Rödelmaier (POW) Zum Leben gehört auch, vertraute und liebgewonnene Wege zu verlassen. Die Nonnen im Karmel von Rödelmaier (Landkreis Rhön-Grabfeld) stehen vor diesem Schritt. Ende November nehmen die acht Schwestern Abschied und ziehen in den 325 Kilometer entfernten Karmel von Auderath in Rheinland-Pfalz (Landkreis Cochem-Zell). Die 98-jährige Karmel-Geschichte in Rödelmaier geht damit zu Ende.
Der Abschied sei schmerzhaft, betonen Oberin Schwester Ancilla Bulowski und ihre Mitschwestern Schwester Clara-Maria Geyer und Schwester Katharina Blatt einmütig. Obgleich die Ordensfrauen im Karmel ein Leben in Zurückgezogenheit gewählt haben, sei eine enge Verbindung zu den Menschen in Rödelmaier und Umgebung entstanden.
Die Karmelitinnen glauben, dass sie mit ihrem Weggang eine Lücke im Ort hinterlassen werden. Aber die Ordensfrauen sehen keine Alternative zu diesem Schritt. „Wir können keine Zukunft bieten“, sagt Bulowski. Acht Schwestern leben in Rödelmaier in der rund einen Hektar großen Klosteranlage mit historischer Gebäudesubstanz und Parkanlage.
Vier Nonnen sind bereits über 80 Jahre alt. Der Altersschnitt liegt bei 75 Jahren, sagt die Oberin, die mit 67 Jahren zu den Jüngeren in der Gemeinschaft gehört. Die anfallenden Aufgaben im Klosterkomplex zu erfüllen, wird zusehends schwerer. Die Arbeit wächst den Ordensfrauen sprichwörtlich über den Kopf. Es sei aber nicht die Arbeit, die gewachsen ist, meint die 81-jährige Blatt. „Es sind die Kräfte, die weniger geworden sind.“ Schon seit Ostern ist deshalb die Hostienbäckerei geschlossen. Eine Werkstatt der Lebenshilfe hat dieses Handwerk nun übernommen.
„Wir haben lange gehofft, dass Jüngere nachkommen“, erklärt Bulowski. Doch die blieben aus. Die Sorgen um das Weiterbestehen hatten sich bereits in den 1980er Jahren angedeutet, ab 2006 war den Schwestern klar, dass der Karmel dauerhaft so nicht mehr existieren kann. Der Zusammenschluss mit einem anderen Konvent wurde ins Auge gefasst. Nach Besuchen und Gesprächen zeigte sich, dass der Karmel in Auderath mit seinen jetzt sechs Nonnen gut passen könnte.
In den vergangenen Monaten haben sich beide Karmel regelmäßig getroffen und diesen Schritt geplant. „Wir sind gut vorbereitet“, sagt Bulowski, die seit 46 Jahre in Rödelmaier lebt. Leicht fällt der Abschied trotz guter Vorbereitung nicht. Es sei schwer zu gehen, weil es zwischen der Kloster- und der Dorfgemeinschaft eine spürbare Verbundenheit gebe.
Als sie 1990 nach Rödelmaier kam, sei vieles noch anders gewesen, erinnert sich die 57-jährige Geyer. Die Kontakte nach draußen wurden mehr, als der damalige Pfarrer aus Zeitgründen die Osterliturgie nicht mehr sowohl im Karmel, als auch in der Ortskirche feierte. Fortan wurden die Liturgien an den Kar- und Ostertagen gemeinsam begangen. „Es war eine große Öffnung“, sagt Bulowski. Heute werden auch andere Gottesdienste gemeinsam gefeiert, teils in der Klosterkapelle, teils in der Pfarrkirche. Am Karfreitag haben die Nonnen mit dem örtlichen Singkreis die Passion gesungen. An der Fronleichnamsprozession trugen die Schwestern das Allerheiligste.
„Der Schmerz ist ein großer“, sagt Domkapitular Thomas Keßler, der als Pfarrer im Pastoralen Raum Bad Neustadt in Rödelmaier regelmäßig in der Klosterkapelle Gottesdienste feierte. Gläubige aus der Umgebung kämen gerne in die Klosterkapelle, weil die Liturgie immer schön gestaltet sei von den Schwestern. Die Gemeinschaft sei eine Anlaufstation im Ort gewesen. Der Weggang hinterlässt nach Meinung Keßlers eine Lücke, die so nicht zu schließen ist. Man habe den Schwestern viel Unterstützung angeboten, damit sie bleiben, betont der Geistliche. Davon berichten auch die Ordensfrauen und wissen dies auch sehr zu schätzen. Sie hoffen, dass der spirituelle Geist des Klosters nach ihrem Abschied durch die Gläubigen weitergegeben wird.
Der Umzug nach Auderath werde das grundsätzliche Problem, den Nachwuchsmangel, nicht beheben. Aber die Schwestern wünschen sich, dass der Karmel in Auderath für die nächsten zehn Jahre in einem ruhigen Fahrwasser und ein geregeltes Leben nach den Ordensstatuten möglich ist. Die Kerzenwerkstatt des Klosters zieht mit nach Auderath um und wird dort weiter betrieben. Einzelne Möbelstücke und liturgische Gegenstände werden die Schwestern mitnehmen. Viel wird es aber nicht sein. Im Umzugsgepäck sind auch ein paar Stauden und Pflanzen aus dem Karmelgarten; sie sollen im Park des Klosters Waldfrieden von Auderath neue Wurzeln schlagen.
Nach dem Weggang der Schwestern soll der Klosterkomplex sinnvoll weiter genutzt werden. Deshalb gibt es seit längerem einen runden Tisch, unter anderem mit dem Bürgermeister, dem Landrat und den Schwestern. Oberin Bulowski berichtet, dass sich eine positive Lösung abzeichne.
Ihren Abschiedsgottesdienst begehen die Ordensschwestern am Sonntag, 24. November, um 14 Uhr mit einem Pontifikalamt Bischof Dr. Franz Jung in der Pfarrkirche von Rödelmaier. Danach gibt es einen Empfang im Schützenraum. Um 18.30 Uhr schließt der Abschiedstag mit einer gemeinsamen Vesper. Organisiert wird die Feier von der Pfarrgemeinde, betonen die Ordensfrauen.
Stichwort Karmel Pacis Regina
Der Karmel Pacis Regina in Rödelmaier wurde 1926 mit sieben Schwestern gegründet. Die Ordensfrauen übernahmen damals das 1754 vom Rittergeschlecht Voigt von Salzburg erbaute Schlossgebäude samt Parkanlage. Die Gemeinde und ihre Bewohner waren von Anfang an Wohltäter des Karmels und unterstützen die Frauen bis heute mit Spenden und Hilfsdiensten. In den späten 1960er Jahren eröffneten die Schwestern eine Hostienbäckerei, um ihren Lebensunterhalt mit zu finanzieren. Bis heute ist noch die Kerzenwerkstatt eine wichtige Einnahmequelle. Der Karmel im Kloster Waldfrieden in Auderath (Bistum Trier) ist im Jahr 1953 gegründet worden. Anders als in Rödelmaier liegt die Anlage in Auderath am Rand des Dorfes. Der Karmel Auderath hat eine ähnliche Altersstruktur und Größe wie der in Rödelmaier. In Auderath leben aktuell sechs Nonnen.
hb (Würzburger Katholisches Sonntagsblatt)
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