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Reportage

„Es gibt Dinge, die brauchen ihre Zeit“

Ganzheitlich einstimmen auf den Advent: Ein Vormittag in der Klosterbrauerei Schönau

Kloster Schönau (POW) Der erdig-würzige Duft des im warmen Brauwasser ziehenden Malzes liegt in der Luft, dazu das summende Geräusch eines Gasbrenners und das leise Motorbrummen des Rührwerks, das dafür sorgt, dass nichts anbrennt. Es ist Brautag im Kloster Schönau (Landkreis Main-Spessart). Seit dem Ende der Morgenmesse ist Franziskaner-Minorit Bruder Tobias Matheis (53), Braumeister in der „kleinsten Klosterbrauerei Deutschlands“, wie es ein Schild am Eingang zur Brauerei ausweist, am Werk. Bis Weihnachten soll das Bier, das gerade entsteht, ausgereift und damit zum Trinken fertig sein.

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Seit 2007 braut der gelernte Krankenpfleger für den Eigenbedarf seiner Gemeinschaft. Den Kurs, bei dem er die Grundlagen lernte, bekam er seinerzeit vom Team der Würzburger Bahnhofsmission geschenkt. Auch die heutige Ausstattung seiner Brauerei setzt sich zu weiten Teilen aus Spenden oder anderswo ausgemusterten Teilen zusammen. „Die Kühlzelle zum Beispiel, die ich für das untergärige Brauen brauche, wurde beim Umbau des Würzburger Klosters nicht mehr benötigt. Die Spüle war früher in der Küche der Erlöserschwestern in Betrieb“, erzählt er.

Bereits am Vorabend hat Matheis die rund zehn Kilogramm verschiedener Malzsorten im Dachgeschoss über der Braustube abgewogen, die früher zum Keltern von Obst genutzt wurde. In luftdichten Gefäßen lagern dort unter anderem Pilsner, Wiener, Münchener und Caramalz. Wie die übrigen Brauzutaten auch, bezieht er diese über seinen Freund Frank Engelhardt, Besitzer der „Seinsheimer Kellerbräu“. Wie viel von welcher Sorte in sein Bier kommt, verrät er nicht. „Klostergeheimnis.“ Dort, wo früher die Backstube war, steht die elektrische Malzmühle. Innerhalb weniger Minuten wird aus den Malzkörnern so das Schrot für das Brauen. Der Ordensmann ist ganz in die Arbeit vertieft. Es wirkt, als wenn die Arbeit für ihn auch Gebet ist. Wie zum Beweis nimmt er ein noch unvermahlenes Malzkorn in die Hand und sagt: „Selbst dieses Korn ist noch nicht vollständig erforscht.“

Wenig verwunderlich, dass Matheis, der erst seit 2020 im Kloster Schönau lebt, Kurse zum Thema „Bier und Spiritualität“ anbietet. Im Kloster Schwarzenberg, wo der gebürtige Pfälzer zuvor beheimatet war, veranstaltete er beispielsweise Wochenenden zum Thema „Bibel, Bier und Begegnung“. „So etwas in der Art kann ich mir auch gut für hier vorstellen“, sagt er. Wenn man ein Bier im Glas vor sich habe, müsse man nur hindurchschauen, um zu verstehen: Da steckt mehr dahinter.

In diesem Augenblick tritt Guardian Steffen Behr durch die Tür des Nebengebäudes ein. Der 43-Jährige ist der jüngste der insgesamt fünf Minoriten im Kloster. Er berichtet, dass die Ordensbrüder ihr Kloster stärker zu einem spirituellen Ort mit franziskanischem Akzent im Pastoralen Raum Gemünden ausbauen möchten. Für Jugendliche solle es dort franziskanische Angebote geben, geplant seien auch Bibelkurse. Zudem solle der historische Nonnenpfad von Rieneck nach Schönau reaktiviert werden. „Im Advent gibt es an den Freitagen, 4., 11. und 18. Dezember, jeweils um 18 Uhr Adventsandachten mit adventlichen Texten und besinnlicher Musik.“ Dabei würden Spenden für die Innenrenovierung der Klosterkirche gesammelt , die im kommenden Jahr beginnen soll, erzählt der Guardian.

Der Piepton des Digitalthermometers unterbricht das Gespräch. Die Maische, also das erwärmte Gemisch aus Wasser und geschrotetem Malz, hat die Temperatur für die Verzuckerungsrast erreicht. „Für die verschiedenen Enzyme im Malz gibt es jeweils optimale Wirkungstemperaturen. Eine sorgt dafür, dass das Eiweiß gespalten wird, eine für vergärbaren Zucker, und diese jetzt dafür, dass das Bier einen malzigen Geschmack bekommt“, erklärt Matheis.

In einem Einkocher hat er zwei große Einmachgläser sterilisiert. In diesen wird später ein Teil der so genannten Würze, der aus dem Malz gewonnenen Zuckerlösung, aufbewahrt. Als „Speise“ wird diese dem Jungbier nach der Hauptgärung zugesetzt und sorgt dann bei der Nachgärung in der Flasche dafür, dass das Bier die für die Spritzigkeit notwendige Kohlensäure bekommt.

Mehr als eine halbe Stunde ist seit dem Piepen des Thermometers vergangen. Matheis entnimmt einen Esslöffel aus dem Topf und mischt die Flüssigkeit mit einem Tropfen aus einem braunen Fläschchen. „Die Jodprobe zeigt: Die gesamte Stärke ist in Zucker umgewandelt. Jetzt wird abgeläutert“, sagt der Braumeister. Aus dem großen Kugelhahn lässt er die heiße Maische in einen Edelstahleimer laufen und kippt diesen in den Läuterbottich. Mit einer großen Kelle schöpft er zum Schluss das verbliebene Malz-Wasser-Gemisch in den Behälter mit einem feinen Spaltboden um. Gut eine halbe Stunde lang darf sich alles setzen, dann kurbelt Matheis das Gefäß in der fahrbaren Konstruktion nach oben, öffnet den Hahn an der Unterseite des Läuterbottichs und lässt die Würze in den zuvor gereinigten Maischetopf zurücklaufen. Gemütlich plätschert es vor sich hin.

In der Zwischenzeit wiegt Matheis mit einer Digitalwaage den Hopfen ab. Pellets aus den Anbaugebieten Tettnang und Spalt wird er, sobald die Würze kocht, zu verschiedenen Zeitpunkten hinzufügen. Ziemlich zu Beginn für die Bitterung, zu späteren Zeitpunkten für das Aroma. Nachdem die Flamme ausgeschaltet ist, versetzt er die Würze mit dem Braupaddel in Rotation. „Alle Trübstoffe setzen sich mit der Zeit am Boden des Topfs in Form eines Kegels ab. Dann kann ich die Würze in das Gärfass umfüllen.“

Bevor dort die Hefe dazukommt, muss die heiße Würze aber auf Anstelltemperatur heruntergekühlt werden. Der Braumeister hat dafür eine Kühlspirale, durch die kaltes Wasser fließt. Der Reporter muss weiterziehen, bevor mit dem so genannten Anstellen der Hefe der Brautag abgeschlossen ist. Zum Abschied bekommt er vom brauenden Franziskanerbruder noch einen Rat, der auch auf den Advent passt, mit auf den Weg. „Ein Ding, das das Brauen lehrt, ist: Es gibt Dinge, die brauchen einfach ihre Zeit.“

Markus Hauck (POW)

(4920/1234; E-Mail voraus)

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