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Feldpostbaum und Ausblasrohr

Zahlreiche Raritäten bei Ausstellung „Licht, das uns leuchtet“ in Marktbreit – Malerwinkelhaus zeigt Bräuche zur Advents- und Weihnachtszeit – Jüdische Tradition zum Fest Chanukka wird erklärt

Marktbreit (POW) Matt schimmert der Zuckerguss auf den Krapfen. Rings um den Tisch sitzt und steht die Familie versammelt und blickt auf den Kreisel. „n“, „g“, „h“ und „sh“ steht in hebräischen Lettern darauf geschrieben. Landet der Kreisel auf „g“, gehört dem Spieler der gesamte süße Jackpot, bei „h“ der halbe, bei „n“ nichts. Ein achtarmiger Leuchter spendet helles Kerzenlicht. Auch wenn die Familie nur aus Schaufensterpuppen besteht, wird dem Betrachter schnell klar: Hell und fröhlich geht es zu beim jüdischen Fest Chanukka. Gemeinsam mit den christlichen Bräuchen zur Advents- und Weihnachtszeit steht es im Mittelpunkt der Ausstellung „Licht, das uns leuchtet“. Noch bis 15. Januar präsentiert das Museum Malerwinkelhaus in Marktbreit die Sonderausstellung mit zahlreichen historischen Exponaten.

Darunter auch so manche ausgestorbene Rarität wie der Adventsbaum: An einem Nadelbaum hängen weinblattförmige Karten mit handgeschriebenen besinnlichen Texten. In zahlreichen evangelischen Haushalten durften die Kinder ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts täglich ein neues Spruchblatt am Baum befestigen und den Inhalt zur Vorbereitung auf das Weihnachtsfest auswendig lernen. „Langfristig hat sich der Adventsbaum aber nicht durchgesetzt. Die Konkurrenz des Christbaums war zu groß“, erklären Angelika Breunig und Gudrun Wirths, die viele Raritäten für die Ausstellung zusammengetragen haben.

Im Flur des Dachgeschosses zum Beispiel erwarten in Brokatgewändern drei Sternsinger die Besucher. Wenige Schritte weiter hält eine Vitrine „typisch Katholisches“ wie eine telefonbuchdicke „christkatholische Hauspostille“ mit bunten Heiligendarstellungen auf der Titelseite, eine große Marienstatue, daneben Rosenkranz und Weihwasserbecken bereit. Auf evangelischer Seite findet sich unter anderem eine historische Lutherbibel. In der „guten Stube“ herrscht wieder konfessionelle Einigkeit: Ein mit historischem Schmuck aus Papier und Glas verzierter Weihnachtsbaum steht im Eck neben dem Chaiselongue. Gleich mehrere Krippen zeigen das Geschehen der Heiligen Nacht: Unter anderem wetteifert eine bemooste Landschaft mit einer durch Kerzenlicht stimmungsvoll illuminierten Faltkrippe um die Aufmerksamkeit.

So also schmückte man vor rund hundert Jahren den Christbaum stilgerecht: mit Kerzenhaltern, deren Kontergewicht eine bildliche Darstellung war. Mal eine Walnuss, mal ein Stern, ein Weihnachtsengel – oder eben wieder ein ganzer Weihnachtsbaum mit Kerzen. Zum korrekten Anzünden hat ein deutscher Erfinder damals die vielseitig verwendbare Kombination „Anzünder und Ausblasrohr“ kreiert: Ineinander gesteckt wurde aus vielen kleinen Tonröhrchen entweder ein Halter für den Zündspan oder – ohne diesen – ein Werkzeug zum erfolgreichen Kerzenlöschen.

Auch an Zeiten, an denen die Weihnachtsbotschaft nach Möglichkeit nicht leuchten durfte, erinnert die Ausstellung. Sie präsentiert ein Heft „Frauen-Warte – die einzige parteiamtliche Frauenzeitschrift“ aus der Zeit der Nationalsozialisten. Darin wird unter anderem erklärt, wie sich Sonnenräder zur Verzierung des Weihnachtsbaumes herstellen lassen. Dagegen ging es im Ersten Weltkrieg noch ausgesprochen christlich zu: Das beweisen die original erhaltene Feldpost-Versandschachtel mit einem faltbaren Weihnachtsbaum und die Feldpostkarte, die sich als Krippe aufstellen lässt.

Auch der Nikolaus ist im „Kinderzimmer“ des Museums noch ganz ein Bischof und nicht die amerikanische Variante aus der alten Coca-Cola. Für brave Kinder hat er Äpfel, Nüsse und Mandelkerne auf den Teller gelegt, für die anderen liegt einen Schritt daneben die Rute bereit. Leckereien brachte früher nicht nur der Nikolaus: Essbares am Christbaum hat eine lange Tradition. In Franken fanden sich dort neben Äpfeln, Nüssen und Zuckerwaren auch essbare Motive aus „Anisbrodt“, einem Teig aus Zucker, Mehl, Eiern und Anis. In Formen gepresst und anschließend kunstvoll bemalt, entstanden daraus Kunstwerke wie der große Taler mit dem Motiv „Flucht aus Ägypten“.

Hinter jedem Türchen eine andere Szene aus der Bibel und dem religiösen Leben zeigt der Chanukka-Kalender, den das jüdische Museum aus New York zur Verfügung gestellt hat: Ganz wie beim christlichen Modell wird hier auf das Fest eingestimmt und die Wartezeit verkürzt. Unter anderem wird daran erinnert, dass nach dem Sieg des Judas Makkabäus über die Syrer im Jerusalemer Tempel der Legende nach nur noch ein Gefäß mit geweihtem Öl vorhanden war. Doch durch ein Wunder brannte das Öl für den siebenarmigen Leuchter acht Tage: genau die Zeit, die für die Herstellung neuen rituellen Öls notwendig war. Es ist genau diese Mischung von vielen interessanten Objekten und genau recherchierten Informationen, welche die Ausstellung „Licht, das uns leuchtet“ so stimmig macht.

Die Ausstellung „Licht, das uns leuchtet – Christliches Brauchtum zur Advents- und Weihnachtszeit und Jüdische Tradition zu Chanukka“ im Museum Malerwinkelhaus Marktbreit kann bis 15. Januar zu folgenden Öffnungszeiten besucht werden: Dienstag bis Freitag 10 bis 12 Uhr, Freitag, Samstag, Sonn- und Feiertage 14 bis 17 Uhr, andere Zeiten nur nach Vereinbarung. Informationen unter Telefon 09332/40546, Fax 09332/591597 (Touristinfo), E-Mail museum@marktbreit.de.

Hinweis: Am Mittwoch, 11. Januar, liest Dr. Roland Flade (Würzburg) um 20 Uhr aus seinen Büchern zum Thema „Alltag, Religion und Brauchtum in den jüdischen Gemeinden Unterfrankens“. Die Veranstaltung des Fördervereins für das Museum Malerwinkelhaus findet in der Rathausdiele Marktbreit statt.

Markus Hauck (POW)

(5005/1653)