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Gott in allem entdecken

In Kilians Heimat Irland verkünden heute noch Ruinen und Hochkreuze die besondere Spiritualität der irischen Mönche

Würzburg/Dublin (POW) Das keltische Bewusstsein von Gottes Gegenwart in allen Dingen ist Teil des christlichen Erbes, das die Frankenapostel von Irland mit an den Main brachten. In der Kiliani-Wallfahrtswoche vom 5. bis 12. Juli blickt das Bistum Würzburg besonders auf Kilian, Kolonat und Totnan, die vor mehr als 1300 Jahren als Missionare nach Franken kamen. Ihre ganzheitliche Spiritualität ist auch heute noch aktuell.

Clonmacnoise im Herzen Irlands: Eine Ansiedlung aus vielen kleinen Holzbauten und wenigen steinernen Gebäuden steht mitten im Marschland. Und zwar genau dort, wo sich der in Nord-Süd-Richtung verlaufende Fluss Shannon und ein in Ost-West-Richtung verlaufender natürlicher Weg auf einem Bergkamm treffen, der von Gletschern aus losen Steinen aufgeworfen wurde. So muss sich dem späteren Frankenapostel Kilian das bedeutendste Kloster der Grünen Insel präsentiert haben, als dieser im 7. Jahrhundert dorthin kam, um zu beten und zu studieren.

Ein karges Leben inmitten einer von der Natur geprägten Landschaft lebten die Mönche damals. Die überlieferten Gebetstexte verweisen darauf, wie sehr sich die irischen Mönche als Teil der Schöpfung ansahen. Diese betrachteten sie als das sichtbare Zeichen der Größe und Herrlichkeit Gottes: „Das Donnern der mächtigen Brandung, die gegen die Felsen schlägt, dieses Brüllen des Meeres, diesen Aufschrei am Kirchhof dort. Den Vogelschwärmen nachschauen, schwingend weit über das Meer, und die machtvollen Wale bestaunen, Gottes wundersamstes Geschöpf“, heißt es in einem überlieferten Gebet.

Bei aller Poesie: Die Menschen damals wussten sehr wohl um die Gefahren für ihr Leben. Das machen die Bilder auf den wenigen erhaltenen irischen Hochkreuzen deutlich, die zu Zeiten der Überfälle durch Wikingerhorden im 9. und 10. Jahrhundert entstanden. Auf ihnen schlug sich die jahrhundertealte, von den ägyptischen Wüstenvätern übernommene intensive Beschäftigung der Mönche mit der Heiligen Schrift nieder. In den Schreibstuben der Klöster fertigten die Ordensmänner kunstvolle Abschriften des Alten und Neuen Testaments an. Das prächtige „Book of Kells“, auf fast 200 Kalbshäuten niedergeschrieben und reich bebildert, ist heute im Dubliner Trinity College zu sehen und gilt als bedeutendstes Zeugnis frühchristlicher Buchkunst.

Für die vielen Gläubigen, die sich stets um die Klöster herum ansiedelten, weil sie dort Arbeit, aber vor allem spirituellen Zuspruch fanden, dienten die bis zu fünf Meter hohen steinernen Hochkreuze, die meist in bunten Farben angemalt waren, als Bibel zum Anschauen. Neben dem zentralen Motiv des Gekreuzigten finden sich dort einige Motive auffallend oft: Darstellungen, die Gott als denjenigen zeigten, der seine Treuen gegen alle Widrigkeiten beschützt. Zum Beispiel die drei Jünglinge im Feuerofen oder Daniel in der Löwengrube. Unter anderem genau dieser Überzeugung ist es wohl zu verdanken, dass sich das Christentum im von Druidentum und heidnischen Bräuchen geprägten Irland durchsetzen konnte.

Von diesem Geist erfüllt war offensichtlich auch Kilian, der im 7. Jahrhundert aufbrach, den Menschen auf dem Festland von seinem Gott zu erzählen. Der Ruf des Klosters Clonmacnoise, in dem er seine mönchische Ausbildung erfuhr, war schon damals legendär, und zwar weit über die Landesgrenzen hinaus. Der Überlieferung nach hatte der heilige Ciarán im Jahr 548 dieses Kloster gegründet. Womöglich war an dieser Stelle zuvor ein heidnisch-druidisches Heiligtum, das von den findigen christlichen Missionaren umgewidmet wurde.

So wie auf der Insel Inchagoill, der größten von mehr als 370 Inseln im Lough Corrib, dem größten See Irlands. Dort sind links und rechts eines mit Basaltsteinen gepflasterten Wegs zwei grob behauene Steinplatten als Begrenzung in den Boden versenkt. „Wissenschaftler vermuten, dass diese Steine ein Hinweis auf ein Druidenheiligtum sind. Die christlichen Missionare, vielleicht auch der heilige Patrick selbst, haben das, was sie vorfanden, nicht zerstört, sondern in ihre Verkündigung integriert“, erzählt David Luskin, der täglich mit seinem Fährschiff Besucher auf die Insel bringt. „Inkulturation“ nennen das Theologen heute.

Szenenwechsel zum kleinen Hafen von Mullaghmore. Auch bei ruhiger See ist das Übersetzen auf die heute verlassene Insel Inishmurray in der Bucht von Donegal nichts für Leute mit empfindlichem Magen. Immer wieder hebt und senkt sich der Bug der kleinen Fischerboote bei der gut einstündigen Fahrt. Ein Delfin lässt sich für einen kühnen Sprung aus den Fluten sehen. Dann ist der zerklüftete und algenüberwachsene Zugang zur Insel erreicht. Das dortige Kloster, im 6. Jahrhundert vom heiligen Molaise gegründet, erholte sich nie mehr so richtig von den Plünderungen durch die Wikinger im 9. Jahrhundert. Heute leben nur noch Kaninchen dort und haben überall Löcher für ihre Bauten hinterlassen. Die Gebäude sind seit langem verlassen und auf der Wetterseite von einem Teppich aus Flechten überwachsen. Fischfang und das wenige, was auf den kargen Böden der Insel wuchs, bildeten vor mehr als 1400 Jahren die Lebensgrundlage der Mönche.

Hier zeigt sich, wie die christliche Überzeugung Irlands sich deutlich von der christlich-hellenistischen Lehre unterschied: Die keltisch geprägten Menschen sahen Gott in allem – in Freude wie im Schmerz, in den Pflanzen und dem Feld, in den Menschen. Sie kannten den Gedanken der Weltflucht nicht. Während also im Christentum hellenistischer Prägung Christus derjenige war, der von der Welt und dem Leib erlöst, war der Ansatz hier ein anderer: Die Menschen in Irland hatten Gottes Gegenwart und Macht stark im Bewusstsein. Sie sahen Gott in allen Dingen, sie dienten ihm mit allem, was sie taten, und wandten sich in allen Dingen des Lebens an Gott, um ihn um Hilfe und Begleitung zu bitten. Zum Beispiel bei einer Missionsreise ins ferne Frankenland.

mh (POW)

(2715/0636; E-Mail voraus)

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