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Fest der Menschenwürde

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann im Pontifikalamt am ersten Weihnachtsfeiertag, 25. Dezember, 10 Uhr, im Kiliansdom in Würzburg

Wer von Ihnen schon einmal in Bethlehem war, erinnert sich sicherlich an den silbernen Stern in der mit Marmor verkleideten Geburtsgrotte. Er trägt die lateinische Inschrift:

Hic de Virgine Maria Jesus Christus natus est.

Hier wurde von der Jungfrau Maria Jesus Christus geboren.

Die Geburtskirche von Bethlehem ist eine der ältesten Kirchen der Welt. Schon Kaiser Konstantin ließ hier im frühen 4. Jahrhundert eine der drei großen Kirchen seiner Zeit bauen. Seit Kaiser Justinian im 6. Jahrhundert diese Kirche in der gegenwärtigen Gestalt errichten ließ, werden dort ständig Gottesdienste abgehalten. Diese ununterbrochene – trotz aller Kriegswirren bis in unsere Zeit hinein – aufrecht erhaltene menschliche Antwort auf Gottes Kommen zu uns, ist bedeutend, weil nicht nur der Ort der Menschwerdung bestimmt bleibt, sondern der Liebesaustausch zwischen Gott und uns lebendig bleibt.

Liebe Schwestern und Brüder,

wir brauchen diesen lebendigen Austausch der Liebe Gottes zu uns und unsere Antwort darauf.

Die Welt hat sich nicht einfach durch die Menschwerdung Gottes und die damit beginnende Erlösung verändert. Gott belässt dem Menschen die Freiheit, auch die Freiheit zum Bösen. Das müssen wir jeden Tag aufs Neue leidvoll erfahren: Krieg, Unterdrückung, Folter und Ungerechtigkeiten füllen die Schlagzeilen unserer Medien.

Zur Zeit stehen wir vielleicht vor den größten Herausforderungen der Menschheit: Die Herrschaft des Menschen über den Menschen. Der an sich zu begrüßende wissenschaftliche Fortschritt hat es mit sich gebracht, dass der Mensch zum Beispiel in die Lage gekommen ist, menschliches Erbgut zu verändern oder gar zu gestalten. Dabei besteht die große Gefahr, dass er die eigenen Grenzen seiner Geschöpflichkeit negiert und sich zum Herrn über Leben und Tod aufspielt. Menschenwürde spielt dabei keine Rolle. Der Mensch scheint machbar zu werden.

Vor einiger Zeit konnte man in einer renommierten Tageszeitung lesen: „Forscher wollen Embryo aus Mensch und Kuh“. Und die Unterzeile lautete: „Erbgut soll in tierische Eizellen eingepflanzt werden.“ (Süddeutsche Zeitung, 08.11.06)

Mag das Ziel dieser Forscher auch sein, Stammzellen für die Therapie schwerkranker Menschen zu gewinnen. Der Weg ist absurd und unmenschlich.

Der Mensch zerstört seine eigene Würde. Wir erleben das leider auf vielfältige Weise.

Das heutige Weihnachtsfest dagegen ist das Fest der Menschenwürde.

Gott tritt aus seiner Unnahbarkeit und Unfassbarkeit in seine eigene, uns erkennbare und erforschbare Schöpfung ein. Er geht uns nach. Er wird Mensch – einer von uns!

Können wir uns eine größere Würde des Menschen vorstellen?

Das Kind von Bethlehem gibt allen Menschen und jedem einzelnen seine unvergleichliche und unantastbare Würde!

Diese Weihnachtsbotschaft gilt es zu verkünden und auch da einzufordern, wo Menschen den Boden des Menschseins verlassen wollen.

Liebe Schwestern und Brüder! Wir Christen sind in unserer Gesellschaft gefragt. Wir brauchen uns mit unserem Glauben nicht hinter der aufgeklärten Zeit zu verstecken. Papst Benedikt XVI. hat eindringlich auf das Zusammengehen von Glauben und Vernunft hingewiesen. In seiner vieldiskutierten Rede mit den Vertretern der Wissenschaft in der Aula Magna der Universität in Regensburg am 12. September dieses Jahres hat er den für die ganze Rede entscheidenden Satz gesagt: „Nicht vernunftgemäß handeln ist dem Wesen Gottes zuwider.“ Aber nach einer Ausführung über den westlichen Irrtum, dass allein die positivistische Vernunft universal sei, sagte der Papst: „Eine Vernunft, die dem Göttlichen gegenüber taub ist und Religion in den Bereich der Subkulturen abdrängt, ist unfähig zum Dialog der Kulturen. Dabei trägt…die moderne naturwissenschaftliche Vernunft mit dem ihr innewohnenden platonischen Element eine Frage in sich, die über sie und ihre methodischen Möglichkeiten hinausweist. Sie selber muss die rationale Struktur der Materie wie die Korrespondenz zwischen unserem Geist und den in der Natur waltenden rationalen Strukturen ganz einfach als Gegebenheit annehmen, auf der ihr methodischer Weg beruht.“

„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott.“ (Joh1,1) so beginnt der Johannesprolog, den wir soeben im Evangelium gehört haben. Im Griechischen steht für das Wort Logos. „Logos ist Vernunft und Wort zugleich“, sagte der Papst in seiner Regensburger Vorlesung: „eine Vernunft, die schöpferisch ist und sich mitteilen kann, aber eben als Vernunft.“

Gottes Menschwerdung in Jesus Christus ist die sich in unsere Geschöpflichkeit hinein verschenkende Liebe Gottes. Vernunft und Liebe kommen in der Person des Erlösers untrennbar zur Vollendung.

Feiern wir deshalb voll Freude dieses Fest der Menschwerdung Gottes, in dem Gott uns unsere Menschenwürde unüberbietbar liebevoll vor Augen führt.

Amen.

(0107/0008)