Würzburg (POW) Unter dem Titel „Der Heilige Jakobus im Werk von Tilman Riemenschneider“ sind bis 30. April Originalfotografien von Winfried Berberich im Amt für Ländliche Entwicklung Unterfranken in Würzburg ausgestellt. Die Aufnahmen finden sich im gleichnamigen, von Paul-Ludwig Weinacht herausgegebenen Bildband, der im Kunstschätzeverlag Gerchsheim erschienen ist. Die Großfotos der Ausstellung laden ein, die Darstellungen des Pilgerpatrons in allen Einzelheiten zu studieren.
Weinacht legt den Bildband als Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Fränkischen Sankt Jakobus-Gesellschaft vor. Unter Riemenschneiders Figuren seien die des heiligen Jakobus in verschiedenen Größen und Konstellationen sehr zahlreich, schreibt er in der Einleitung. Grund hierfür sei, dass während der fruchtbaren Jahre des Bildschnitzers die Tradition der Jakobus-Patronate noch recht lebendig gewesen sei, die Pilgerfahrt zum Jakobusgrab in Compostela habe geblüht. Die Riemenschneiderfiguren „zeigen den Apostel im Kreis um Jesus und, zumal in selbstständiger Darstellung, als Mann im kompletten Pilgerhabit. Jakobus der Ältere ist im Werk Riemenschneiders allemal ein feingliedriger, ernster, meditativer Mensch, dessen Pilgergestalt nicht so sehr die Anstrengung und Gefahr der weiten Strecken als den geheimnisvollen Weg nach Innen geht: vor Aufbruch, unterwegs oder am Ziel angelangt.“
Nach den Worten Weinachts lässt sich dieses Innehalten auf dem Weg besonders schön an der Steinskulptur beobachten, die an der Fassade der Würzburger Marienkapelle stand und heute im Museum am Dom zu besichtigen ist. Für die zahlreichen Autoren des Bildbands spielt diese Figur eine bedeutende Rolle innerhalb der Jakobusdarstellungen Riemenschneiders. Der Kunsthistoriker Stefan Kummer weist beispielsweise in seinem Beitrag darauf hin, dass diese Statue veranschauliche, wie Riemenschneider sich aus den Traditionen der mittelalterlichen Kunst zu lösen begann und zu Auffassungen gelangte, die für das künstlerische Schaffen der Neuzeit kennzeichnend werden sollten.
Das Bild des Menschen, das Riemenschneider an der Figur des heiligen Jakobus darstellt, erörtern die beiden Kunsthistoriker Stefan Weber und Rainer Beck: In den Figuren bleibe der Heilige und der diesseitige, auf dem Weg zu Gott befindliche Pilger unerschütterlich vereint, lautet ihr Fazit. Professor Dr. Helmut Flachenecker von der Universität Würzburg beschäftigt sich mit der Riemenschneider-Werkstatt und dem Spannungsfeld zwischen Künstler und Auftraggeber. Die Leiterin des Mainfränkischen Museums, Claudia Lichte, interpretiert zwei Jakobusfiguren aus Münchner und Stuttgarter Museumsbesitz, und Dr. Wolfgang Schneider, stellvertretender Kunstreferent der Diözese Würzburg, stellt Jakobusfiguren Riemenschneiders im Bistum Würzburg vor.
Mit Jakobusdarstellungen in Figurengruppen Riemenschneiders befasst sich ein Beitrag von Bistumshistoriker Erik Soder von Güldenstubbe. Jakobus taucht beispielsweise beim Einzug Jesu in Jerusalem auf, befindet sich in Szenen des Letzten Abendmahls sowie am Ölberg und ist Teil zahlreicher Apostelreihen. Ob am Heiligblut-Altar der Jakobuskirche in Rothenburg ob der Tauber, in der Ölberggruppe von Würzburg-Heidingsfeld oder am Zwölfboten-Altar aus der Bad Windsheimer Stadtpfarrkirche: für den Bistumshistoriker zeigen die Werke, wie sehr die Frömmigkeit auch das Kunstschaffen durchdrang und wie gegenwärtig damals Jesus Christus und die Boten seiner Liebe waren. „Der Apostel Jakobus, der bereits viele Menschen dazu bewegt hat, aufzubrechen und sich auf neue Wege des Glaubens und des Vertrauens zu begeben, ist aus dem Oeuvre Riemenschneiders und seiner Gefolgschaft nicht wegzudenken.“ In einem weiteren Aufsatz zum Jakobuskult im Zeitalter der Reformation verdeutlicht Soder, dass durch die Reformation Wallfahrten erloschen und es keine neuen Jakobus-Patronate mehr gab. Da jedoch Riemenschneider auf Darstellungen aus Jakobuslegenden verzichtet habe, konnten seine von der Bibel inspirierten Kunstwerke den frühreformatorischen Bildersturm ebenso überdauern wie die Ablehnung der vorreformatorischen Heiligenverehrung. Riemenscheider könne deshalb Christen aller Konfessionen ansprechen und auch Nichtchristen innerlich berühren.
Den mit zahlreichen Farbfotos geschmückten Band rundet eine spirituelle Annäherung von Peter Spielmann an die Jakobusdarstellungen Riemenschneiders ab. Für alle Riemenschneiderfans, aber auch für alle Freunde des heiligen Jakobus sowie an fränkischer Kunst Interessierte bietet der Band umfassende Informationen zum Pilgerpatron. „Hier ist ein großartiges Buch gelungen. Hoffentlich findet es gute Verbreitung“, schreibt Bischof Dr. Friedhelm Hofmann an den Bistumshistoriker.
Hinweis: Die Fotoausstellung „Jakobus im Werk von Tilman Riemenschneider“ wird am Dienstag, 27. Februar, um 16.30 Uhr im Ausstellungsfoyer des Amtes für Ländliche Entwicklung Unterfranken in der Zeller Straße 40 in Würzburg eröffnet. Dort wird auch der 128-seitige Bildband vorgestellt, der letztmalig zum Subskriptionspreis von 34 Euro erhältlich ist (ISBN 3-934223-23-0). Die Ausstellung ist bis 30. April montags bis donnerstags von 8.30 bis 15 Uhr und freitags von 8.30 bis 12 Uhr zu sehen.
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