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Es geht nur gemeinsam

Gesprächsabend „Brot und Bienen. Ernährung sichern. Artenvielfalt erhalten“ – Landwirte und Verbraucher müssen mehr an einem Strang ziehen

Fährbrück (POW) Die Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Einerseits gibt es immer neue Auflagen und Anforderungen an die Landwirte, andererseits spielen Handel, Agrarkonzerne sowie Verbraucherinnen und Verbraucher eine maßgebliche Rolle. Klimawandel, Artensterben, Corona oder der Krieg in der Ukraine tragen dazu bei, die ohnehin schwierige Lage weiter zu verkomplizieren. „Brot oder Bienen?“ lautete die Frage am Donnerstag, 2. Februar, beim Gesprächsabend für Produzenten und Konsumenten mit rund 100 Teilnehmenden in Fährbrück. Vier Fachleute suchten nach Antworten auf die Frage, wie Ernährung gesichert und gleichzeitig die Artenvielfalt erhalten werden kann. Am Ende waren sich alle einig: Es braucht mehr Ökologie in der Landwirtschaft. Aber das könne nur gelingen, wenn alle miteinander reden, sich gegenseitig zuhören und mehr als bisher an einem Strang ziehen.

Es reicht nicht aus, den Blick nur auf Deutschland zu richten, machte Barbara Schmidt klar. Die Theologin und Direktorin der Landvolkshochschule Niederalteich verwies in ihrem Impulsreferat darauf, dass weltweit eine Milliarde Menschen unterernährt seien, 345 Millionen litten unter akutem Hunger. Als Gründe nannte sie unter anderem Armut, Landraub oder Umweltzerstörung sowie die Verschwendung von Lebensmitteln. 18 Millionen Tonnen Lebensmittel landen nach ihren Worten Jahr für Jahr in Deutschland in der Tonne, das entspricht etwa 450.000 Lkw-Ladungen. Pro Kopf und Jahr werden so 82 Kilo Lebensmittel in privaten Haushalten vernichtet: „Ein Skandal.“

„Durch die Intensivierung der Landwirtschaft haben wir einen deutlichen Rückgang der Biodiversität erlebt“, erklärte Jan Thiele vom Thünen-Institut in Braunschweig. Seit 1970 lässt sich nach seinen Angaben ein starker Rückgang zum Beispiel von „Agrarvögeln“ wie Braunkehlchen, Feldlerche, Goldammer, Kiebitz, Neuntöter, Rotmilan oder Steinkauz beobachten. Hecken, Gräben, Gehölze, Blühflächen oder Altgrasstreifen seien Möglichkeiten, Insekten und Vögeln wieder neuen Lebensraum zu bieten. Thiele plädierte nachdrücklich dafür, dass für die Anlage und Pflege solcher Flächen Geld fließen müsse, bedeuteten sie doch zusätzlichen Arbeitsaufwand und weniger Einkommen für die Landwirte.

In der engagierten und teils emotionsgeladenen Debatte wurden Sorgen und Nöte deutlich artikuliert. Vor allem die Politik wurde immer wieder heftig kritisiert, aber auch die Verbraucher, die großen Konzerne oder der Handel wurden ins Visier genommen. „Wir Bauern müssen wieder von unserer Arbeit leben können und nicht nur von Zuschüssen“, sagte ein Landwirt. Viele Betriebe steckten in einem System aus Zuwendungen, davonlaufenden Kosten, zunehmender Arbeitsbelastung und oft geringer werdenden Einnahmen fest. „Es ist sehr schwer, da rauszukommen“, hieß es von verschiedenen Seiten.

Weiter wurde gefragt: „Wo sind die Zukunftsperspektiven für uns Landwirte?“ Denn neben den Arbeitszeiten im Stall und auf dem Feld gebe es immer mehr Verwaltungs- und Büroarbeiten zu erledigen. Zudem wollen immer weniger Menschen in der Landwirtschaft ihr Geld verdienen. So würden der Druck und die psychische Belastung auf den Höfen immer größer, während den Landwirten andererseits die Wertschätzung ihrer Arbeit fehle. „Wir sollen mehr Leistung erbringen für das gleiche Geld“, sagte ein Landwirt mit Blick auf die gewünschten landschaftspflegerischen Maßnahmen und die in diesem Jahr in Kraft getretenen Änderungen der EU-Förderrichtlinien. Auch wurde der Vorwurf laut, dass landwirtschaftliche Produkte aus anderen Ländern eingeführt werden, in denen billiger produziert werden könne, weil dort nicht so hohe Vorgaben zu erfüllen seien wie hierzulande.

Norbert Metz vom Landschaftspflegeverband Mittelfranken rechnete vor, dass mit einer einen Hektar großen Streuobstwiese mit 60 Obstbäumen bis zu 1600 Euro an Zuschüssen erwirtschaftet werden können. Allerdings könne man die Kulturlandschaft nur dann sinnvoll erhalten, wenn nicht nur die Landwirte mitziehen, sondern auch die Verbraucher, indem sie etwa regionale Schorle aus Obst von Streuobstwiesen trinken. Aber gerade da scheint es mitunter zu hapern. Der Verbraucher plädiere zwar oft für regionale und ökologisch erzeugte Produkte, sagte Moderator und KLB-Bildungsreferent Wolfgang Meyer zu Brickwedde. Aber an der Kasse „sieht es oft anders aus“. Von guten Erfahrungen mit seinen Kunden berichtete dagegen ein Biolandwirt, der seine Produkte selbst vermarktet.

Auf die Bedeutung von Kontakten zwischen Erzeugern und Verbrauchern wies auch Anja Eyrisch von der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB) Würzburg hin. Die gebe es heute aber kaum noch. Bauern dürften jedoch keine anonyme Gruppe sein. Sie plädierte dafür, die Höfe zu öffnen und in die Schulen zu gehen. In dieser Einschätzung wurde sie auch von einigen Zuhörern unterstützt, die forderten, die Verbraucher besser über die Situation von Landwirten aufzuklären.

„Wir sind auf dem Weg“, gab sich Meyer zu Brickwedde zuversichtlich. Es gelte, mehr miteinander ins Gespräch zu kommen. Lebensmittelproduktion und die Pflege der Kulturlandschaft mit mehr Lebensräumen für Tiere und Pflanzen ließen sich nur im Konsens von Landwirten und Bevölkerung bewerkstelligen. Ein Beispiel dafür nannte Thiele. Am Thünen-Institut würden Bauern verstärkt in die Arbeit mit einbezogen, „damit wir nur fördern, was auch funktioniert“. Zu kleinen Schritten gemeinsam mit den Landwirten riet Metz, der damit gute Erfahrungen in seiner Beratungstätigkeit gemacht hat. Auch Schmidt sagte: „Wir brauchen ganzheitliches Denken und es ist sehr wichtig, dass wir uns gegenseitig zuhören.“ In diesem Zusammenhang wurde im Publikum die Forderung artikuliert, auch Bischof Dr. Franz Jung möge sich an diesem Gespräch beteiligen.

Der Gesprächsabend wurde von der Katholischen Landvolkbewegung (KLB) Würzburg in Kooperation mit der KLJB Würzburg und dem Lernwerk Volkersberg veranstaltet. Die Federführung hatte der KLB-Arbeitskreis „Land“. Dessen Vorsitzender Stefan Oppmann betonte, dass es auch in der Landwirtschaft nicht nur um Preise und Produkte gehe, sondern vor allem um die Menschen. Vor der Veranstaltung fand in der Wallfahrtskirche eine Wort-Gottes-Feier mit Landvolkseelsorger Wolfgang Scharl statt.

ws (POW)

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