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Gegen Todesstrafe und für Ökumene

Wie die Würzburger Gemeinschaft Sant’Egidio beim Katholikentag Akzente setzt – Interview mit Susanne Bühl aus dem Bundesvorstand

Osnabrück/Würzburg (POW) Zu den Menschen aus dem Bistum Würzburg, die beim Katholikentag in Osnabrück aktiv sind, zählt auch die Neue Geistliche Gemeinschaft Sant’Egidio. Im folgenden Interview erläutert Susanne Bühl vom Bundesvorstand der Gemeinschaft, wieso die Themen Kampf gegen die Todesstrafe und Einsatz für die Ökumene so bedeutend und aktuell sind.

POW: Frau Bühl, die Gemeinschaft Sant’Egidio ist mit rund 20 Personen, darunter 15 aus dem Bistum Würzburg, beim Katholikentag vertreten. Sie bieten mehrere Veranstaltungen an. Einer ihrer Schwerpunkte ist der Kampf gegen die Todesstrafe. Wieso beschäftigt Sie gerade dieses Thema?

Susanne Bühl: Das ist eine längere Geschichte. Junge Leute unserer Gemeinschaft haben in Italien in einer Zeitung die Anzeige eines zur Todesstrafe verurteilten US-Amerikaners gelesen, der von seiner Familie nicht besucht wurde und Interesse an einer Brieffreundschaft hatte. Das war in den 1990er Jahren. So entstand unser Interesse. So ist es oft in unserer Gemeinschaft: Wir entdecken eine Armut und versuchen darauf zu antworten. Seit Ende der 90er Jahre hat Sant’Egidio weltweit eine Kampagne gegen die Todesstrafe gestartet. Als Christen glauben wir, dass das Leben von Gott geschenkt wird und von niemand anderem genommen werden darf. Die Todesstrafe ist grausam und demokratischer Staaten unwürdig. Natürlich müssen Vergehen bestraft werden. Aber kein Staat sollte seinen Bürgern das Leben nehmen.

POW: Unter Katholiken, so darf man annehmen, ist das Grundkonsens. Warum also Ihr Einsatz?

Bühl: Es ist wichtig, eine öffentliche Meinung zu bilden. In den vergangenen Jahren haben zwar immer wieder Staaten die Todesstrafe abgeschafft. Eine große Herausforderung aber bleiben China und die USA. Es ist auch wichtig, was die Kirchen dazu zu sagen haben. Ich habe den Eindruck, dass die Presse sich in den zurückliegenden Jahren für das Thema sensibilisiert hat, zum Beispiel, wenn es um die Hinrichtung von Menschen mit geistiger Behinderung geht, die ein Verbrechen begangen haben. Wir unterschätzen als Christen oft unsere Einflussmöglichkeiten. Unsere Gemeinschaft setzt auf Vernetzung. Deswegen arbeiten wir mit verschiedenen Menschenrechtsorganisationen zusammen.

POW: Wie sieht diese Kooperation in der Praxis aus?

Bühl: Wir haben immer am 30. November den Aktionstag gegen die Todesstrafe. In einem Brief wenden wir uns zuvor an die Oberbürgermeister der großen Städte in Deutschland und bitten sie, ein Denkmal in ihrer Stadt als Zeichen des Protests gegen die Todesstrafe besonders zu beleuchten. Über 100 Städte beteiligen sich inzwischen daran. So schaffen wir Interesse und Öffentlichkeit für das Thema.

POW: Sie selbst haben bei einem Podium mitgewirkt, bei dem es um den Beitrag der Geistlichen Gemeinschaften zur Ökumene geht. Was steuert Sant’Egidio zur Ökumene bei?

Bühl: Wir sind eine ökumenische Gemeinschaft, auch wenn wir in Italien und innerhalb der katholischen Kirche entstanden sind. Als sich die Gemeinschaft in andere Länder ausdehnte, stellte sich auch die Frage der Ökumene. Wir haben ganz selbstverständlich auch die Christen anderer Konfessionen eingeladen. Innerhalb von Sant’Egidio leben wir die Ökumene. Unser Ansatz ist, auf der Basis des Evangeliums möglichst Trennungen zu überwinden. Wir schätzen auch den, der anders ist. Beim Podium habe ich betont, dass es eine Ökumene der Märtyrer gibt. Viele Menschen sind auch in jüngerer Zeit für ihren Glauben gestorben. Da steckt ein großes Potenzial darin: Im 20. Jahrhundert haben Hunderttausende Christen der verschiedensten Kirchen wegen ihres Glaubens gelitten, zum Beispiel im Konzentrationslager unter den Nationalsozialisten oder unter den Kommunisten. Das Vorbild dieser Menschen, die trotz dieser Widrigkeiten am Glauben festgehalten haben, daraus große Kraft geschöpft haben und im gemeinsamen Gebet – über die Schranken der Konfessionen hinweg – Gemeinschaft erlebt haben, ist ein großes Geschenk. Papst Johannes Paul II. sprach in diesem Zusammenhang davon, dass das Blut der Märtyrer die Christen mehr vereine als viele Trennungen der Vergangenheit. Ich bin mir sicher: Wenn wir das beherzigen, können wir die noch vorhandenen Trennungen besser einordnen, die es zwar gibt, aber die wir manchmal zu stark betonen.

Zur Person: Susanne Bühl arbeitet als Rechtsanwältin in Würzburg. Sie ist Mitglied im Bundesvorstand der Gemeinschaft Sant’Egidio und gehört dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) an.

Interview: Markus Hauck (POW)

(2208/0665; E-Mail voraus)

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