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Form des Protests gegen NS-Regime

Wie das Ideal „Heiliger Frühling“ eine Generation junger Seminaristen in der Zeit des Nationalsozialismus prägte – Prälat Wilhelm Heinz und Diakon Dr. Martin Faatz veröffentlichen Buch zur Bistumsgeschichte

Würzburg (POW) Eine Generation junger Schüler, die in den Widrigkeiten des Krieges und der Nationalsozialisten sich darum bemüht, ihr geistig-religiöses Leben zu vertiefen und das Ziel hat, so an der Erneuerung der Welt mitzuwirken: Darum geht es in der Dokumentation „Für die Erneuerung der Welt“, die Prälat Wilhelm Heinz und Diakon Dr. Martin Faatz herausgegeben haben. Am Donnerstag, 20. Mai, stellten sie im Beisein von Bischof em. Dr. Paul-Werner Scheele und Weihbischof Ulrich Boom im Kilianeum-Haus der Jugend ihr im Würzburger Echter-Verlag erschienenes Buch vor.

Prälat Heinz, Jahrgang 1924, gehörte selbst zu den Schülern im Würzburger Knabenseminar Kilianeum, die sich um das Ideal des „Heiligen Frühlings“ scharten. Es geht auf eine bei Livius aufgezeichnete Legende zurück, der zufolge ein ganzer Jahrgang junger Männer sich völlig der Gottheit weiht, um den Niedergang des römischen Volkes zu verhindern.

„Pater Franz Bezler, ein umtriebiger Pallottinerpater und Standesleiter der schönstattischen Gymnasiastengruppen in ganz Deutschland, verbreitete diese Idee – trotz des Widerstands, den die Nationalsozialisten von Haus aus gegen diese Idee haben mussten“, berichtete Heinz. Dabei sei es keineswegs darum gegangen, einen heroischen Heldentod im Feld zu sterben – in der Erwartung, so direkt in den Himmel zu kommen. Die Idee sei gewesen, sich Gott ganz und gar zur Verfügung zu stellen, damit er Deutschland und die Welt erneuern könne. „Wir haben den Gedanken aufgegriffen und ihn als Gegenpart zur Ideologie der Nationalsozialisten verstanden“, sagte der Prälat.

Deswegen seien er und die anderen Kilianisten aus den Schönstattgruppen nicht für die Nationalsozialisten in den Krieg gezogen, sondern ganz bewusst und entschieden für Vaterland und Kirche. Um sich gegenseitig im regelmäßigen Gebet und in der täglichen Neubesinnung auf das Ziel des Priesterberufs zu bestärken, hätten die jungen Männer damals rege Feldpostkorrespondenz untereinander gepflegt. „Es ging dabei unter anderem um die Frage, wie man an den Idealen festhalten kann und wie man Ordnung in ein durch die äußeren Umstände an der Front unregelmäßiges Leben bringt“, erläuterte Heinz.

Ausdrücklich habe Pater Bezler, der in seiner Korrespondenz – der Tarnung wegen – unter dem Decknamen „Onkel Peter“ auftrat, die Anweisung gegeben, nicht öffentlich gegen die Nationalsozialisten zu protestieren. „Wir waren angehalten, auf Nachfrage aber unsere Position deutlich zu machen“, sagte der Prälat, der nach der Grundausbildung im Artillerievermessungsdienst tätig war. Anfangs habe er durch manche Kameraden Anfeindungen erlebt. Unter anderem hielten sie ihm vor, was ihm als Priester später alles im Leben entginge. Doch ihr Verhalten habe sich beim Rückzug von der Ostfront im Januar 1945 komplett umgekehrt: „Da sind sogar gestandene Offiziere wie kleine Kinder gekommen und haben mich gebeten, für sie Entscheidungen zu treffen.“

Neun Mitschüler aus den Würzburger Gruppen um Wilhelm Heinz fielen im Krieg. Um ihnen ein Andenken zu schaffen, sammelte er gemeinsam mit zwei weiteren Überlebenden die Korrespondenz und veröffentlichte sie nach dem Krieg in einem Band mit dem Titel „Das Fränkische Fähnlein“. Als ihm Jahre später der komplette Nachlass der Gruppenmitglieder Martin Mark und Josef Hofbauer übergeben wurde, habe er es sich zur Aufgabe gemacht, die Vorgänge um den Heiligen Frühling aus Sicht der in Würzburg beteiligten für die Nachwelt zu erhalten. Professor Dr. Johannes Merz, Leiter der Schriftgutverwaltung der Diözese Würzburg, an den sich Heinz zu diesem Zwecke wandte, habe ihm Dr. Martin Faatz empfohlen. Der Historiker und Theologe hat schon mehrfach Werke zur Bistumsgeschichte verfasst.

„Ich persönlich bin der Meinung, die Schönstattbewegung sollte ihre einseitige Fixierung auf ihren Gründer Pater Josef Kentenich aufbrechen. Es gibt, das zeigt das vorliegende Buch, so viele spannende Persönlichkeiten, die das Gedankengut der Bewegung fruchtbar gemacht haben“, sagte der Diakon bei der Buchvorstellung. Die Strömung des Heiligen Frühlings habe in einer Zeit, in der es ähnlich wie heute keinen allgemeinen Wertekonsens mehr gegeben habe, aufgezeigt, wie es gelingen kann, ein alltägliches geistliches Leben sicherzustellen. „Gemeinschaftsformen zusätzlich zur Kirchenstruktur sind eine wichtige Hilfe dabei“, lautete eine seiner Schlussfolgerungen.

So wie Schönstatt für die Gruppe um Heinz ein Ort war, wo sich Gleichgesinnte trafen, ausruhten und neue Kraft für den Alltag sammelten, seien heute Wallfahrtsorte wichtige Oasen, erläuterte Faatz. „Die Geschichte, die Wilhelm Heinz und seine Freunde erlebt haben, zeigt: Nur wer sich damals glasklar für die Kirche und seinen Glauben entschieden hat, hielt diese Situation durch. Genauso ist heute eine klare Entscheidung für den Glauben nötig, wenn er im Alltag Bestand haben soll.“

Wilhelm Heinz, Martin Faatz (Hrsg.). Für die Erneuerung der Welt: Katholische Schüler und das Ideal "Heiliger Frühling" im 2. Weltkrieg. 218 Seiten, 12,80 Euro. Echter Verlag, Würzburg 2010. ISBN 978-3-429-03237-1.

(2110/0680; E-Mail voraus)

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