Würzburg (POW) Einblicke in Leben und Wirken von Bischof Dr. Matthias Ehrenfried (1871-1948) gibt eine Ausstellung, die am Mittwoch, 6. Juni, in Archiv und Bibliothek des Bistums Würzburg eröffnet worden ist. Diese wurde aus Anlass des 70. Todestags von Bischof Ehrenfried auf Anregung des Würzburger Matthias-Ehrenfried-Hauses erstellt. „Er galt als ein wahrer Volksbischof, der die Nähe der Gläubigen seiner Diözese suchte. Sein großes Gottvertrauen und seine treue Verbundenheit mit der Kirche Jesu Christi machten seine gerade Linie aus, die er auch in der Zeit des Nationalsozialismus durchhielt“, zitierte Jürgen Krückel, Leiter des Matthias-Ehrenfried-Hauses, aus einem Dokument, das die Namensgebung der Würzburger Einrichtung begründet. Zum Gedenken an den Bischof feierte Dompfarrer Dr. Jürgen Vorndran zuvor im Neumünster einen Gottesdienst.
„Archiv und Bibliothek möchten Bischof Ehrenfried mittels einer kleinen Kabinettsausstellung wieder näher ins Gedächtnis zurückrufen“, sagte Thomas Wehner, Leiter der Abteilung Querschnittsaufgaben. Zu sehen seien unter anderem Dokumente zur Ernennung und Weihe des Bischofs und seine ersten Hirtenbriefe. Ein dritter Themenblock beschäftige sich mit der von Bischof Ehrenfried einberufenen Diözesansynode von 1931, der ersten im Bistum seit 400 Jahren. Eine vierte Station trägt den Titel „Unter NS-Herrschaft 1933 bis 1945“. Ein Block der Schau blickt auf die radikale Umkehr und Rechristianisierung der Gesellschaft, für die sich der Bischof nach 1945 einsetzte. Der letzte Teil der Ausstellung setzt sich mit der Krankheit und dem Tod Ehrenfrieds auseinander.
Dr. Wolfgang Weiß, Professor für Fränkische Kirchengeschichte und Kirchengeschichte der neuesten Zeit an der Universität Würzburg sowie Vorsitzender des Würzburger Diözesan-Geschichtsvereins, gab einen kurzweiligen und fundierten Einblick in das Leben und Wirken des Bischofs. „In den bisher bekannten Quellen lassen sich keine Hinweise finden, in denen Ehrenfrieds ablehnende Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus schwankte. Innerhalb des deutschen Episkopats dürfte er zu den wenigen Bischöfen gehört haben, die weniger dem Weg der Diplomatie vertrauten, sondern die offene Konfrontation nicht scheuten – zumindest, wenn es um kirchliche Belange ging.“
Ehrenfried war der erste Würzburger Bischof, der weder aus dem Domkapitel hervorging noch aus der Diözese stammte. Der Sohn einer Bauernfamilie wuchs in Absberg im Bistum Eichstätt auf, studierte und promovierte in Rom und lehrte danach als Hochschulprofessor an der Eichstätter Studienanstalt. Von 1912 bis 1919 war Ehrenfried Hauptschriftleiter der Zeitschrift „Die christliche Schule, pädagogische Studien und Mitteilungen“ sowie von 1920 bis 1924 der Nachfolgezeitschrift „Blätter für den katholischen Klerus“. Diese Phase seines Lebens sei aber bisher nicht erforscht. „Es ist davon auszugehen, dass die Abwehr der liberalen und sozialistischen Bestrebungen im Bereich der Kirchen-, Schul- und Kulturpolitik im Mittelpunkt stand. Diese durchaus ‚kulturkämpferische‘ Erfahrung dürfte Ehrenfrieds Haltung und Verhalten gegenüber NS-Ideologie und -Regime bestimmt haben“, erklärte Weiß.
Kennzeichnend für die von 1924 bis zu seinem Tod im Jahr 1948 währende Amtszeit als Bischof sei bei Ehrenfried, dass er sich wenig durch die äußeren Ereignisse und Beeinträchtigungen habe verunsichern lassen. „Diese Haltung bewahrte er in den letzten Jahren seines Lebens nach dem Zusammenbruch, in denen er für die Erneuerung der Gesellschaft nach christlichen Kriterien eintrat.“
Bereits im Jahr 1932 stellte der Würzburger Bischof im Horizont der politischen Radikalisierung der zurückliegenden Jahre heraus, dass kein Staat ohne die Anerkennung der göttlichen Autorität dauerhaft existieren könne. „Den Höhepunkt unserer sittlichen Not sehe ich aber darin, dass man sogar grundsätzlich gegen das Zehngebotegesetz auf Sinai anstürmt. Die einen halten diese Gebote für veraltet; andere sagen, sie seien alttestamentlich und nur für die Juden bestimmt. Sie entsprächen nicht mehr der Eigenart und Bildungshöhe unserer Rasse. Es ist leicht einzusehen, dass diese sittlichen Verirrungen zu einem Neuheidentum führen.“ Anders als beispielsweise der Münchener Kardinal Michael von Faulhaber sprach er sich 1930 restriktiv gegen NS-Uniformen in jedweder Form im Gottesdienst aus. „Eine so nachsichtige Praxis werde geradezu als Propaganda wirken und die Partei dazu verleiten, ihre Mitglieder zum uniformierten Kirchgang zu verpflichten.“ Erst auf intensive Überzeugungsarbeit Faulhabers habe der Würzburger Bischof widerwillig einer etwas flexibleren Weisung der bayerischen Bischöfe zugestimmt.
Ehrenfried habe sich nicht gescheut, demonstrativ auf Restriktionen durch die Nationalsozialisten zu reagieren. Beispielsweise habe er den Priester Heinrich Leiter zum Dompfarrer und Domkapitular ernannt. Dieser hatte seine Position als Hauptschriftleiter des Fränkischen Volksblatts 1933 wegen des Vorwurfs räumen müssen, seine Artikel beunruhigten die Bevölkerung. Als Ehrenfried selbst 1934 von den Machthabern die Verhaftung angedroht wurde, habe er geantwortet, es freue ihn, wenn ihm als erstem deutschem Bischof dieses Los widerfahre.
Darüber hinaus gibt es laut Professor Weiß Hinweise, dass Ehrenfried deutlichere Worte gegen die Menschenrechtsverletzungen der Nationalsozialisten für sinnvoll und notwendig hielt. „Er ließ daher auch – wie eine Reihe weiterer Bischöfe – am 22. März 1942 das ursprünglich als gemeinsamer Text der deutschen Bischöfe gedachte Hirtenwort, das die nationalsozialistischen Menschenrechtsverletzungen verurteilte, in seiner Diözese verkünden.“ Darin wurde nachdrücklich auf das „natürliche Recht auf das Leben und auf persönliche Freiheit“ hingewiesen. 1944 thematisierte Ehrenfrieds Fastenhirtenbrief das Programm, das über das Kriegsende bis in die 1950er Jahre propagiert werden sollte: „Zurück zu Christus, unserem Anfang und Ende.“ Noch einmal habe er darin im Blick auf den Nationalsozialismus festgehalten: „Heutzutage halten weite Kreise die zehn Gebote für veraltet. Sie kümmern sich nicht mehr um sie. Sie schaffen Ersatz in blut- und erdgebundenen Sittennormen.“
Die Ausstellung ist bis zum 14. August in Archiv und Bibliothek des Bistums Würzburg, Domerschulstraße 17, zu sehen. Öffnungszeiten sind jeweils montags und dienstags von 9 bis 16 Uhr sowie mittwochs und donnerstags von 9 bis 19 Uhr.
mh (POW)
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