Würzburg (POW) „Das Julianum schläft auch heute keinen Dornröschenschlaf, sondern spielt eine ungemein aktive Rolle im Konzert der Bildungseinrichtungen Unterfrankens!“ Das hat Stiftungs- und Seminardirektor Martin Adler beim Festakt zum 400-jährigen Bestehen des Studienseminars am Freitagabend, 20. Juli, in der Zehntscheune des Würzburger Juliusspitals vor Ehrengästen und Ehemaligen betont.
1607 habe Fürstbischof Julius Echter das Julianum als „Seminarium nobilium“ für die Ausbildung junger Adeliger gegründet. Unter König Ludwig II. habe es seit 1880 den Namen „Königlich adeliges Julianum“ getragen. Heute habe die Einrichtung den Status einer staatlich verwalteten Stiftung inne, erläuterte Adler. Schüler weiterführender Schulen der Klassen fünf bis 13 genössen hier intensive Betreuung. Seit 1953 sei es am heutigen Standort in der Kapuzinerstraße untergebracht und nehme dort seit 1960 auch Tagesschüler auf. Zum Jubiläum begrüßte Adler neben zahlreichen früheren Seminardirektoren auch den ältesten noch lebenden Seminaristen, den 90-jährigen Arzt Dr. Max Werner.
Der Regierungspräsident von Unterfranken, Dr. Paul Beinhofer, hob den hohen Anspruch des Studienseminars als ehemalige Ausbildungsstätte des fränkischen Adels und damit der Führungsschicht hervor. Damit sei das Niveau vorgegeben gewesen. Nur wenige Studienseminare könnten sich zudem mit einer derart langen Geschichte messen. Die Chronik der Stiftung indes stelle letztlich ein getreues Abbild der bewegten Geschichte Unterfrankens dar. Für das Julianum habe sich die Leitlinie bewährt, weder Tradition noch Fortschritt um jeden Preis als Richtschnur anzusehen. Vielmehr werde auf Bewährtem aufgebaut. Reformen gegenüber sei das Haus aufgeschlossen und gehe nötige Veränderungen offensiv an.
Den Festvortrag mit dem Thema „Beitrag der Internate zur heutigen Erziehung und Bildung“ hielt Landtagsabgeordneter Professor Dr. Walter Eykmann. Schlaglichtartig beleuchtete der frühere Gymnasiallehrer Menschenbilder von Philosophen, Medienwissenschaftlern, Schauspielern, aber auch einer rechtsradikalen Rockband. „Zu einem Menschenbild gehören Religion und Kirche dazu, selbst bei Menschen, die keine bekennenden Christen sind. Und jeder Mensch muss erzogen werden“, betonte Eykmann. Fehle diese Erziehung seien menschliche Katastrophen wie im Falle Kaspar Hausers oder der Wolfskinder die unausweichliche Folge. In den vergangenen Jahrhunderten hätten die Internate alter Prägung eine großartige erzieherische Leistung erbracht. Der Lebensweg Julius Kardinal Döpfners oder des Nazi-Gegners Dr. Georg Angermeier, die einst Seminaristen im Kilianeum gewesen seien, stehe beispielhaft für eine Erziehung zu christlichen Werten. In den Internaten werde strukturiertes Lernen verwirklicht – ein Hauptinteresse der Eltern. Angesichts der heute dominierenden Kleinfamilie sei außerdem die Erfahrung von Gemeinschaft im Internat ein unschätzbarer Wert und ein zentraler Punkt personal orientierter Pädagogik. „Denn durch sinnvolle Erziehung kann vieles erreicht werden – nur wird diese in der Realität oft nicht umgesetzt.“
Würzburgs Oberbürgermeisterin Dr. Pia Beckmann würdigte die Bedeutung des Studienseminars als eine der ältesten Bildungseinrichtungen der Stadt neben der Universität. Die Familiensituation habe sich heute grundlegend geändert, sagte Beckmann. Eltern hätten oft nicht mehr genug Zeit für ihre Kinder. Daher habe die Notwendigkeit derartiger Einrichtungen heute sogar noch zugenommen. Erfreut zeigte sich Beckmann, dass sogar Schüler aus Hessen und Thüringen das Julianum besuchen.
Oberstudiendirektor Rudolf Schmitt, Ministerialbeauftragter für die Gymnasien in Unterfranken, ging auf die veränderte Elternrolle ein, die die Internate vor neue Herausforderungen stelle. Ihre besondere Aufgabe sei die gezielte Förderung der gesamten Persönlichkeit, die Hinführung zu sozialem Einsatz und die Vermittlung religiöser Werte. Soziale Kompetenz und individuelle Selbstkompetenz seien erforderlich, um in einer sich rasant verändernden Gesellschaft bestehen zu können. Da die Arbeitswelt heute stark in Gefahr sei, ethische Werte zu vernachlässigen, sei die Vermittlung christlicher Positionen um so wichtiger.
Bischof Dr. Friedhelm Hofmann betonte in seinem kurzen Grußwort die Funktion des Julianums als Anwalt junger Menschen in ihrer jeweiligen Gegenwart. „Bildung ist gefragt, Glaube ist vonnöten, Liebe ist das Maß“, umriss er die Philosophie der Einrichtung, deren stellvertretender Leiter Schulreferent Domkapitular Monsignore Günter Putz ist.
jes (POW)
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