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Eine neue Form des Kirche-Seins

Feierlicher Gottesdienst im Kiliansdom erinnert an Neugründung des Bistums vor 200 Jahren – Bischof Jung: „In absehbarer Zeit werden wir uns von vielem trennen müssen, was uns lieb und teuer war“

Würzburg (POW) Mit einem Pontifikalgottesdienst im Würzburger Kiliansdom hat Bischof Dr. Franz Jung am Christkönigssonntag, 21. November, an die Neugründung der Diözese vor 200 Jahren erinnert. „Einander zu stärken, miteinander auf dem Weg zu bleiben, das sind auch heute die Herausforderungen im Bistum“, sagte der Bischof. An der Feier unter den aktuellen Coronaschutzvorschriften, die live im Internet und auf TV Mainfranken übertragen wurde, nahmen neben dem Domkapitel Vertreter des Diözesanrats der Katholiken, Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel sowie zahlreiche Landräte und (Ober-) Bürgermeister teil. Anders als im 19. Jahrhundert gehe es heute nicht um vereinheitlichende Maßnahmen der Glaubensvermittlung, sagte der Bischof. „Im Zeitalter des Individualismus und des Pluralismus fragt sich, wie Kirche den Einzelnen erreichen kann und welche Mittel dafür die geeigneten sein können.“ Außerdem erklärte er, dass das Ende der Volkskirche nicht das Ende von Kirche überhaupt bedeuten müsse. Es markiere einen Übergang in eine neue Form des Kirche-Seins, die zu entwickeln den Menschen von heute aufgegeben sei.

Wie Bischof Jung in seiner Predigt darlegte, kam der Anstoß für die Reform vor 200 Jahren von außen. „Die grundlegende Neuordnung des Staat-Kirchen-Verhältnisses in Bayern und Deutschland wurde durch die napoleonischen Kriege im Gefolge der französischen Revolution ausgelöst.“ Kritisch hinterfragte der Bischof, ob Reformen immer erst von außen an die Kirche herangetragen werden müssten. Bestehe die Herausforderung nicht vielmehr darin, die Zeichen der Zeit wachsam zu beobachten und rechtzeitig die notwendigen Veränderungen einzuleiten, um nicht von der Entwicklung der Dinge überrollt zu werden?

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Die Säkularisation in Folge des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 und die damit verbundene Enteignung und Entmachtung der Kirche seien ein beispielloser Rechtsbruch gewesen. Was aber nütze es, Recht zu haben, wenn weite Kreise der Gesellschaft kein Verständnis mehr für rechtliche Gegebenheiten und historische Zusammenhänge aufbrächten? „Wir befinden uns heute in einer ganz ähnlichen Situation“, sagte der Bischof mit Blick auf die Ablösung der Staatsleistungen des Bayerischen Staates an die Kirche, die aktuell wieder mit großer Heftigkeit diskutiert werde. „Ein Beharren auf das eigene Recht wird wenig nützen, wenn viele Menschen diese Leistungen nicht mehr gerechtfertigt sehen. Über ihre Ablösung wird gesprochen werden müssen, will man sie auf absehbare Zeit nicht vollends verspielen“, sagte Bischof Jung.

Standhaft habe sich nach der Säkularisation Rom den Plänen widersetzt, eine deutsche Nationalkirche zu errichten. Der Bischof erklärte, es sei wichtig, immer wieder neu auf das christliche Menschenbild und die Verpflichtungen, die sich daraus ergeben, hinzuweisen. „Dazu gehört auch eine kritische Distanz gegenüber dem Staat bei aller gebotenen Loyalität, die so im Konkordat von 1817 nicht vorgesehen war. Schließlich knickt auch der Christkönig des Evangeliums nicht vor Pilatus ein, sondern bewahrt sich trotz aller Ohnmacht seine innere Freiheit zum Widerspruch.“

Mit dem Untergang der Reichskirche ging nach den Worten von Bischof Jung auch eine bestimmte Sozialgestalt von Kirche unter. Adam Friedrich Freiherr von Groß zu Trockau, der erste Bischof des neugegründeten Bistums, sei nicht mehr Fürstbischof gewesen. Sein Grab im rechten Seitenschiff des Doms zeige ihn daher mit Segensgestus der rechten Hand statt mit dem fränkischen Herzogsschwert als Zeichen weltlicher Macht. „Alle Führungskräfte rekrutierte der neue Bischof nun seinerseits nicht mehr aus der adeligen Oberschicht. Vielmehr setzte er auf in der Seelsorge oder Verwaltung bewährte Priester aus dem bürgerlichen Milieu, die ihn bei der Neuordnung des Bistums unterstützen konnten“, sagte der Bischof.

Eine der größten Herausforderungen habe darin bestanden, den Untermain, der zuvor zu Mainz gehörte, und das Dekanat Hammelburg, das ehemals Teil des Hochstifts Fulda war, zu integrieren. „Altvertraute Teile hingegen im Taubertal, im Odenwald oder im Steigerwald hatte man an Freiburg, Rottenburg-Stuttgart und Bamberg abtreten müssen.“ Im Zug der Säkularisation sei es zu einem „unermesslichen Verlust an Kulturgütern“ gekommen, indem Gebäude profaniert oder abgerissen, Sakralgegenstände zweckentfremdet oder eingeschmolzen, Bibliotheken geplündert oder verramscht wurden. „Und doch zeigte sich, dass das Überleben der Kirche nicht an all diesen Kulturgütern hing.“ Die Gläubigen der Gegenwart sähen sich von der Aufrechterhaltung der Infrastruktur zusehends überfordert. „In absehbarer Zeit werden wir uns von vielem trennen müssen, was uns lieb und teuer war“, kündigte der Bischof an. Auch der Christkönig kämpfe nicht um seinen Besitz, „sondern einzig darum, die Wahrheit Gottes treu zu bezeugen“.

Musikalisch gestalteten Domorganist Professor Stefan Schmidt und die Domsingknaben unter der Leitung von Sebastian Ferenz den Gottesdienst.

mh (POW)

(4721/1133; E-Mail voraus)

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