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„Es lohnt sich, über Echter und seine Zeit nachzudenken“

Professor Dr. Wolfgang Weiß über die Ergebnisse der wissenschaftlichen Tagungen zu Fürstbischof Julius Echter – „Zweifelsfrei eine entscheidende Persönlichkeit für Mainfranken“

Würzburg (POW) Das Interesse an Fürstbischof Julius Echter (1573-1617) ist ungebrochen. Die Tagung „Fürstbischof Julius Echter – verehrt, verflucht, verkannt?“ im Frühjahr wie auch das Kolloquium „Fürstbischof Julius Echter und die Stadt Würzburg“ im November zogen weit mehr Interessierte an als von den Veranstaltern erwartet. Im folgenden Interview erläutert Professor Dr. Wolfgang Weiß, Kirchenhistoriker an der Universität Würzburg und Vorsitzender des Würzburger Diözesangeschichtsvereins, wie Echter das Bistum und Hochstift Würzburg geprägt hat und was bislang über die Persönlichkeit Echters bekannt ist.

POW: Das Kolloquium „Fürstbischof Julius Echter und die Stadt Würzburg“ konzentrierte sich auf das Wirken Echters in Würzburg. Warum?

Professor Dr. Wolfgang Weiß: Das Kolloquium befasste sich mit dem Ausbau Würzburgs zu einer frühneuzeitlichen Residenzstadt unter dem Zeichen eines frühabsolutistischen Herrschaftsverständnisses. Echter hat neben der Residenzstadt auch die ländlichen Amtsstädte, zum Beispiel Gerolzhofen, ganz bewusst als Orte der Repräsentation und des fürstlichen Selbstbewusstseins gestaltet. In Würzburg hat er große Baumaßnahmen wie die (Alte) Universität oder das Juliusspital realisiert. Auch das heutige Bischofshaus (Hof Conti) stammt aus der Echter-Zeit. Sankt Gertraud in der Pleich und die Schottenkirche, heute Don Bosco, besitzen sogenannte Echter-Türme. Echter hat die Festung Marienberg zu einem Renaissance-Schloss ausgebaut und militärisch aufgerüstet. Sie benötigte im westlichen Teil eine Bastion gegen militärische Vorstöße mit Artillerie. Die Michaels-Statue über dem Echter-Tor symbolisiert – katholische – Abwehrbereitschaft, sie versinnbildlicht aber auch der Welt, dass sie dem göttlichen Gericht unterworfen ist. Echter hat also Würzburg ganz konkret und nachhaltig geprägt.

POW: Welche Situation hatte Echter nach seiner Ernennung zum Fürstbischof vorgefunden und wie ging er damit um?

Weiß: Viele katholische Feste, Traditionen und Symbole waren weitgehend aus dem Bewusstsein der Bevölkerung verschwunden. Sie schienen infolge des reformatorischen Einflusses überholt. Auch Bischöfe und Klerus förderten diese nicht. Das lag auch daran, dass es keinen bewusst katholisch ausgebildeten Klerus gab. Konkubinat war sehr verbreitet. Es fehlte an vielem, so auch an Büchern für die Liturgie und das geistliche Leben. Echter hat dafür gesorgt, dass sich die katholische Seelsorge, die katholische Liturgie und das Frömmigkeitsleben mit Prozessionen und Wallfahrten wieder entwickelten. Er visitierte regelmäßig die Geistlichen und ließ alle wichtigen Bücher drucken, die in den Pfarreien gebraucht wurden. Er baute den Geistlichen Rat zur Fachbehörde aus und besaß damit ein schlagkräftiges Instrument für die kirchliche Erneuerung. 1589 erließ er eine Kirchenordnung, in der dar- und festgelegt war, welche Feste, Handlungen und Symbole zum katholischen Glauben gehören, zum Beispiel die Spendung des Aschenkreuzes oder die Feierlichkeiten an Palmsonntag. Er sorgte für eine Wiederbelebung der großen Wallfahrtsziele Walldürn, Dettelbach und Kreuzberg. Echter hat damit die blühende Volksfrömmigkeit der Barockzeit vorbereitet. Mit der Wiederbelebung der Wallfahrt auf den Kreuzberg erinnerte er zugleich an die Mission der Frankenapostel Kilian, Kolonat und Totnan. Echter sah sich selbst als einen zweiten Kilian, der den Glauben in Franken wieder aufrichtet.

POW: War Echter wirklich der unumschränkte Alleinherrscher, als den man ihn sich heute vorstellt?

Weiß: Julius Echter wird in der Regel als Akteur gesehen. Aber in der Wirklichkeit war es oft viel komplizierter. Die neuere Absolutismusforschung hat generell herausgearbeitet, dass der Landesherr meist nicht so selbstständig agieren konnte, wie er hoffte und als Staatsdoktrin ausgab. Auch der Würzburger Stadtrat wusste sich zu helfen, um gegenüber Echter nicht unterzugehen. Echter wollte beispielsweise die Spitäler ursprünglich für alle Menschen öffnen, nicht nur für die Einheimischen mit Bürgerrechten. Er wollte die Situation aller Armen verbessern. Ein solches allgemeines Fürsorgewesen wäre ein Fortschritt gewesen. Doch seine Pläne wurden von den Bürgern nicht mitgetragen. Für sie war der Nächste der Mitbürger, der Nachbar – aber nicht der Fremde von außerhalb. Sie hatten vor allem ihre eigene Situation vor Augen. Die Bürger haben sich schließlich sogar durchgesetzt und spätestens nach Echter herrschte wieder die Situation, dass die Stadtbürger bevorzugt wurden.

POW: Bei der Vertreibung der Protestanten aus Würzburg aber war Echter durchaus erfolgreich.

Weiß: Im Horizont seiner Zeit und seiner Absichten kann man dies so sagen. Bei einer Visitation zu Beginn seiner Maßnahmen zur Rekatholisierung im Jahr 1587 zählte Echter in Würzburg 600 Protestanten. Gemeint waren wohl eher Familien, denn bei den Zählungen wurden damals in erster Linie die Haushaltsvorstände erfasst. 73 entschieden sich, bei ihrem Glauben zu bleiben, und mussten die Stadt verlassen. Auch viele protestantische Ratsherren sind damals ausgeschieden. Zum Ende von Echters Amtszeit gab es in Würzburg offiziell keine Protestanten mehr. Es ist für uns heute kaum nachvollziehbar, dass die Homogenität des Untertanenverbands in der Frühen Neuzeit als eine unverzichtbare Grundlage des staatlichen und kommunalen Zusammenlebens galt. Sie wurde als ein Ideal angesehen. Andere Konfessionen hatten darin keinen Platz. Es war insgesamt eine rigide Zeit. Unsere heutigen Vorstellungen von Toleranz und gesellschaftlicher Offenheit waren damals den Menschen fremd, wurden als gefährlich oder sogar als unvernünftig betrachtet.

POW: Was weiß die aktuelle Forschung über den Menschen Julius Echter?

Weiß: Diese Frage ist immer noch am schwierigsten zu beantworten. Wir wissen sehr wenig Persönliches über Echter. Es gibt kein Tagebuch und praktisch keine persönlichen Briefe. Er galt als eher zurückgezogener Mensch. Wenn man Bilder von ihm ansieht, hat man den Eindruck eines eher ernsten Charakters. Die einen sagen, er war skrupellos, die anderen sagen, er war ein Skrupulant. Man muss vorsichtig sein, wenn man solche Urteile ausspricht. Vom französischen König Ludwig XIII. (1601-1643) ist überliefert: „Ich wäre kein König, leistete ich mir die Empfindungen eines Privatmanns.“ Das ist eine durchaus typische Haltung für dieses Zeitalter.

POW: Was ist Ihr persönlicher Eindruck nach den beiden wissenschaftlichen Tagungen?

Weiß: Echter ist zweifelsfrei eine entscheidende Persönlichkeit für Mainfranken. Sein Wirken hat bis in die Gegenwart deutliche Spuren hinterlassen. Aber er scheidet die Geister. Seine Epoche folgt doch in vieler Hinsicht anderen Kriterien als die unsere. Er fasziniert und irritiert. Als Historiker habe ich in diesem Zusammenhang, vielleicht auch etwas flapsig, einmal formuliert: Wir müssen Echter keinen roten Teppich ausrollen – aber wir müssen uns auch nicht seinetwegen schämen. Ein wichtiger Bischof und Landesherr bleibt er aber allemal, und es lohnt sich, über ihn und seine Zeit nachzudenken.

sti (POW)

(5116/1395; E-Mail voraus)

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