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Reportage

Eine Stunde Handarbeit pro Kerze

Brüder Baz führen in dritter Generation Kerzen-Fachhandel – Schwerpunkt liegt auf selbst verzierten Kerzen – „Inspiration gibt es überall“

Würzburg (POW) „Kerzen & Ambiente“ steht auf dem gelben Eckhaus im Würzburger Frauenland. Vor der Tür stehen Körbe mit dem Schild „Hasenalarm“. Rosa Porzellanhasen sind ausgestellt. Tritt man in das Geschäft von Kerzen-Baz ein, ist eine weitaus größere Auswahl an Osterdeko und vor allem Kerzen in verschiedenen Farben und Formen zu sehen. Eierförmige Kerzen in frühlingshaften Farben wie Pink, Gelb, Orange und Grün füllen die Regale. Küken, Hasen, aber auch Blumen verzieren die Kerzen. Im vorderen Teil des Geschäfts sind größtenteils Dekorationskerzen für den alltäglichen Gebrauch erhältlich. Geht man weiter in das Geschäft hinein, erblickt man die selbst verzierten Kerzen für besondere Anlässe. Geburtstags-, Kommunions- und vor allem Osterkerzen sind ausgestellt. Dafür entwickelt der Kerzenfachhandel eigene Motive. Das Familienunternehmen wird von den Brüdern Andreas und Oliver Baz geführt. Sie und ihr Team setzen jedoch auch gerne Kundenwünsche um. Flammen, Wolken, Herzen, Maisblüten und viele weitere Symbole schmücken die Kerzen.

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Eine Seitentür führt in die eigentliche Werkstatt des Familienbetriebs. Irmtraud Mark steht leicht gebückt am Tisch und gibt Acrylfarbe auf eine Mischpalette. Sie verziert seit elf Jahren Kerzen für die Brüder Baz. Auf dem Tisch stehen einige Materialien wie Acrylfarben, Skalpell, Schere und Kleber. Mark tupft zuerst mit einem Schwamm einen gelben ovalen Kreis auf die Kerze. Es folgen eine rote und orangene Umrandung. Oben wird auch noch etwas Blau auf das Rot getupft, wodurch ein lila Schimmer entsteht. Mit Hilfe einer Schablone tupft sie orangene Wellen auf die gelbe Fläche. So entstehen Wolken auf der Kerze. Die ausgewählten Farben haben eine Bedeutung. „Man denkt sich immer was dabei“, erklärt Mark. Lila etwa sei die Farbe des Leids und der Passion. Blau, die des Nachthimmels, symbolisiere Tod. Auf der Kerze werden der Tod und die Nacht jedoch von der Ostersonne überstrahlt. So brennt der Tod mit der Kerze ab und die Sonne bleibt.

Die Kerze ist fertig bemalt und Mark schneidet routiniert mit einem Skalpell einen Balken von zehn und einen von circa 20 Zentimeter Länge aus den Wachsplatten. Den längeren Balken klebt sie senkrecht und den kürzeren Balken waagerecht auf die Osterkerze. So entsteht ein Kreuz auf der Kerze. Die Wachsplatten werden von einer Firma bezogen. Die Kerzen sollen jedoch einzigartig sein, erzählt Andreas Baz. Deswegen werden die Wachsplatten, die ein wenig aussehen wie Pappbögen, vorbemalt. Mit Schattierungen und verschiedenen Farben sieht die Wachsplatte nun beispielsweise aus wie ein Stück Holz. So entsteht eine Holz- oder Flammenoptik, wo vorher nur eine braune Fläche zu sehen war. Auch die Beschriftung für die Kerze wird aus einer vorbemalten Folie mit einer Graviernadel geschnitten. Dadurch schmiegen sich das Omega und Alpha der Osterkerze an das Kreuz an. Die Jahreszahl am unteren Ende der Kerze passt sich ebenfalls dem einheitlichen Design der Kerze an. Es werden keine vorgefertigten Schriften verwendet, „damit es auch zu der Kerze passt“. Das Kreuz erhält mittig noch einen dünnen goldenen Wachsstreifen. Dann wird eine Kordel umgebunden. Die Kerze ist fertig. Wenn alles vorbereitet ist und mehrere Kerzen mit dem gleichen Motiv auf einmal gemacht werden, dauere die Verzierung einer Kerze ungefähr eine Stunde. „Bei der Kreation eines neuen Motivs dauert es länger“, sagt Andreas Baz.

Seit einigen Jahren ziehen die Brüder die Kerzen nicht mehr selbst. „Es war ein schwerer Schritt“, sagt Oliver Baz. Man verliere an Unabhängigkeit. Sie erhalten nun fertige Kerzenrohlinge von Fachfirmen aus der Umgebung. „Bis jetzt hat es ganz gut geklappt. Auch von der Qualität merkt man kaum einen Unterschied.“ Die Brüder nehmen jedoch weiterhin Einfluss auf die Produktion. „Ich lasse einen bestimmten Docht einziehen“, erklärt Oliver Baz. Er werde auf eine bestimmte Art geflochten, damit der Docht beim Abbrennen seine Krümmung behält. So erreiche die Flamme einen optimalen Hitzegrad. Außerdem führe ein gutes Verhältnis zwischen der Größe der Kerze und der Dicke des Dochts zu gleichmäßigem Abbrennen und geringem Rußverhalten. Nicht nur die Herstellung und Verzierung der Kerze nimmt Zeit in Anspruch, sondern auch der Verkauf. „Man muss am Kunden sein.“ Der Kunde verlange mehr Beratung, weil er Informationen zu Schädlichkeit, Qualität und Materialien erhalten möchte. Dafür gehe er in ein Fachgeschäft.

„Aus dem köstlichen Wachs der Bienen bereitet, wird sie Dir dargebracht von Deiner heiligen Kirche“, erklingt es im Osterlob Exsultet. Früher musste daher die Osterkerze zu einem bestimmten Anteil aus Bienenwachs bestehen. Das sei heute anders. Es bestehe keine Pflicht, aber sie haben sich auf einen zehnprozentigen Anteil von Bienenwachs geeinigt, erklärt Oliver Baz. Kerzen aus Bienenwachs röchen nach Honig. Kerzen aus Paraffin sollten im Idealfall neutral riechen. Wenn die Kerze zudem trocken sei, handle es sich um gute Qualität. „Trocken“ heißt, dass die Kerze nicht schmiert, wenn man mit den Fingern über sie zieht. Paraffin ist ein Abfallprodukt aus der Ölindustrie und „wird mittlerweile gehandelt wie an der Börse – es gibt Tagespreise“. Viele Werkstätten hätten weniger Paraffin produziert als zuvor, da wegen der Coronapandemie weniger Mitarbeiter gearbeitet haben. Die Preise stiegen und es käme zu Lieferengpässen. Kerzenrohlinge, die bereits im August bestellt wurden, seien im Januar noch nicht da gewesen, erzählt Andreas Baz als Beispiel.

Familie Baz sammelt seit drei Generationen Erfahrungen mit Kerzen und entwickelt das Angebot stetig weiter. „Inspiration gibt es überall.“ Einmal habe der Pfarrer in der Osternacht über die Auferstehung „so genial“ gepredigt, „da hat sich direkt ein Bild in mir aufgebaut“, erzählt Andreas Baz. „Das muss auf die Kerze!“ Auf dieser sieht man einen Weg, der zu einer Höhle führt. Der Stein, der die Höhle versperrte, wurde zur Seite geschoben, und so strahlt die Sonne aus und hinter der Höhle hervor.

Firmenchronik

Mit der Mitgift seiner Frau Margarete baute Theodor Baz 1934 das Wohn- und Geschäftshaus in der Zeppelinstraße 58. Baz war gelernter Kaufmann, sammelte jedoch in Trier und Osterburken Erfahrungen in der Kerzenherstellung und fand Freude daran. Auf Wunsch des Schwiegervaters begann Baz, trotz hoher Konkurrenz von zwei ansässigen Kerzenziehern, in Würzburg Altarkerzen herzustellen. Viele Kirchen wechselten aus Tradition den Kerzenzieher nicht. Deswegen warb die Firma Baz in anderen Städten mit Postkarten und verschickte die bestellten Produkte mit der Bahn. Auch heute versendet die Familie Kerzen deutschlandweit und sogar nach Österreich, in die Schweiz, nach England und in die Pfarrei Maria Anima in Rom. Während des Zweiten Weltkriegs führten Rohstoffknappheit sowie das eingeschränkte Wirken der Kirchen mit weniger Messen zu schwierigen Zeiten bei den Kerzenziehern. Die Familie stellte auf die Herstellung von festem und flüssigem Bohnerwachs um und sicherte das Geschäft. Theodor Baz starb kurz vor Kriegsende und Margarete Baz übernahm das Geschäft. Sohn Wolfgang leitete den Familienbetrieb ab 1959 und eröffnete im Erdgeschoss ein kleines Ladengeschäft für Privatkunden. Dessen Söhne Oliver und Andreas Baz führen das Geschäft heute weiter. (Quelle: Baz Kerzen)

Katrin Henn (POW)

(1522/0433; E-Mail voraus)

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