Würzburg/Marktheidenfeld (POW) Michael Kroschewski (43), Gymnasiallehrer aus Marktheidenfeld, ist neuer Vorsitzender des Familienbunds der Katholiken im Bistum Würzburg. In folgendem Interview spricht er über die Arbeit des Familienbunds, die Herausforderungen moderner Familien und über eine erste Idee für seine Arbeit.
POW: Was hat Sie motiviert, den Vorsitz des Familienbunds zu übernehmen?
Kroschewski: Zum einen haben mich die Menschen motiviert, die in der Leitung schon mitarbeiten: So wie ich sie kennen gelernt habe, erhoffe ich mir eine intensive und anstrengende, aber vor allem auch effektive und befriedigende Zusammenarbeit. Zum anderen sind es die Themen, für die der Familienbund steht. „Familie“ scheint in den vergangenen Jahren eine Art Megathema geworden zu sein – aber sehr einseitig unter ökonomischen und demographischen Gesichtspunkten. Das Engagement des Familienbunds Würzburg für Kommunikationsfähigkeit bei Paaren, für ein fundiertes Erziehungsverständnis und für Familien mit behinderten Kindern mit der Internetplattform www.intakt.info sowie das politische Engagement für die Anerkennung der gesellschaftlichen Leistung, die Familien erbringen: All das ist meiner Ansicht nach absolut wichtig und richtig. Ich bin überzeugt, dass ich mich in diesem Aufgabenspektrum mit meinen Fähigkeiten gut einbringen kann.
POW: Was möchten Sie als neuer Vorsitzender für die Familien im Bistum Würzburg tun?
Kroschewski: Zunächst möchte ich das aufgreifen, was schon geleistet wird, und an der Weiterqualifizierung der Angebote mitarbeiten. Weiter will ich mit dafür sorgen, dass diese hochqualifizierte Arbeit in der Öffentlichkeit mehr Resonanz findet, sei es dass die Fördermöglichkeiten für Familien bekannter werden oder dass die Stimme des Familienbunds im politischen Willensbildungsprozess hörbarer wird. Außerdem werde ich versuchen, die Ressourcen des Familienbunds dort auszuweiten, wo es nötig ist: Die Nachfrage der Angebote zeigt, dass für die Familien im Bistum eine weitere Ausweitung nötig wäre. Das scheitert im Moment aber daran, dass die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter wohl an ihre Grenzen geraten.
POW: Was ist das Katholische am Familienbund der Katholiken?
Kroschewski: Eine Bemerkung vorweg: Familien sind ein natürlicher Ort von Religion und Spiritualität. Die Fragen der Kinder richten sich nicht nach dem Glaubensbekenntnis der Eltern. Insofern ist es meiner Ansicht nach gut und wichtig, dass ein Familienverband sich bewusst der religiösen Dimension stellt und Antworten zu geben versucht. Im Familienbund werden alle Angebote daraufhin überprüft, ob sie eine ganzheitliche, eine lebensfördernde Grundlage haben – ob ihnen das christliche Menschenbild zugrunde liegt. Alle politischen Stellungnahmen beruhen auf einem christlichen Verständnis von Leben, Familie und Erziehung. Eltern können durch den Familienbund Hilfestellung finden, wenn sie sich bei Fragen ihrer Kinder im Bereich von Kirche und Glauben unsicher fühlen. Wallfahrten sind ein Teil des Ferienprogramms für Familien. Eine weitere Differenzierung nach der jeweiligen Konfession erscheint mir aber im Aufgabenbereich des Familienbunds nicht sinnvoll.
POW: Immer mehr Ehen zerbrechen nach kurzer Zeit, Kinder wachsen ohne Vater oder Mutter oder mit Stiefeltern auf. Wie versucht der Familienbund, sich dieser Realität zu stellen?
Kroschewski: Der Familienbund bietet unter anderem Gesprächskurse für Paare an – ein Baustein für bessere Kommunikationsfähigkeit und damit auch gegen diesen Trend. Die Angebote des Familienbunds richten sich nicht nur an die „klassische“ Familie, sondern an Menschen, die im Themenfeld Familie Unterstützung benötigen: Seine Aufgabe ist nicht die Bewertung der Familienform, sondern die konkrete Hilfestellung zum Beispiel bei Erziehungsfragen. Weiter muss er sich politisch dafür engagieren, dass zumindest die materielle Not von Kindern und Familien gelindert wird. Solange Familien ein erhöhtes Armutsrisiko tragen, solange über eine Million Kinder in Deutschland „Sozialhilfefälle“ sind, solange hat der Familienbund mehr Auftrag und Arbeit, als er zu leisten im Stande ist.
POW: Wiederverheiratete Geschiedene fühlen sich von der Kirche im Stich gelassen. Was sollte sich im Umgang der katholischen Kirche mit diesen Menschen ändern?
Kroschewski: Die klare Stellungnahme der Kirche für die Unauflöslichkeit der Ehe halte ich für richtig. Im konkreten Umgang mit Menschen, die – aus welchen Gründen auch immer – an diesem hohen Ideal scheitern, muss sich Seelsorge beweisen. Unter anderem hier können wir Christen zeigen, ob wir das Vorbild Jesu ernst nehmen: Sein Weg führte ihn immer wieder genau zu denen, die in irgendeiner Form „Gescheiterte“ waren. Pauschalurteile vom hohen Ross halte ich für verfehlt.
POW: Eine Mutter, die ihre Kinder zu Hause erziehen möchte, hat keine Chance auf einen Karrierejob. Sie sind verheiratet und haben vier Töchter – was raten Sie denen für die Zukunft? Kind oder Karriere?
Kroschewski: Eine flapsige Antwort wäre: Sucht Euch den richtigen Mann, mit dem ihr Kinder und Karriere teilen könnt! Vorsichtig würde ich antworten: Ich hoffe, dass meine Frau und ich unseren Töchtern genügend Bildung und Willensstärke mitgeben können, dass sie ihren eigenen Weg finden, gehen und verantworten können. Weder unsere Meinung noch der Mainstream ist für sie entscheidend. Und egoistisch würde ich sagen: Ich hoffe, dass ich nicht allzu lange darauf warten muss, Enkelkinder auf dem Schoß zu haben (lacht).
POW: Wie stellen Sie sich die Familie der Zukunft vor?
Kroschewski: Vielgestaltig. Ich denke, der Familienbegriff wird sich so ausweiten, dass sogar die heute fast schon altertümlich wirkende Mehrgenerationenfamilie wieder ihren Platz findet. Und die „klassische“ Familie wird meiner Ansicht nach ihren Wert behalten, auch wenn andere Formen des familiären Zusammenlebens hinzukommen werden.
POW: Was werden Sie in Ihrem Amt als erstes anpacken?
Kroschewski: Mein erster richtiger Termin führte mich in die Geschäftsstelle des Familienbunds. Ich will die Menschen kennen lernen, die für den Familienbund arbeiten und für die ich jetzt ein Stück Verantwortung übernommen habe. Auch brauche ich noch viele Informationen, um die Abläufe, Strukturen und die aktuellen Entscheidungsprozesse richtig verstehen zu können. Inhaltlich habe ich die Idee mitgebracht, familienfreundliche Angebote von Gaststätten, von Schwimmbädern, von Kommunen zu sammeln, zu bewerten und zu veröffentlichen. Eine Gaststätte, in der es ein Familiengericht zu einem angepassten Preis gibt und eine Familie eine große Flasche Limonade kaufen kann statt mehrerer teurerer Gläser, scheint mir erwähnenswert: Ich bin sicher, so könnte Wertschätzung für Kindern gezeigt und kleine Nöte gelindert werden. Ob und wie stark die Ressourcen vorhanden sind, diese Idee zu verfolgen, wird noch zu klären sein. Mögliche Bündnispartner und Unterstützer sind mir auf jeden Fall willkommen.
(4607/1554; E-Mail voraus)
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