Haßfurt (POW) Immer wieder bleiben Passanten stehen, schauen, was da auf dem Platz an der Haßfurter Pfarrkirche Sankt Kilian los ist. „Wir feiern heute mitten im Leben Gottesdienst“, erklärt Weihbischof Ulrich Boom den mehr als 200 Frauen und Männern, die an diesem Dienstagabend, 7. Juli, zur Feier gekommen sind. Es ist der erste von insgesamt vier Pontifikalgottesdiensten, die in der Kiliani-Wallfahrtswoche an verschiedenen Orten im Bistum Würzburg gefeiert werden. Wegen der Corona-Pandemie gibt es in diesem Jahr nicht wie üblich die großen Wallfahrtsgottesdienste für die Dekanate im Würzburger Kiliansdom.
Die Gläubigen aus der Gegend sind der Einladung gern gefolgt. Auf Dutzenden von Bierbänken sitzen sie bei blauem Himmel und angenehmen Temperaturen mit dem vorgeschriebenen Abstand. Ein Blechbläserensemble und ein Chor sorgen für festliche Musik. Bei den Gemeindeliedern tönt der Gesang der vielen Kehlen weit in die umliegenden Straßen hinein. Vor dem Seitenportal ist auf einem Podest ein Freiluftaltar aufgebaut, mit dem Tragehimmel der Fronleichnamsprozession als festlicher Überdachung. Das Videoteam der Pfarrei überträgt – wie seit März – auch diesen Gottesdienst auf seinem YouTube-Kanal, damit möglichst viele Menschen an der Feier teilnehmen können.
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„Man soll die Dinge nicht schönreden, aber es ist vielleicht auch ein Geschenk, dass wir neu lernen: Kilian ist nicht nur in Würzburg, Kilian ist überall, auch hier in Haßfurt“, sagt Weihbischof Boom zu Beginn des Gottesdiensts. Schon als kleiner Junge habe er in der Heimat seines Großvaters im Sauerland Kiliani gefeiert. „Das Wichtigste war für uns aber damals nicht die Messe, sondern die Kiliani-Kirmes“, erzählt er mit einem Schmunzeln, „als Trost für alle Eltern, wenn im Leben nicht alles gleich so fromm ausfällt.“
In seiner Predigt schlägt Weihbischof Boom von der Darstellung des heiligen Kilian im Hochaltar der Haßfurter Pfarrkirche einen Bogen zu den Darstellungen auf dem Kreuzberg und auf dem Kiliansplatz in Würzburg. „Bei all diesen Kiliansbildern ist das Bild des heiligen Kilian mit seinen Gefährten auf dem Kiliansschrein in der Krypta des Neumünsters für mich das Treffendste.“ Dort sind die Frankenapostel nicht in liturgischen Gewändern dargestellt. „Das Gewand der Pilger ist nicht das Festtagskleid, es ist das Gewand der Straße, auf Kante genäht. An ihm klebt der Staub und Dreck des alltäglichen Mühens. So ist uns der Heilige mit seinen Gefährten in den Nöten und Sorgen unserer Tage nahe“, sagt Weihbischof Boom.
Was der Glaube an Gott den Menschen schenkt, werde in den schlichten Zeichen, mit denen der Künstler die drei Gefährten darstellt, und in einfachen Worten deutlich. „Gott ist Liebe, er gibt uns Kraft und Nahrung und hat uns seine Liebe gezeigt und schenkt sie uns in Jesus von Nazareth.“ Es gelte, den Zuspruch, der von Gott geschenkt ist, weiterzugeben. „Durch die vergangenen Wochen und Monate wurden wir in viele Fragen hineingeworfen.“ Ein kleines Virus habe das Planen durcheinandergebracht und die Begrenztheit menschlichen Handelns und Vermögens – „in Kopf und Tasche“ – vor Augen geführt. Auch wenn diese Krise noch nicht abgeschlossen, geschweige überstanden sei: „Gottes Liebe, die er uns gezeigt hat im Leben, Sterben und Auferstehen Jesu Christi, übersteigt all unsere Denkkategorien. All das nimmt unsere Fragen nicht weg, aber das glauben zu dürfen, gibt Halt.“ Diese Erkenntnis müsse auch die Herzen der Frankenapostel erfüllt haben. „Sonst hätten sie nicht Sicherheiten verlassen und sich auf Fremdes und Ungewohntes eingelassen“, betont der Weihbischof.
Nach dem Ende des Gottesdiensts folgen viele fleißige Hände der Einladung von Pfarrer Stefan Eschenbacher, beim Abbau mit anzupacken. In weniger als 30 Minuten ist der Platz leergeräumt, sind Bänke, Freiluftaltar und Tontechnik verstaut.
Bei den Gottesdienstbesuchern hat die besondere Kiliani-Feier sichtlich Eindruck hinterlassen. „Ich hab den Weihbischof bislang noch nicht gekannt. Er hat den Gottesdienst sehr lebendig gestaltet“, sagt Ingrid Otto aus Haßfurt. Dietmar und Adelgunde Wickles aus Eltmann zeigen sich besonders davon angetan, dass die Eucharistiefeier auf dem offenen Platz stattfand, „direkt am Leben“. Für ihren Sohn Kolonat, der am folgenden Tag seinen Namenstag feiern kann, war der Gottesdienst auch eine Gelegenheit, den Festtag einmal ganz besonders zu begehen. Die vier Freundinnen Doris Karg, Maria Bauer, Ingrid Schenk und Lore Schramm sind ganz begeistert von „der menschlichen Ausstrahlung“ des Weihbischofs. Sehr sympathisch sei er, aber das hätten sie ohnehin schon gewusst, da er ja schon öfters in Haßfurt gewesen sei. „Es war einfach ein wunderbarer Abend.“
mh (POW)
(2920/0712; E-Mail voraus)
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