Mbinga/Würzburg (POW) Das optisch auffälligste Geschenk unter den leblosen Gaben für Bischof John C. Ndimbo wird von einem halben Dutzend Männer auf Händen hereingetragen: Ein extra breites hölzerner Bett, Lattenrost, Matratze, Kissen und Baldachin zum Befestigen des Moskitonetzes inklusive. Kurz vor Sonnenuntergang hat das Geschenkedefilee auf dem Bischof-Emmanuel-Platz unweit des Doms in Mbinga/Tansania seinen Höhepunkt beinahe erreicht.
Mehr als eine Stunde ist es her, dass der tansanische Präsident Jakaya Kikwete mit seiner über 120 Personen starken Entourage in einem Konvoi aus über 20 Geländewagen die Feier verlassen hat. Seitdem lassen die Scharen der Gottesdienstbesucher mit aller Aufmerksamkeit ihrem neuen Bischof hochleben. Immer wieder hallt zwischen den ungestüm fröhlichen Klängen der sambaähnlichen Blasmusik ein Blöken oder ein Kikeriki. In der Tradition sind es männliche Tiere wie Böcke oder Hähne, die Macht und Stärke symbolisieren. Während des Gottesdiensts noch irgendwo in den Hecken rund um das Gelände am Dom angebunden, werden die Ziegen jetzt gleich dutzendweise herbeigebracht.
Schier endlos ist die Traube von Menschen, die sich vor dem spitzenbesetzten Baldachin staut, unter dem Bischof Ndimbo an einem Tisch sitzt. Sie alle haben Geschenke dabei, die sie ihrem neuen Bischof als Zeichen ihrer Aufwartung überreichen möchten. Säcke mit Mais oder Reis, große Umschläge mit Glückwunschkarten und Geldscheinen, glitzernde Geschenkpakete in allen Größen und Farben. Wie bei der Weihe im Dom wuselt mehr als ein Dutzend Journalisten im Getümmel herum, um alles zu filmen und zu fotografieren, was passiert.
Die jungen Männer aus dem bischöflichen Knabenseminar in Likonde musizieren, so laut sie können: Die Backen der Bläser sind weit aufgepustet, die Trommler malträtieren die Felle, was die Stöcke hergeben. Und der Dirigent schwingt seinen überdimensionalen Taktstock, dass allein diese Show schon ein Eintrittsgeld wert wäre. Die Tanzvorführung der Jungs, die nicht zu den Musikern zählen, wird spontan von ein paar Zuschauerinnen gekapert: Über beide Ohren grinsend, mit dem sirenenähnlichen Jubelgeschrei auf den Lippen, nutzen sie jede Lücke, um sich einzureihen und mitzutanzen.
Als die Blaskapelle ihr letztes Lied gespielt hat, übernimmt ein Discjockey und legt tanzbare Musik mit viel Bass auf. Mit wiegenden Schritten in Richtung Bischof balancieren Frauen in traditionell bedruckten Wickelkleidern Körbe auf dem Kopf. Händeschütteln, ein paar ermunternde Worte für den neuen Oberhirten, der nach der Bischofsweihe alle Hände voll zu tun hat: Er beschriftet die Umschläge mit den Heimatorten ihrer Überbringer. Große Pakete markiert er mit einem dicken Faserschreiber. Schwestern stehen nebenan und bringen die Gaben ins Haus.
Männer, deren raue Hände und gegerbt wirkenden Gesichter auf Erfahrung in der Landwirtschaft schließen lassen, transportieren Ziegen und Hähne vom Platz. Drei übermütig springende Böckchen lassen sich nur mit festem Zug an den Stricken um deren Hälse davon abhalten, in eine Gruppe von Kindern zu hüpfen, die sich auch dem Betonboden niedergelassen haben. Dort haben sie freien Blick auf das Geschehen.
Bischof em. Dr. Paul-Werner Scheele und Norbert Mtega, Erzbischof von Songea, haben sich ebenfalls unter dem Baldachin niedergelassen und schauen dem bunten Treiben fasziniert zu. Der Erzbischof knippst breit lächelnd die ausgefallensten Geschenke und Überbringer mit seiner Kamera. Eine Pfarrgruppe lässt schillernd verpackte Pakete von Kopf zu Kopf wandern, während sie fröhlich tanzend nach vorne schlängelt.
Dem stehen auch die Priester aus Mbinga nur wenig nach: Auch grauhaarige Herren im gesetzten Alter machen sich einen Spaß daraus, einen Bischofsstab aus Ebenholz mal hüpfend, mal schleichend, mal sich wie ein Derwisch drehend über den Platz zu tragen. Der nächste steht schon bereit und versucht, die Show zu toppen. Bis der Vorsitzende des Priesterrats den Stab schließlich an seinen neuen Besitzer übergibt, haben viele der Zuschauer ihren Blick schon woanders hin gelenkt: Erzbischof Mtega imitiert in der Ecke neben dem Baldachin spitzbübisch grinsend den einen oder andern der tanzenden Priester – sehr zum Gefallen der Leute um ihn herum.
Als die Musik vom Band plötzlich aussetzt, stürmen Männer in kurzen weißen Hosen, weißen Hemden und mit weißen Kappen auf dem Kopf die zentrale Fläche: Wie vorher das Volk der Ngoni zeigen jetzt Nyasa aus Luhagara, wie man bei ihnen tanzt: Diesmal heißt das: Wilde Grimassen, fröhlicher Sprechgesang und viel kraftvolle Beinarbeit. Der Discjockey signalisiert mit laut einsetzender Musik: Bitte Platz machen für die letzte Tanzgruppe, ehe der Sonnenuntergang das letzte bisschen Sicht vereitelt. Begleitet von wilden Buschtrommelrhythmen zeigen die Matengo, gekleidet in mit braun-grünen Mustern bedruckte Tücher, wie man bei ihnen das Tanzbein schwingt und dazu singt. Mit seinem bischöflichen Segen dankt Bischof Ndimbo den Gläubigen für die vielen Geschenke und verabschiedet sich. Erzbischof Mtega tanzt noch ein bisschen weiter und wirft sich für die Fotoapparate in Pose – voller Spaß.
(2311/0617; E-Mail voraus)
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