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Einzigartige Kraft und Lebensquelle

Predigt von Weihbischof Helmut Bauer am 16. Oktober 2005 in Retzbach zum Abschluss des Eucharistischen Jahres

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn!

Noch eine Woche lang sitzen über 200 Bischöfe und Berater in Rom bei der Weltbischofssynode beisammen und beraten nur über ein Thema: nämlich über die Eucharistie. Alle Teilnehmer sind hochgescheite und lebenserfahrene Leute, sagen wir ruhig: die besten aus aller Welt, die geistigen Führer von Völkern aus allen Kontinenten und Kulturkreisen. Man möchte fragen: Gibt es in der Welt von heute wirklich keine wichtigeren Themen? Braucht unsere Zeit mit ihren globalen Herausforderungen keine anderen Antworten und Ratschläge?

„Die Kirche lebt von der Eucharistie „ – das war der Spitzensatz des verstorbenen Papstes Johannes Paul II. in seinem Rundschreiben über die Eucharistie. Ja – wenn das stimmt, dann geht es ja um das Leben der Kirche oder negativ formuliert: um ein mögliches Absterben dieser Kirche, wenn die Lebensquelle versiegt oder zugeschüttet wird. Aber wenn der Kirche – sagen wir mal – mit der Eucharistie das Wasser abgegraben wird und sie ohne Leben dasteht, dann stirbt mehr als nur eine alte Institution; dann stirbt in dieser Welt alles, wofür die Kirche steht: Das ist Freiheit durch Christus, das ist die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens, das ist die Liebe zu den Armen und Notleidenden. Das ist Gerechtigkeit und eine auf die Erneuerung der Welt ausgerichtete Entwicklung. Jedenfalls verschwindet das Christentum in seiner besonderen Verkörperung mit allen Folgen. Umso mehr müssen wir alle besorgt bleiben und beten, dass diese einzigartige Kraft und Lebensquelle Eucharistie erhalten bleibt – rein und klar, wie es Christus gewollt hat. „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“

Um aber dieses Ziel zu erreichen, sagt der verstorbene Papst Johannes Paul II., sollten wir bei Maria in die Lehre, in die Schule gehen, bei Maria, die er die „eucharistische Frau“ genannt hat. Er schrieb wörtlich: „Wenn wir die innige Beziehung, welche die Kirche mit der Eucharistie verbindet, in ihrem ganzen Reichtum wiederentdecken wollen, dürfen wir Maria nicht vergessen, die Mutter und das Urbild der Kirche. Maria kann uns wirklich zu diesem heiligsten Sakrament hinführen, da sie zu ihm eine tiefe Beziehung hat“. So wollen wir dem Papst folgen und einige Beziehungspunkte herausstellen, damit wir durch Maria das rechte Feiern der Eucharistie und die Verehrung des Herrn im Sakrament des Altars verstehen und auch erlernen.

Zunächst: Maria wird uns zuerst im Evangelium als eine junge Frau geschildert, die auf das Wort Gottes hörte und es mit gläubigem Herzen aufnahm. Der heilige Augustinus sagte es so: Bevor Maria das ewige Wort unter ihrem Herzen wohnen ließ, hat sie das Wort Gottes in ihrem Herzen aufgenommen und bewahrt. Sie war zuerst empfänglich für die Botschaft, so wurde sie befähigt, Gott aufzunehmen und ihn in die Welt eintreten zu lassen.

Das ist der Königsweg, natürlich der göttliche Weg in die Welt. Gott zwingt sich uns, keiner Zeit, keiner Epoche auf: er will durch offene Türen, offene Herzen eintreten. Damals war Maria die Pforte des Lichtes und bleibt es in der Erst- und Einmaligkeit der Stunde von Nazareth. Aber auch wir müssen und können Gott einlassen, wenn es mit der Welt, mit uns besser werden soll. Das heißt: am Anfang steht der hörende, der auf Empfang gestellte Mensch. Wer nicht offen ist für den stillen Anruf Gottes, der kann ihm gar nicht öffnen, wenn er anklopft. Es kommt aber nur zum Hören und zur Empfänglichkeit Gottes, wenn wir beten, wenn wir Gott loben, über die Sprechart und Sprechweise Gottes nachdenken. Das geschieht durch das treue Gebet im Gottesdienst und im Hinhören auf das, was in den heiligen Schriften steht. Der Wortgottesdienst-Teil der heiligen Messe gehört zur Eucharistie, ist keine Vormesse und erst recht nicht ein austauschbarer Teil. Hier lassen wir Gott zu Wort kommen und niemand anders – auch nicht einen hochgeistigen Menschen, Dichter oder Philosoph. Das ist auch der innere Grund, warum allein der Priester hier die Homilie halten soll. Er soll uns das Verstehen der Lesungen aus der Schrift, die Lesung und das Evangelium noch durchsichtiger, verstehbarer machen im Auftrag der Kirche.

Zweitens: Es ist schon beachtenswert, dass Maria in der Jesus-Geschichte ganz besonders und namentlich bei der Kreuzigung und beim Erwarten des Heiligen Geistes vor Pfingsten genannt und dargestellt wird. Maria gehört zum Kreuz, zum Pfingstgeschehen. Gerade aber diese Ereignisse werden ja Wirklichkeit und Gegenwart in der heiligen Messe.

So schreibt der Papst: „Nicht nur auf Golgotha, sondern während ihres ganzen Lebens an der Seite Jesu machte sich Maria den Opfercharakter der Eucharistie zu eigen. Indem Maria Tag für Tag auf Golgotha sich vorbereitete, lebte sie eine Art vorweggenommene Eucharistie“. In der Tat: das Leben Mariens war von Anfang an ein „Fiat“, „Dein Wille geschehe“: von der Flucht nach Ägypten bis zur Stunde, da sie den Leichnam ihres Sohnes auf ihren Schoß nahm. Die Sieben Schmerzen Mariens waren wirklich Teilhabe und Mitvollzug des Opferganges Jesu. Sie hat sich eingebracht in das Opfer Christi.

Das ist und bleibt auch für uns der rechte Mitvollzug der heiligen Messe. Es geht nicht bei der Mitfeier der heiligen Messe darum, dass wir eine seelische Erhebung erfahren, eine schöne, herzenserwärmende Feier erleben, schon gar nicht, dass wir den liturgischen Ablauf der Messe nur äußerlich mitgestalten und mittragen. Es geht schlicht und einfach darum, dass wir wie Maria sagen und tun: „Dein Wille geschehe. Mir geschehe nach deinem Wort!“ Die Messe wird darum für uns zu einem gnadenreichen Ereignis, wenn wir unsere Schmerzen, unser Leiden, unser hartes Dasein, unsere Not einbringen in das Opfer Christi. Die Messe kann man nicht bezahlen. Sie wird uns zu einem geistlichen Geschenk, wenn wir uns mit unserem Kreuz unter das Kreuz Jesu stellen. Der Heilige Geist kommt auf uns herab, wenn wir ganz arm sind wie der Gekreuzigte und unsere Hände und Arme weit ausbreiten, weil wir hilflos und angenagelt sind, aber doch sagen: „Vater, in deine Hände“.

Maria hilft uns so zu einer echten Participatio, zu einer richtigen Teilnahme am Kreuz Christi. Dieses Miteingehen in Jesus verwandelt der Geist Gottes in neue, österliche Lebensqualität.

Schließlich: Maria zeigt, was Kommunion bedeutet. Das Einswerden mit Jesus muss zu einer Kommunion mit denen werden, in denen wir Jesus wiederentdecken sollen: mit den Mitmenschen, mit einer geplagten Schöpfung, mit den Armen und Notleidenden. Es ist schon bedenkenswert: Maria zog sich nach der heiligen Stunde von Nazareth nicht in ihre Kammer, in ihr Eigen zurück, sondern sie machte sich eilends auf und ging zu ihrer Base Elisabeth, um ihr beizustehen. So wird Maria auch gezeigt, wie sie sensibel war für die drohende Not des Brautpaares bei der Hochzeit zu Kana. Sie ließ die Not schon gar nicht so recht aufkommen, sondern trat fürbittend bei Jesus ein. Schließlich ist sie dabei, als die Jünger um die Kraft des Heiligen Geistes beteten, damit sie ihren apostolischen Dienst mit ganzer Kraft vollziehen können. Die Kenntnis mit Jesus drängt uns alle, mit allen zu kommunizieren, die in Not sind. Das „Ite missa est“, das „Gehet hin in Frieden“, ist das Schlusswort der Messe. Auch im Vollzug dieses Auftrages ist uns Maria das einzigartige Vorbild. Sie hat gezeigt, dass wir die Kommunion mit Jesus zu einer Kommunion mit den Armen, Kranken, Notleidenden machen müssen. Zu denen, die Hilfe brauchen, gehört auch die Schöpfung, die Zeit und Weltwirklichkeit, in der wir leben. Die Messe in der Kirche muss sich fortsetzen im Alltag.

Auch dafür war und ist Maria das eucharistische Vorbild. Maria verehren, lieben, heißt: sich eucharistiefähig zu machen, aus der Eucharistie lebensfähig zu werden.

Amen.

(4305/1399)