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Dokumentation

„Glaube lebt nicht von der Akzeptanz aller“

Predigt von Weihbischof Paul Reder bei der Kiliani-Pontifikalmesse für die Region Würzburg am Donnerstag, 11. Juli 2024, im Würzburger Kiliansdom

Liebe Wallfahrerinnen und Wallfahrer,

liebe Schwestern und Brüder Christi,

vielleicht geht es Ihnen ähnlich wie mir und das Evangelium von heute wirkt etwas aus der Zeit gefallen. Damit meine ich die Empfindung, dass es stark mit der weihnachtlichen Festzeit verbunden ist und im Hochsommer eigenartig wirkt. Auch der Stern, der über dem Reliquienschrein hängt, ist für viele ein klassisches Weihnachtssymbol.

Für viele unserer Zeitgenossen ist auch der christliche Glaube aus der Zeit gefallen. Wenn überhaupt, dann hat er noch eine gewisse Relevanz an Festen wie Weihnachten oder im Zusammenhang mit Beerdigung und dem Friedhof. Gar als störend wird unser Glaube dann kritisiert, wenn wir uns als Christinnen und Christen zu Wort melden: Diese Erfahrung kann jede und jeder machen, der sich entschieden für den Lebensschutz am Anfang und am Ende einsetzt oder sich für den Erhalt der Sonntags- und Feiertagskultur engagiert. Die sattsam bekannte Diskussion zur Regelung der sogenannten „stillen Feiertage“, die samt und sonders christliche Feiertage hervorheben, stört generationsübergreifend die Unterhaltungsbranche.

Von einer eigenartigen Störung berichtet uns heute auch das Evangelium. Wir würden die Frohe Botschaft um ein wesentliches Element kürzen, wenn wir nur auf die Weisen und ihre Sterndeutung, auf ihren Aufbruch und ihre Begegnung mit dem Jesuskind schauen. Ihre Anfrage und Ansage „Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen“ führt unmittelbar zu einer Reaktion. Der lokale Machthaber Herodes – so heißt es – und ganz Jerusalem erschrickt. Der Evangelist möchte mit der Ergänzung, dass auch ganz Jerusalem von der Nachricht betroffen ist, wohl zum Ausdruck bringen, dass diese Botschaft, dass ein neuer Machthaber in die Welt kommt, nicht nur für Herodes Folgen haben könnte.

Das führt zu einem ersten Punkt, der es wert ist, betont zu werden, und der für unsere Nachfolge Relevanz hat: Wer seinen Glauben authentisch und entschieden lebt, hat mit Widerstand zu rechnen. Noch bevor Jesus mit seinem Wirken und mit seiner weltverändernden Botschaft in der Öffentlichkeit auftritt, spürt Herodes anhand der Sterndeuter, dass hier eine neue Wirklichkeit in die Welt kommt, welche die bisherigen Machtverhältnisse in Frage stellt und gefährdet. Der im Evangelium nachfolgend geschilderte Kindermord von Betlehem zeigt, wie groß die Angst im Herzen des Herodes ist, Macht zu verlieren. Zum Machterhalt ist er bereit, sogar über Leichen Unschuldiger und gar nicht Betroffener zu gehen.

Das hat auch Kilian mit seinen Gefährten erfahren. Sein Glaubenszeugnis, für das wir ihn ehren, hat ja damit zu tun, dass er offensichtlich auch in seiner Zeit als Gefährdung für geltende Machtstrukturen angesehen wurde. Dass er und seine Gefährten kurzerhand aus der Welt geschafft wurden belegt, dass es ihm und seiner Botschaft gegenüber offenkundig keine Toleranz gab. Auch in diesem Sinn steht sein Leben radikal in der Jesusnachfolge.

Das führt zu einem zweiten Punkt: Unser Glauben und unser Glaubenszeugnis lebt nicht von der Akzeptanz aller: Wenn wir in der Kiliani-Wallfahrtswoche die Häupter der Frankenapostel so zentral in den Mittelpunkt stellen, dann dürfen wir nicht vergessen, dass ihre Mission in den Augen der Zeitgenossen wohl unter keinem günstigen Stern stand. Mit Kilian und seinen Gefährten ehren wir Opfer, die mundtot gemacht und aus der Welt geschafft wurden. Damit war ihre Mission im fränkischen Land nicht nur beendet. Sie war gescheitert. Das Brustkreuz, das von Bischof Stangl stammt und das ich als Bischof tragen darf, zeigt auf der Rückseite vor rotem Hintergrund die Kiliansgestalt. Dazu kommt eine lateinische Aufschrift: „Sanguis martyrium – semen christianorum“, was übersetzt heißt: „Saatgut der Christen ist das Blut der Märtyrer“. Eine irritierende und befremdliche Aussage, und doch bezeugen wir heute, dass sie wahr ist. „Er hat besprengt mit seinem Blut, den ausgestreuten Samen gut“, mit diesen Worten singen wir in diesen Tagen immer wieder. In unserer modernen Welt stehen so viele Christinnen und Christen unter Bedrängnis und Verfolgung, bis zur Hingabe ihres Lebens, für unseren Glauben ein wie niemals zuvor. Auch sie dürfen wir in dieser Wallfahrtswoche nicht vergessen.

Für uns kann das nur heißen, dass nichts in den Augen Gottes wertlos und verloren ist, was wir durch unser Leben an Zeugnis für den Glauben in die Welt bringen. Das betrifft den Mut, den es mitunter braucht, als Christin und als Christ Stellung zu beziehen. Das betrifft das Belächelt-Werden, wenn wir uns in den Gemeinden, Verbänden und Vereinen engagieren oder die Gottesdienstkultur und Gebet pflegen. Nichts davon geht in den Augen Gottes verloren. Auch durch unser Bekennen und unseren gemeinsamen Glauben wirkt Gott in der Welt. Haben wir keine Angst, uns zu Jesus zu bekennen. Haben wir keine Sorge, dass wir nicht die Akzeptanz finden, die wir uns erhoffen. Werden wir nicht mutlos, wenn wir spüren, dass durch unsere christliche Lebensweise auch bestehende Machtverhältnisse, Moden und Meinungen irritiert werden und entsprechend reagieren.

Der heilige Kilian und seine Gefährten führen uns in die Wahrheit, dass Wachstum und Förderung des Glaubens nur in sehr bedingter Weise nach den weltlichen Maßstäben von Erfolg und Wirksamkeit gemessen werden können. Es ist die Wahrheit, die uns auch im Epheserbrief aufleuchtet: Es gilt, einen alternativen Lebensstil einzuüben und sich nicht mit allem gemein zu machen. Darum braucht es für die Kinder des Lichts eine kluge Unterscheidungsgabe und Wachsamkeit im Glauben, dann wird auch Christus unser Licht sein. Amen.