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Reportage

Fette Beats im Museum am Dom

Rapper Grinch führt durch die Ausstellung – Führungsreihe „MAD_auf meine Art“ soll Besucherinnen und Besuchern einen neuen Blick auf die Kunst geben

Würzburg (POW) Der Bass knallt aus der Box, der Rapper ruft „Vielleicht können wir mal die Hände hochheben?“ und die Menge wippt mit ihren Händen im Takt. Diese Szene spielt sich nicht auf einem Konzert ab, sondern während einer Führung im Museum am Dom (MAD) in Würzburg. Einmal im Monat bricht das MAD mit den klassischen kunsthistorischen Führungen und lädt Menschen ein, die sonst keine Führungen im Museum geben. Diesen Monat ist der Rapper Grinch zu Gast. Mit bürgerlichem Namen heißt der Künstler Rohit Singh. Der 31-Jährige hat in Würzburg Sonderpädagogik studiert und arbeitet mittlerweile in Hamburg. Für die Führung kehrt er zurück in seine Studentenstadt. Der Rapper trägt eine schwarze Sportjacke, weiße Sneaker und einen Bart.

Die Eingangshalle ist ziemlich voll. Das Format lockt vor allem viele junge Menschen an. Auch einige Freunde von Grinch sind dabei. Er begrüßt sie herzlich und lacht: „Ich fühle mich wie bei einem Referat, bei dem ich nichts vorbereitet habe.“

„Ich finde spannend an dem Format heute, dass uns Menschen mit in ihre Welt nehmen und unserer Sammlung begegnen, aber auf ihre Art“, fasst Marina Breitschaft, die die Pressearbeit für das Museum am Dom macht, den Gedanken hinter dem Format „MAD_auf meine Art“ zusammen. Grinch stößt bei der Führung die Tore zu seiner Welt weit auf. Bei ausgewählten Bildern bleibt er stehen und erzählt lässig von den Gedanken, die ihm beim Betrachten der Kunstwerke in den Sinn kommen.

Das erste Bild, das ihm auffällt, ist das Kunstwerk „Girl with a Knife“. Es zeigt einen Blick hinein in eine weite Landschaft mit vielen Feldern. „Meine Eltern kommen aus Indien“, erzählt der Rapper. Er selbst sei hier in Deutschland geboren, doch seine Eltern kämen aus dem Bundesstaat Punjab. Die Gegend zeichne sich dadurch aus, dass dort viel Landwirtschaft betrieben werde. „Wenn ich das Bild ansehe, denke ich daran, wie dort der Smog ist, an die neblige Landschaft, die Felder, das Zuckerrohr, das dort angebaut wird“, beschreibt der Künstler. Bei einigen Stationen spielt er passende eigene Songs ab. Hier lässt er über seine Bluetooth-Box seinen noch unveröffentlichten Song „Zuckerrohrfelder“ laufen.

Grinch spricht während der Führung viel über seine Wurzeln und die Herkunft sowie die Geschichte seiner Eltern. Im Bereich „Mutter“ der Ausstellung stehen zahlreiche Kunstwerke, welche die Gottesmutter Maria darstellen. Grinch beschreibt die Beziehung zu seiner Mutter und erzählt von einem Song, in dem Sprachaufnahmen seiner Mama verarbeitet sind. „Im Endeffekt ist es eine kleine Entschuldigung und ein Dankbarkeit zeigen“, beschreibt Grinch die Entstehungsgeschichte des Songs. Das Lied beginnt mit den Worten seiner Mutter: „Rohit, hier ist Mama. Wo bleibst du denn? Wir warten alle hier. Du hast gesagt, du kommst heute bisschen früher. Mir reicht es langsam!“ Jetzt ruft Grinch „Vielleicht können wir die Hände hochnehmen?“ und die Besucherinnen und Besucher wippen mit den Armen zum Takt. „Scheiß auf wer wir waren, Bruder, guck auf, wer wir sind. Mama wird gefragt, ob der Junge sich benimmt“, rappt Grinch.

Mittlerweile ist die Führung im Bereich „Wege“ angekommen. „Jesus hat auch gehustled. Irgendwie sehe ich in ihm auch einen Rapper, der seine Message verbreitet“, beschreibt Grinch das Bild „Der Zinsgroschen“. Das Kunstwerk zeigt, wie die Pharisäer und Herodianer versuchen, Jesus mit der Kaisersteuer zu überführen. Das Publikum lacht. „Hustlen“ wird in der deutschen Jugendsprache verwendet, um starke Anstrengungen zu beschreiben. Anstrengungen, die wahrscheinlich auch die Eltern des Rappers erlebt haben, als sie nach Deutschland gekommen sind. Grinch erzählt stolz, dass sein Vater hier mittlerweile Rentner und Kommunalpolitiker ist. Passend zum Thema „Wege“ spielt er seinen Song „4000 Meilen“ – die Distanz zwischen Deutschland und Indien – ab. „Den spiel ich etwas leiser ab, weil der noch nicht ganz fertig ist.“ Im Bereich „Jenseits“ beendet Grinch die Führung mit einem philosophischen Gedanken: „Ich glaube, dass in jedem Moment das Paradies sein kann.“ Das Publikum applaudiert lautstark.

Lea Eisold hat es sehr gut gefallen. „Ich bin vor allem wegen des Formats hergekommen, weil ich das sehr interessant fand, dass Hip-Hop und Museum miteinander vermischt werden. Das ist etwas, das ich mir voll lange gewünscht habe.“ Außerdem habe es ihr gefallen, dass Geschichten erzählt wurden, die man sonst nicht im Museum hören kann, und zu sehen, dass jeder einen persönlichen Bezug zu den Kunstwerken habe.

Auch der Rapper selbst hatte viel Spaß bei der Führung: „Ich fand es heftig, wie die Leute mir zugehört haben. Ich konnte von meinen eigenen Erfahrungen und meinen Eindrücken, die ich von den Kunstwerken habe, berichten, und alle haben mir zugehört. Ich glaube, die Leute waren auf jeden Fall entertained.“ Grinch hängt noch ein bisschen im Museum ab und unterhält sich mit den Leuten über die Führung. Er lässt seine Musik laufen und signiert sogar noch einen Hoodie.

Vincent Poschenrieder (POW)

(1723/0482; E-Mail voraus)

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