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„Es ging um alle Glieder der Kirche“

Interview mit Bischof em. Dr. Paul-Werner Scheele zum zehnten Jahrestag des Pastoralen Dialogs „Wir sind Kirche – Wege suchen im Gespräch“

Würzburg (POW) „Blick zurück nach vorn“ ist der Diözesantag am Samstag, 25. November, in Würzburg überschrieben, der das zehnte Jubiläum des Pastoralen Dialogs „Wir sind Kirche – Wege suchen im Gespräch“ aufgreift. In folgendem Interview blickt Bischof em. Dr. Paul-Werner Scheele auf den Dialogprozess zurück und zieht eine Bilanz.

POW: Der Pastorale Dialog „Wir sind Kirche – Wege suchen im Gespräch“ blickt am 25. November 2006 auf zehn Jahre zurück. Was hat Sie Anfang der 90er Jahre bewogen, diesen Prozess im Bistum Würzburg zu initiieren?

Bischof em. Paul-Werner Scheele: Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil und nach der Würzburger Synode galt es, die sich von ihnen her ergebenden Chancen wahrzunehmen und sich zugleich den Problemen zu stellen, denen man auf Schritt und Tritt begegnete. Da dies nur gelingt, wenn möglichst viele mithelfen, sollten möglichst viele angesprochen und um ihren Beitrag gebeten werden. Dazu mussten Methoden gefunden werden, die bis dahin unbekannt oder unüblich waren.

POW: Welche Schritte waren Ihnen beim Wegesuchen besonders wichtig?

Bischof Scheele: Der erste Schritt galt allen Mitchristen. Alle, auch die Fernstehenden wurden gefragt, wie sie die Kirche sehen. Daher wurden nicht programmierte Fragen gestellt, sondern allgemein wurde formuliert: „Was freut mich und gibt mir Hoffnung? Was macht mir Sorge oder Angst?“ Jeder sollte seine Erfahrungen und Erkenntnisse freimütig einbringen. Ein weiterer Schritt war die erste Auswertung der zahlreich eingegangenen Antworten. Es wurde versucht, die wichtigsten Aufgaben, die genannt wurden, gezielt anzugehen. Das ist in mehreren Phasen geschehen. Dabei wurde wiederholt die Rückkoppelung an die Basis angestrebt. Jeder konnte sich darüber informieren lassen, was im Blick auf die Themen, die ihn bewegten, unternommen wurde. Ein weiterer Schritt war es, den Diözesanpastoralrat mit der Prüfung der Texte, die in einzelnen Arbeitsgruppen erstellt wurden, zu betrauen. Bei jedem Entwurf wurden zwei Lesungen durchgeführt, bevor es zu einer endgültigen Annahme kam.

POW: „Wir sind Kirche“ ist heute durch eine bestimmte Gruppe besetzt. Warum hat man sich damals für dieses Motto entschieden?

Bischof Scheele: In der Vorbereitungsphase wurden mehrere Gremien in die Themen- und Zielsuche einbezogen. Unter den verschiedenen Vorschlägen fand die Formulierung: „Wir sind Kirche – Wege suchen im Gespräch“ bei einer Vollversammlung des Diözesanrates in Aschaffenburg die größte Zustimmung. Ich habe sie mir gerne zu Eigen gemacht. Die Worte „Wir sind Kirche“ bezeichnen die Basis für den Prozess: Es ging um alle Glieder der Kirche. Alle sind für die Gesamtkirche mitverantwortlich; alle wurden eingeladen, ihren persönlichen Beitrag zu leisten; alle sollten sich möglichst im offenen Dialog auf die Wegsuche machen.

POW: Mehrere deutsche Bistümer haben in dieser Zeit synodale Prozesse im Nachklang zur Würzburger Synode durchgeführt. Was war das Besondere am Würzburger „Pastoralen Dialog“?

Bischof Scheele: Bei Synoden ist die Zahl der Mitglieder notwendigerweise begrenzt. Bei unserem Prozess wurde keiner ausgeschlossen. Durch die erste Befragung und durch die verschiedenen Möglichkeiten, Interessierte weiterhin über den Fortgang des Dialogs zu informieren, war die Zahl der am Prozess Beteiligten so groß wie es bei einer Synode nicht der Fall ist. Überdies wurde kein neues Gremium geschaffen; vielmehr wurden die vorhandenen Gremien verantwortlich in den Prozess einbezogen. Dabei fielen dem Diözesanpastoralrat die meisten und die wichtigsten Aufgaben zu. Er hat in den Jahren des Prozesses Außerordentliches geleistet.

POW: Wo waren Sie besonders gefordert?

Bischof Scheele: Als Bischof war ich in den verschiedenen Gremien tätig, die zum Wegesuchen beigetragen haben. Insbesondere habe ich an den vielen Sitzungen des Pastoralrates teilgenommen. Es war nicht immer leicht, die dazu nötige Zeit zu finden.

POW: Am 23. November 1996 fand das Projekt seinen zentralen Höhepunkt oder – wie Sie betonen – seinen „Doppelpunkt“: Wie haben Sie den Tag erlebt?

Bischof Scheele: Am 23. November 1996 konnten wir ein Erntedankfest feiern: Beim Wegesuchen haben wir eine reiche Ernte machen können, für die wir Gott und allen Beteiligten Dank schuldeten. Bei diesem Fest sollten die Ergebnisse dem Bistum unterbreitet werden. Viele haben sich engagiert, dass dies in einer originellen Weise geschehen konnte. Zugleich sollte das Geerntete als Saatgut dem Boden der Diözese anvertraut werden. Alle 23 Beschlusstexte fordern zum konkreten Handeln auf. Deshalb war das Erntedankfest keine Abschlussveranstaltung. Es war nicht als Schlusspunkt gedacht, sondern als Doppelpunkt. In meiner zusammenfassenden Orientierungshilfe schrieb ich im Vorwort: „Nun kommt es darauf an, das Erkannte in die Tat umzusetzen. Dem Wege-Suchen muss das Wege-Gehen folgen.“

POW: Was sollte von dieser Veranstaltung ausgehen?

Bischof Scheele: Zusammen mit den Informationen über die Gesprächsergebnisse sollten Handlungsimpulse ausgehen. Wie beim Dialog kommt es auch bei der Verwirklichung des Erkannten auf den Einsatz möglichst vieler an.

POW: Welche Wege konnten in den Jahren nach 1996 in Folge des Dialogprozesses gegangen werden?

Bischof Scheele: Zunächst ist festzuhalten, dass es um eine Vielzahl von Wegen ging und nicht nur um das eine oder andere „heiße Eisen“ beziehungsweise um notwendige Neustrukturierungen der Pastoral und der Gemeinden. Wo immer die jeweils für besondere Aufgaben Verantwortlichen vorangegangen sind, ging es mit dem gesamten Erneuerungsprogramm vorwärts. Besonders ins Auge fiel die Aktion „Familie bärenstark“, die sich auf die Aufgabe konzentrierte, die während des Wegesuchens die größte Aufmerksamkeit gefunden hat. Den caritativen und sozialen Aufgaben wurde eine größere Veranstaltung gewidmet, zu der die verschiedensten Gremien und Gemeinschaften eingeladen waren.

POW: Welche Gesamtbilanz des „Pastoralen Dialogs“ ziehen Sie zehn Jahre nach dem „Doppelpunkt“?

Bischof Scheele: 1996 konnte lediglich eine „Zwischenbilanz“ gezogen werden; auch zehn Jahre später ist viel mehr noch nicht möglich. Der angestoßene Prozess ist noch längst nicht zu Ende. In etlichen Bereichen wurden erfreuliche Fortschritte erzielt, zum Beispiel in der Gemeindekatechese und insgesamt in der kooperativen Pastoral. Eines der wichtigsten Ergebnisse lässt sich nicht messen und darum nicht vorzeigen: das ist das erneuerte Bewusstsein, dass wir als Glieder der Kirche zusammengehören, füreinander da sind und miteinander verpflichtet sind, nach Kräften zu helfen, wo immer Hilfe nötig ist.

(4606/1635)