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„Frieden hier und jetzt“

Bewegung Pax Christi im Bistum Würzburg feiert 60. Jubiläum – Rückblick und Ausblick mit Geistlichem Beirat Pfarrer Stefan Redelberger

Würzburg (POW) Was als Gebetsbewegung begonnen hat, ist heute eine christliche Friedensinitiative mit den Schwerpunkten Gebet, Information und Aktion. Pfarrer Stefan Redelberger (Schweinfurt), Geistlicher Beirat von Pax Christi im Bistum Würzburg, spricht im folgenden Interview über die Veränderungen der Bewegung und gibt Tipps, wie Frieden schon im Kleinen beginnen kann.

POW: Welche Eckpunkte der Entwicklung gab es in den vergangenen Jahrzehnten bei Pax Christi im Bistum Würzburg?

Pfarrer Stefan Redelberger: Die Pax-Christi-Bewegung startete in den 1960er Jahren im Bistum Würzburg mit Franz Schmidl als Sprecher und August Schmitt als Geschäftsführer. Zu diesem Zeitpunkt war sie eine Gebetsbewegung. Es gab Verbindungen zur liturgischen Bewegung von Burg Rothenfels durch Pater Manfred Hörhammer. Dieser verbreitete deutschlandweit Pax Christi als Bewegung seit deren Anfängen nach dem Zweiten Weltkrieg – und auch im Bistum Würzburg. In dieser Tradition stand auch die Pax-Christi-Friedensmesse, die bis Anfang der 1990er Jahre monatlich im Kiliansdom gefeiert wurde. Oft wirkte Weihbischof Alfons Kempf mit, der selbst Pax-Christi-Mitglied war.

POW: In den 1980er Jahren veränderte sich die Arbeit von Pax Christi.

Redelberger: Wichtiger Eckpunkt war 1980 das Verabschieden der „Plattform“ Abrüstung und Sicherheit. Ein Jahr später stimmte Pax Christi auf der Bundes-Delegiertenversammlung auf Burg Rothenfels mit knapper Mehrheit gegen den Nato-Doppelbeschluss, der die Stationierung von Pershing-II-Mittelstreckenraketen vorsah. Somit schloss sich Pax Christi der politischen Friedensbewegung an, die gegen Atomrüstung und Abschreckung war. Mit der Gründung der „Pax-Christi-Initiative“ als Basisgruppe an der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) in Würzburg durch den damaligen Assistenten Stefan Schohe beginnt die zweite Generation von Pax Christi im Bistum Würzburg. Der Initiative, deren Themen Gewaltfreiheit sowie die Ablehnung von Abschreckung und atomarer Rüstung waren, gehörten bis zu 30 Mitglieder an. Besonders „heiß“ war der Herbst 1983, als wir von Pax Christi in Ulm an einer Menschenkette mit 300.000 Menschen teilnahmen, um gegen den NATO-Nachrüstungsbeschluss zu protestieren.

POW: Wie änderten sich die Schwerpunkte seit dem Zusammenbruch des Ostblocks zu Beginn der 1990er Jahre?

Redelberger: Am 3. Oktober 1991 fand der erste diözesane Friedensweg von Pax Christi am Großen Gleichberg bei Bad Königshofen statt. Dort findet sich die Gedenkstätte eines Außenlagers des Konzentrationslagers Buchenwald. Seither fand jährlich ein Friedensweg an verschiedenen Orten des Bistums Würzburg statt. Er verbindet stets Gebet mit Information und Begegnung und wird in Kooperation mit Partnergruppen vor Ort durchgeführt. Auf diese Weise knüpfen wir an die Pax-Christi-Tradition der „Route“ an. Weitere Schwerpunkte, die hier nur schlaglichtartig und beispielhaft aufgeführt werden können, waren Aktionen in Würzburg und Aschaffenburg, mit denen wir gegen den „Jäger 2000“, Landminen und den Export von Kleinwaffen protestierten. Wir knüpften Kontakte auf den Balkan und unterstützen bis heute das Projekt „Mirna Luka“ des Zivilen Friedensdiensts in Banja Luka. 2003 hielt Pax Christi Nachtwache am Giebelstädter Flugplatz und entzündete Friedenslichter, als von dort aus Kampfhubschrauber an den Golf verlegt wurden. Darüber hinaus hat Pax Christi sich für Flüchtlinge im Würzburger Stadtteil Zellerau, in der Zentralen Aufnahmestelle in der Dürrbachau und im Asylbewerberwohnheim in Aub eingesetzt. Neue Basisgruppen in Bad Neustadt, Aschaffenburg und Rottendorf entstanden. Außerdem haben wir einen Protestbrief an den Israelischen Botschafter geschrieben, als die Mauer an der Grenze zu den Palästinensergebieten errichtet wurde. Eine große Bereicherung sind für uns auch die Kontakte zu Pax Christi Italien, die unsere Sprecherin Barbara Häußler vor gut zehn Jahren geknüpft hat und seither pflegt.

POW: Welche Herausforderungen sehen Sie im Blick auf die zukünftige Entwicklung Ihres Verbands?

Redelberger: Die Arbeit von Pax Christi bewegt sich seit der Gründung vor 60 Jahren in den drei Bereichen Gebet, Information und Aktion. Darin sehe ich auch heute die erste große Herausforderung für unsere Friedensbewegung. Wir informieren uns selbst und bieten Informationsveranstaltungen an, um die komplizierten Zusammenhänge von Gewalt und Macht, Abgrenzung und Angst, Krieg und Kommerz zu durchschauen. Wir nehmen den Unfrieden mit seinen ganz unterschiedlichen Erscheinungsformen ins Gebet und bieten etwa Pfarreigruppen Unterstützung bei Friedensgebeten an. Wir legen die Hände nicht in den Schoß, sondern stehen auf gegen Unrecht und Gewalt, etwa mit den Schweigekreisen vor dem Dom zum Beispiel gegen den Irakkrieg, mit Briefaktionen, mit Kontakten zu Flüchtlingen. Dabei finden wir Bündnispartner bei unterschiedlichen Gruppierungen. Eine zweite Herausforderung ist es, in Pax Christi oder allgemein nicht abstrakt über Frieden zu diskutieren, sondern getragen vom Geist des Evangeliums konkrete Schritte des Friedens zu tun. Eine dritte Herausforderung sehe ich in der spirituellen Dimension. Das Evangelium Jesu ist die Grundlage unserer Bewegung. Es drängt uns, unseren Glauben nicht auf den privaten oder binnenkirchlichen Bereich zu beschränken. Viele kirchliche Dokumente, allen voran das Zweite Vatikanische Konzil, bestärken uns darin. Die Verbindung von christlicher Spiritualität und Einsatz für Frieden auch in seiner politischen Dimension ist die bleibende Herausforderung für Pax Christi.

POW: Wo und wie kann jeder einzelne heute seinen konkreten Beitrag zu Frieden und Versöhnung leisten?

Redelberger: Zum Beispiel, indem jede und jeder sich Fundamentalismen jeglicher Art verweigert. Wo Menschen politisch oder religiös fundamentalistisch denken und agieren, da beginnt Gewalt. Gewalt entwickelt automatisch eine Eigendynamik. Dann ist es wichtig, dass jeder im anderen Menschen sich selbst erkennt. Wo Menschen anfangen, den anderen wahrzunehmen und zu respektieren, da beginnt Friede. Wer den Mut hat, über Grenzen hinaus zu denken und auf Menschen zuzugehen, schafft Frieden. Gott überschreitet ständig die Grenze zu uns, er hat uns in Jesus Christus seinen umfassenden Frieden geschenkt. Wir sind dazu berufen, das Reich Gottes hier und jetzt verwirklichen zu helfen. Das geht nicht, ohne dass wir uns einmischen.

(1708/0548; E-Mail voraus)

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