicher Verbundenheit und verantwortlichen Lebens und Handelns untereinander und auf andere überspringe, sagte Bischof Hofmann in seiner Predigt. In seiner aktiven Zeit als Pfadfinder sei ihm bewusst geworden, welches gute Gefühl man bekomme, wenn die pfadfinderischen Tugenden das tägliche Leben prägten. Begeistert hätte ihn und seine Kameraden das Motto „Jeden Tag eine gute Tat“, das man mit Freude umgesetzt habe. Hier könne man im täglichen Handeln Gottes Güte an andere weitergeben.
Über die Werte des Pfadfindens und ihre Bedeutung für die Pädagogik referierte der Pädagoge Gerr in einem Festvortrag. Er stellte die Frage: „War der Gründer der Pfadfinderbewegung von 1907, Robert Baden-Powell, ein Reformpädagoge?“ Vergleiche man Baden-Powells Erziehungsgrundsätze mit denen der reformpädagogischen Bewegung, erkenne man, dass sein Konzept der Selbsterziehung in die Bewegung passe: Er sei als der vielseitigste und im Hinblick auf die Erziehungswirkungen auch als der bedeutendste Reformpädagoge anzusehen. Baden-Powell habe sich gegen veraltete schulische Lehrmethoden gewandt und in der Erziehung die Welt des Kindes in den Vordergrund gestellt. Ihm sei es mehr auf die Charaktererziehung und weniger auf den Wissenserwerb angekommen.
„Wie kein anderer Pädagoge hat es Baden-Powell verstanden, junge Menschen zu einem Handeln anzuregen, das sich an Werten und Normen orientiert“, sagte Gerr. Ein wesentliches Ziel dieser Erziehung sei die Achtung des Menschen. Und dem komme in der heutigen Gesellschaft – bezogen auf einen voranschreitenden Werteverfall – eine besondere Bedeutung zu. „In den Lehrplänen von Schulen ist von Wertorientierung und vom ‚Vorrang des Erzieherischen’ die Rede. Eine ausreichende Werteerziehung gelingt jedoch selten.“ In den Schulen würde zu wenig pädagogisch gearbeitet, sie könnten von den Pfadfindern einiges lernen. Auch in der Gesellschaft sei eine Verpflichtung auf ethische Regeln dringend notwendig. „Die Globalisierung beispielsweise ist ohne sozial verträgliche weltweite Regeln für viele Menschen verhängnisvoll“, sagte Gerr.
Von den Konsequenzen des Pfadfindens für sein Leben berichtete der ehemalige Geschäftsführer der Würzburger Verkehrs- und Versorgungsbetriebe, Karl-Heinz Utschig. „Ich habe oft den Satz gebraucht: Ich bin gelernter Pfadfinder“, erzählte er. „Das bedeutet für mich, dass ich mein Wort halte.“ Das Pfadfinden habe den Grundstein für seine Sozialkompetenz gelegt und sei bei ihm in einen kooperativen Führungsstil gemündet. Sein Schlusssatz lautete: „Ich bin so wie ich bin, weil ich Pfadfinder war.“ Grußworte zum Jubiläum sprachen unter anderen Regierungsvizepräsident Dr. Andreas Metschke und Bürgermeister Dr. Adolf Bauer. Träger der Veranstaltung waren der DPSG-Diözesanverband und der Freundes- und Förderkreis der DPSG.
dw (POW)
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