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„Gott ins Spiel bringen“

Interview mit Karl Grün, stellvertretender Diözesanvorsitzender der DJK, zum Buch „Anstoß – Gebete und Meditationen“: Christliche Impulse zur Weltmeisterschaft als Gegenpol zu Kommerzialisierung und Medienrummel

Würzburg (POW) Christliche Impulse zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 gibt Karl Grün, Stellvertretender Diözesanvorsitzender der Deutschen Jugendkraft (DJK) in seinem Büchlein „Anstoß – Gebete und Meditationen“. Im folgenden Interview erzählt er über die Entstehung und beleuchtet unter anderem das besondere Verhältnis von Christen zum Sport.

POW: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Gebete und Meditationen zum Thema Fußball zu schreiben?

Karl Grün: Eine erste Anregung erhielt ich durch einen Aufruf des DJK-Sportverbandes Düsseldorf an jugendliche Sportlerinnen und Sportler von DJK-Sportvereinen. Sie sollten sich anhand von Stichworten aus dem Bereich „Fußball“ mit Fragen „rund um die Fußball-WM in Deutschland 2006“ unter der Messlatte eines sachgerechten Sportes und sportlich-menschlichen Miteinanders befassen. Als sich im Vorfeld früh eine starke Kommerzialisierung und Medialisierung der WM abzeichnete, reifte in mir der Gedanke: Gott und Religion dürfen bei einem solchen sportlichen Großereignis nicht ausgeblendet werden. Als Mitglied des Redaktionsteams von „DJK-Wegezeichen“, dem offiziellen Organ des DJK- Diözesanverbandes Würzburg, schrieb ich einige Gebetstexte, um diese im nächsten Heft in geeignetem Kontext zu veröffentlichen. DJK-Vereine sind immer auf der Suche nach griffigen und aktuellen geistlichen Impulsen, um Jugend- und Vereinsarbeit zumindest ansatzweise spirituell zu begleiten. Dies ist heute und morgen eine wichtige Aufgabe, denn DJK-Sport ohne spirituelle Überhöhung bleibt etwas Unfertiges. Als dann aus den Reihen des DJK-Landesverbandes Bayern die Bitte an den Diözesanverband Würzburg kam, wie alle Diözesanverbände in Bayern „irgendeinen Beitrag zur Fußball-WM“ zu organisieren oder zu liefern, wurde auf Initiative unseres Diözesanvorsitzenden Josef Friedrich die Idee eines Gebets- und Meditationsheftes geboren.

POW: Welche Aussage ist Ihnen am wichtigsten, wenn Sie über Gott und Fußball schreiben?

Grün: Fußball ist deutschland- und weltweit eine der beliebtesten Sportarten. Fußball mobilisiert Massen, verbreitet viel Freude und unendliche Begeisterung, strukturiert des Menschen Freizeit. Sachgerecht ausgeübt, lehrt Fußball Fairness, Toleranz und Rücksichtnahme. Er schafft Integration und sozialen Ausgleich; er übt Tugenden ein. Fußball erzeugt – leider – aber auch Aggression und Gewalt; er führt zu grober Überzeichnung. Er ist anfällig für Kommerz, für Drogen und nationaler Übersteigerung. Fußball hilft und gefährdet also gleichermaßen den aktiven Sportler, die aktive Sportlerin wie den passiven Zuschauer, letztlich den Menschen. Immer hat Fußball mit dem Menschen und dem rechten Menschsein zu tun – wie andere Sportarten auch. Wenn aber der Mensch angesprochen ist, wird Gott angesprochen, der seiner Schöpfung in allen Lebenswelten nahe ist. Gott ins Spiel zu bringen – im wahrsten Sinn des Wortes – das ist eine wichtige Sache.

POW: Gibt es den viel zitierten Fußballgott?

Grün: Nein. Fußballspieler sind nicht Gott gleich zu stellen, dies würde sie hoffnungslos überfordern. Für das Sportgeschehen allgemein gilt, dass Gott nicht überstrapaziert werden sollte. Wir tun ihm damit keinen Gefallen. Gott gewinnt keine Fußballspiele und verliert keine. „Fußballgott“, das ist eine der vielen Übertreibungen einer medienwirksamen, bewusst auf Einschaltquoten abstellenden Sportreportersprache, die den plastischen Vergleich liebt.

POW: Mal angenommen, zwei Mannschaften treten gegeneinander an. Beide haben zuvor um einen Sieg gebetet. Wer in Gottes Namen gewinnt denn dann?

Grün: Glaube ist eine sehr persönliche Sache. Beim Beten lässt sich der Einzelne auf Gott ein und öffnet sich ihm. Beten in einer Gemeinschaft (Mannschaft) gibt Sicherheit, Geborgenheit, Identifikation, lässt deutlich werden, dass einzelne Menschen auf Gemeinschaft bezogen sind und diese brauchen. Die Mannschaft profitiert vielleicht also vom Individuum, das sich anvertraut, das Stärke dokumentiert. Der einzelne, nicht die Mannschaft hat gute Karten bei Gott.

POW: Sind Christen die besseren Sportler?

Grün: Werfen Sie doch nur einen Blick in Ergebnislisten von sportlichen Wettkämpfen! Die Sieger sind Christen, Muslime, Hinduisten oder auch Gottlose. Christliche Sportler sind allein schon demzufolge nicht die besseren Sportler. Reizvoll ist es aber dennoch, diese Feststellung kurz in Zweifel zu ziehen. Gilt diese vielleicht nicht für den Fußballsport, wo doch Brasilien – ein Land mit vielen Christen – in der Geschichte der Fußball-WM die meisten Titel errungen hat? „Um Gottes willen“ nein, dem ist nicht so! Außer guten körperlichen Voraussetzungen, antrainierten technischen Fertigkeiten verspricht die rechte Einstellung zu Sport und Bewegung Erfolg. Diese Einstellung hat immer mit dem Spielgedanken zu tun, der bei Südländern eher verbreitet ist. Es ist christliche Botschaft, dass Sport sich nicht vom Spielerischen entfernen darf. Sport muss zweckfreies Spiel bleiben, bei dem der Kopf von übergroßen Zwängen frei bleibt, bei dem man auftankt und sich erfrischt. Sportler, die das fertig bringen und ihren Sport ganzheitlich – mit Körper, Geist und Seele – erfahren, gewinnen für sich und ihr Menschsein. Es ist die alte Geschichte von Gott und dem „Homo ludens“, dem spielenden Menschen.

POW: Welche Chancen bietet die Fußballweltmeisterschaft für die Verkündigung der Kirche?

Grün: Ich denke, dass Kirche die Erwartungen nicht zu hoch hängen darf. Der geistliche Bundesbeirat der DJK und derzeitige Olympiapfarrer Hans-Gerd Schütt sagt: „Natürlich kann ich meine Anwesenheit bei Olympia, meine Gespräche und Pläuschchen mit Sportlerinnen und Sportlern vor oder nach dem Wettkampf, bei Trainingsrunden oder in Kantinen nicht mit der seelsorglichen, pastoralen Arbeit in einer Pfarrgemeinde vergleichen. Aber ich weiß, dass menschliche Begegnungen nach Sieg oder nach Niederlage wichtig sind. Aus einer positiven Begegnung erwächst beim Adressaten immer Bewegung, vielleicht auch einmal in Richtung eines Gottes. Wichtig für Kirche ist es aber in jedem Fall, Menschen in der Freizeit zu begleiten. So nimmt auch eine lebendige, dynamische, wache und junge Kirche, die sie selbst doch auch sein will, Notiz von der Fußball-WM 2006. Verkündigung geschieht im Übrigen nicht nur über das Medium Sprache, etwa bei Predigten oder Andachten. Verkündigung ereignet sich auch dort, wo lebensvolle Menschen als Vorbilder für Miteinander, Füreinander, Toleranz, Gerechtigkeit und Frieden auftreten. Auch dann kommt Gott ins Spiel.

(0506/0157)