Bischof Dr. Friedhelm Hofmann hat heute (24. März 2009) Herrn Wolfdieter Weiß, bisher Pfarrer im Ruhestand, mit sofortiger Wirkung vom priesterlichen Dienst suspendiert. Damit ist es Weiß untersagt, irgendwelche Amtshandlungen vorzunehmen, die mit der Priesterweihe verbunden sind. Außerdem werden seine Ruhestandsbezüge um 20 Prozent gekürzt.
Für diese Maßnahmen gibt es folgende Begründung:
Wolfdieter Weiß hat sich während all der Jahre seit seiner rechtskräftigen Verurteilung im Juli 2000 wegen sexuellen Missbrauchs in sieben Fällen an drei Minderjährigen uneinsichtig gezeigt. Er hat diese Haltung auch nach der Bestätigung des Urteils durch den Bundesgerichtshof im Mai 2001 nicht aufgegeben. Nachdem die Diözese Würzburg in strikter Befolgung der Auflagen aus dem Coburger Urteil zunächst versucht hatte, eine Tätigkeit zu finden, die ihn nicht mehr mit Kindern und Jugendlichen hätte in Kontakt bringen können, sind diese Bemühungen letztendlich am Widerstand von Herrn Weiß gescheitert. Deshalb wurde er im April 2002 in den zwangsweisen Ruhestand versetzt, der mit einem Zelebrationsverbot verbunden war. Im Dezember 2002 wurde auch der innerkirchliche Einspruch, den Herr Weiß gegen die Diözese Würzburg in Rom erhoben hatte, von der Glaubenskongregation verworfen.
Nun ist durch den Umstand, dass zwei Männer im Auftrag von Wolfdieter Weiß kürzlich die Familien der damaligen Opfer aufgesucht haben, um sie zur Rücknahme der im Coburger Verfahren gemachten Aussagen zu bewegen, nochmals eine veränderte Situation entstanden. Die betroffenen Familien fühlten sich durch dieses Agieren so massiv unter Druck gesetzt, dass die Verletzungen der Vergangenheit wieder aufgebrochen und neue Traumatisierungen entstanden sind. Dadurch ist ein neuer, schwerwiegender und schuldhafter Tatbestand geschaffen worden, der die jetzt getroffene Maßnahme erforderlich gemacht hat. Die Diözese drückt gleichzeitig den drei betroffenen Familien ihr Bedauern aus und verurteilt nochmals auf das Schärfste das Verhalten von Herrn Weiß.
In einem offenen Brief an mich als Generalvikar der Diözese hat der Vater eines der damals betroffenen Kinder, Fragen gestellt bzw. Vorwürfe erhoben. Auch wenn ich noch persönlich antworten werde, möchte ich jetzt schon Folgendes bemerken:
- Einmal wird gefragt, weshalb Herr Weiß nicht sofort nach dem Coburger Urteil exkommuniziert wurde - so seine Wortwahl. Dazu ist zu bemerken, dass die Bistumsleitung sich einerseits an die vom Gericht gemachten Auflagen bei der Verhängung der zweijährigen Bewährungsstrafe gehalten hat und zum anderen damals bei Wolfdieter Weiß auf Einsicht hoffte. Als dieser sich jedoch dauernd resistent zeigte, wurde die Zwangspensionierung mit Zelebrationsverbot verfügt. Da eine formelle Exkommunikation hauptsächlich Fragen der Glaubenslehre betrifft, waren dafür die kirchenrechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben. Durch die nun erfolgte Suspendierung ist Herr Weiß jedoch de facto in den Laienstand versetzt und kann nicht mehr als Priester tätig sein.
- Weiterhin wurde dem Bistum vorgeworfen, es habe Wolfdieter Weiß anlässlich seines 40. Priesterjubiläums im Jahr 2006 gewürdigt und dabei seine Vorstrafe verschwiegen. Dazu ist zu bemerken, dass die angebliche Würdigung in unserem Pressedienst in Wirklichkeit eine bloße Aufzählung von Einsatzorten war, die bewusst ohne jede kommentierende Wertung erfolgte. Dass das Nichterwähnen seiner Vorstrafe korrekt war, hat zudem eine kürzlich erfolgte Stellungnahme des Bayerischen Journalistenverbandes bestätigt, derzufolge Vorstrafen nach Ablauf der Bewährungsfrist ohne erneuten konkreten Anlass gar nicht erwähnt werden dürfen. Ein solcher Anlass war 2006 nicht gegeben.
- Schließlich wird der Vorwurf erhoben, die Diözese hätte die betroffenen Familien vor den Absichten von Herrn Weiß warnen müssen, erneut an die damaligen Opfer und ihre Familien heranzutreten. Dazu kann ich nur sagen, dass diese Absichten auch der Bistumsleitung nicht bekannt waren. Herr Weiß hat zwar in einem Brief vom 2. Februar 2009 zum wiederholten Mal seine bekannten Standpunkte einschließlich der von ihm entwickelten Verschwörungstheorie dargelegt und dabei auch seine schon früher mehrmals geäußerte Absicht mitgeteilt, um eine Wiederaufnahme des Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht zu kämpfen. Dass er sich in seinem Bestreben jedoch dazu versteigen würde, in dieser unerträglichen Weise seine Opfer und ihre Familien nach all den Jahren wieder zu belästigen, war für uns genauso wenig vorhersehbar wie für jene Medien, denen Herr Weiß seinen Brief (ohne unser Wissen) ebenfalls zur Verfügung gestellt hatte. Eine vorherige Warnung war deshalb unmöglich, so sehr ich das Leid bedaure, das den betroffenen Familien erneut zugefügt wurde. Heute nun hat Herr Weiß im Gespräch mit Bischof, Generalvikar, Personalreferent und Justitiar eingeräumt, dass zwei Familien auf seine Veranlassung hin von zwei Privatdetektiven aufgesucht wurden. Bei der dritten Familie war er sich nicht sicher, ob dies schon geschehen ist. Ich sehe es als meine Pflicht an und habe es Herrn Weiß gegenüber auch so betont, diese Familie, deren Wohnsitz wir nicht kennen, hier und jetzt vor der möglichen Aktion öffentlich zu warnen.
Mit einer persönlichen Bemerkung möchte ich diese Erklärung abschließen. Was mich in dieser schlimmen Angelegenheit zusätzlich belastet, ist der Umstand, dass Wolfdieter Weiß bis heute durch eine Gruppe von Sympathisanten unterstützt wird - bestehend aus einigen Priestern, Ordensleuten und Laien -, die ihn in seiner Uneinsichtigkeit noch bestärken. Diesem Personenkreis gebe ich eine gewisse Mitschuld an der Entwicklung der Dinge. Ich kann mich nur nochmals im Namen des Bischofs und des Bistums bei den Betroffenen entschuldigen und hoffen, dass sich die neuerlich entstandenen Verletzungen überwinden lassen. Die Diözese Würzburg ist dabei, wie es bereits vor acht Jahren geschehen ist, zur Mithilfe bereit.
Dr. Karl Hillenbrand
Generalvikar