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Es gibt keine hoffnungslosen Fälle

Predigt von Bischof em. Dr. Paul-Werner Scheele am Sonntag, 22. Januar 2006, beim Patrozinium der Pfarrei Sankt Sebastian in Mürsbach, Dekanat Ebern

Unser Patron

Wenn wir heute das Patrozinium der Pfarrei Mürsbach feiern, dann steht Sebastian vor uns, wie wir ihn von Bildern und Figuren kennen: als der tapfere Mann, der von Pfeilen durchbohrt wird. Gewiss ist sein Martyrium der Höhepunkt seines Lebens, die Vollendung der Nachfolge Christi bis in den Tod hinein. Wir sollten darüber nicht vergessen, was uns sonst noch von diesem großen Heiligen überliefert wird. Das ist zum einen sein Einsatz für die Armen und besonders für die Gefangenen; zum andern das Zeugnis der Hoffnung, das er nicht erst in seiner Todesstunde gegeben hat. Es wird berichtet, dass er zwei Glaubensbrüdern besondere Hilfe geschenkt hat als deren Eltern und Verwandte diese zum Abfall vom Glauben bewegen wollten, um ihr Leben zu retten. Sebastian stärkte sie im Sinne der Worte Jesu, die wir eben gehört haben: „Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können“ (Mt 10,28). Dass er bei seiner Hilfe Erfolg hatte gilt als Anlass seiner Verhaftung. Kaiser Diokletian zieht ihn persönlich zur Verantwortung. Der Herrscher wirft ihm vor, er habe ihm vertraut und erfahre nun, dass er gegen ihn und gegen die Götter handle. Sebastian macht geltend, dass er sich im Gegenteil für den Kaiser und für das römische Reich eingesetzt hat. Im Glauben weiß er, was wir in der ersten Lesung gehört haben: Christus, der Herr, ist bei ihm. Er ist in seinem Herzen. Ihm hält er die Treue; ihn hält er heilig (1 Petr 3,15). Sebastian ist bereit, für ihn und mit ihm den Tod zu erleiden. Als Offizier wird Sebastian standrechtlich erschossen. Von vielen Pfeilen getroffen bricht er zusammen. Als der Todgeglaubte nochmals zu Kräften kommt, versteckt er sich nicht. Er ist bereit, selbst den Kaiser, der ihn zum Tod verurteilt hat, vor dem ewigen Tod zu retten. Er redet ihm ins Gewissen: „Lass ab von der Verfolgung, du zwingst Christus nicht!“ Diokletian bleibt hart. Er lässt Sebastian von Sklaven erschlagen. Auch damit hat er Christus nicht besiegt. Der Herr nimmt seinen treuen Diener auf in seine himmlische Herrlichkeit. Den Namen des Kaisers kennen heute nur noch Geschichtsexperten; Sebastian ist in aller Welt bekannt. Viele haben seine Hilfe erfahren. Viele verehren ihn. Er kann uns auch heute noch helfen. Er kann uns und der Welt etwas vermitteln, was wir alle unbedingt brauchen. Er kann Hoffnung geben. Das ist in unserer Zeit besonders wichtig, da viele keine rechte Hoffnung mehr haben.

Unsere Not

Zurecht kann man sagen: „Was der Sauerstoff für die Lunge, das bedeutet die Hoffnung für die menschliche Existenz. Nimm den Sauerstoff weg, so tritt der Tod durch Ersticken ein. Nimm die Hoffnung weg, so kommt die Atemnot über den Menschen, die Verzweiflung heißt, die Lähmung der seelisch- geistigen Spannkraft durch ein Gefühl der Nichtigkeit, der Sinnlosigkeit des Lebens. Der Vorrat an Sauerstoff entscheidet über das Schicksal der Organismen, der Vorrat an Hoffnung entscheidet über das Schicksal der Menschheit“ (E. Brunner, Das Ewige als Zukunft und Gegenwart, München u. Hamburg 1965, 7). In dieser Situation ruft uns die Festlesung zum Einsatz für die Hoffnung auf. Der Apostel sagt uns: „Seit stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt“ (1 Petr 3,15). Für ihn ist klar: Der Christ kann in einer unzerstörbaren Hoffnung leben. Sie ist so stark, dass sie ihn erfüllt. An dieser Fülle soll er andere teilhaben lassen. Wir müssen alles tun, dass wir die Hoffnungsgnade empfangen, bezeugen und vermitteln.

Unsere Hoffnung

Manchmal versuchen Menschen angesichts einer aussichtslos erscheinenden Situation zu sagen: „Wir wollen das Beste hoffen.“ Oft ist das mehr ein Ausdruck der Hoffnungslosigkeit als der Zuversicht. Tatsächlich können wir das Beste hoffen, weil wir auf den Besten vertrauen können: auf unsern Herrn und Bruder Jesus Christus. Wenn wir nur wollen lebt und wirkt er in uns. Er will uns nicht nur von außen helfen, nicht nur in Notfällen uns entgegenkommen. Er will selber unser innerstes Leben sein, unzerstörbares Leben. In unserer Festtagslesung heißt es: „Lasst euch nicht erschrecken, sondern haltet in eurem Herzen Christus, den Herrn, heilig!“ (1 Petr 3,15). Der Herr erfüllt die apostolische Bitte: „Durch den Glauben wohne Christus in eurem Herzen“ ( Eph 3,17). Der Sohn Gottes geht in seiner Menschwerdung so weit, dass er es nicht bei seinem Leben in Galiläa und Judäa belassen will, er will in allen leben, die ihm Glauben schenken. Wenn sich einer ihm anvertraut, dann vertraut er sich diesem an. Er wird mit dem Glaubenden ein Herz und eine Seele. Ohne Abstriche gilt: „Wer den Sohn hat, hat das Leben“ (1 Joh 5,12). An uns liegt es, dass wir ihn in unser Leben aufnehmen; dass wir im Kontakt mit ihm stehen; dass wir ihn ehren, dass wir ihn heilig halten. Aus unserem Innersten heraus will der Herr wahr machen, was Gott durch den Propheten verheißen hat: „Ich will euch eine Zukunft und eine Hoffnung geben“ (Jer 29,11).

Das müssen wir weitersagen, das müssen wir weitergeben! Wir dürfen den lebensspendenden Sauerstoff Hoffnung nicht für uns behalten. Wir schulden ihn unseren Mitmenschen, die ohne die rechte Hoffnung dahinvegetieren. Dazu gehört gemäß unserer Lesung, dass wir dem, der nach unserer Hoffnung fragt, Rede und Antwort stehen. Das soll „bescheiden und ehrfürchtig“ geschehen (1 Petr 3,16). Wir haben allen Grund zur Bescheidenheit, denn wir verdanken die Hoffnung nicht unserer eigenen Leistung. Sie ist nicht ein Produkt unserer Tüchtigkeit, sie ist ein unverdientes Geschenk der Gnade Gottes. Wir schulden überdies allen unseren Menschen Ehrfurcht. Sie alle sind Kinder Gottes, für alle hat unser Herr sein Leben hingegeben. In allen will er sein Leben leben. Für den Herrn gibt es keine hoffnungslosen Fälle; auch für uns sollte es sie nicht geben, so schwer das manchmal erscheinen mag.

Der heilige Sebastian sagt uns durch sein Leben und Sterben: „Fürchtet euch nicht!“ Dreimal haben wir das heute gehört: einmal in der Lesung und zweimal aus dem Mund Jesu im Evangelium. Selbst wenn unser Leben bedroht ist, brauchen wir uns nicht zu fürchten. Der Herr selber sagt uns: „Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können“ (Mt 10,28). Die Seele bleibt und der Herr will in ihr bleiben. Das ist die unzerstörbare Hoffnung, die uns geschenkt wird. Das ist die Botschaft des heiligen Sebastian.

Bitte für uns heiliger Sebastian, dass wir würdig werden der Verheißungen Christi; bitte für uns, dass wir im Herrn das Beste hoffen und mit ihm das Beste tun. Amen.

(0406/0128; E-Mail voraus)