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„Gott steht auf der Seite der Schwachen“

Fronleichnamsgottesdienst auf dem Würzburger Residenzplatz – Weihbischof Ulrich Boom: „Wer vor dem Brot niederkniet, der kniet gegen Gewalt und Ungerechtigkeit“ – Prozessionen aufgrund der Corona-Epidemie abgesagt

Würzburg (POW) Am Morgen hatte es noch so ausgesehen, als würde Fronleichnam in diesem Jahr buchstäblich ins Wasser fallen. Doch kurz vor Beginn der festlichen Eucharistiefeier auf dem Würzburger Residenzplatz am Donnerstagvormittag, 11. Juni, hörte es doch noch auf zu regnen. „Wir feiern die heilige Messe auf dem schönen Platz vor der Residenz, wo wir all dem ausgesetzt sind, Regen und Stürmen, was uns in der Welt widerfahren kann“, begrüßte Weihbischof Ulrich Boom die Gläubigen. Die genehmigten 350 Plätze waren bis auf wenige Ausnahmen besetzt. Der Weihbischof leitete den Fronleichnamsgottesdienst in Vertretung von Bischof Dr. Franz Jung, der aufgrund eines chirurgischen Eingriffs verhindert war. Der Gottesdienst wurde unter den vorgeschriebenen strengen Sicherheitsmaßnahmen gefeiert. Die Messe wurde live auf TV Mainfranken sowie im Internet auf Facebook, YouTube und bei BibelTV übertragen. TV Mainfranken sendet um 21 Uhr eine Wiederholung. Im ganzen Bistum Würzburg mussten die traditionellen Fronleichnamsprozessionen in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie ausfallen.

Die vergangenen Wochen und Monate hätten gezeigt, dass der Mensch nicht nur vom Brot allein lebe, sagte Weihbischof Boom in seiner Predigt. „Wir spüren, wenn uns menschliche Nähe fehlt, wenn wir isoliert, auf Abstand leben müssen. Wir merken, dass all die Sicherheiten, die wir haben, doch nicht alles sind. Es muss im Leben mehr als all das geben. Ein kleines Virus weist uns in die Grenzen und führt uns die Begrenztheit unserer Möglichkeiten vor Augen.“ Vor diesem Hintergrund könne man auch das Wort von Jesuitenpater Alfred Delp neu hören, der 1945 von den Nationalsozialisten hingerichtet wurde. „Brot ist wichtig, Freiheit ist wichtiger, am wichtigsten aber ist die ungebrochene Treue und die unverratene Anbetung“, schrieb Delp 1944 aus dem Gefängnis in Berlin-Tegel.

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Wie der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer habe Delp zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus gehört. Vor 75 Jahren hätten diese beiden Märtyrer Zeugnis abgelegt, dass Gott stärker ist als alle Mächte dieser Welt. „Sie wussten sich einem höheren Herrn verpflichtet, der eben nicht Brot auf Zeit oder Brot und Spiele gibt, sondern das lebendige Brot, das ewiges Leben schenkt“, erläuterte Weihbischof Boom. „Wenn wir heute im öffentlichen Raum Eucharistie, die Danksagung, das Abendmahl feiern, ist das keine Demonstration von Glaubensmacht und Glaubensstärke, sondern dass Glauben und Vertrauen in und an Gott stark machen und ermutigen zum Leben, einem Leben, das immer, überall und für jeden zählt.“

Im Abendmahlssaal habe sich der Herr im Brot an die Seinen ausgeteilt. „Er kniet sich vor die Seinen. Christus zeigt sich nicht mit Geld und Macht, sondern eben im Brot und im Dienst.“ Das Knien bei den „Black Lives Matter“-Demonstrationen mache ihn nachdenklich, fuhr der Weihbischof fort. „Ist das Knien als Gläubige nicht doch mehr unsere richtige Haltung als unser Stehen? Mich macht es nachdenklich, dass wir uns so schwertun mit dem Knien.“ Man könne die Bibel noch so hochhalten, aber wenn die Schwachen und Unterdrückten nicht zu ihrem Recht kämen, sei das vorgetragene Wort Gottes nur eine Worthülse, betonte Weihbischof Boom. „Wer sich vor dem Brot, in dem der Herr gegenwärtig ist, niederkniet, der kniet auch gegen alle Gewalt und Ungerechtigkeit in dieser Welt nieder. Im Brot des Lebens macht Gott sich klein, lässt sich erniedrigen bis zum Tod am Kreuz, um uns zu zeigen, auf wessen Seite er steht – auf der Seite der Schwachen, Ausgegrenzten und Unterdrückten.“ Ein kleines Stückchen Brot grenze nicht ab und nicht aus, schloss Weihbischof Boom. „Es will uns in die Weite und in die Liebe Gottes führen.“ Die Gläubigen dankten ihm mit spontanem Applaus.

Im Anschluss an den Gottesdienst erteilte Weihbischof Boom auf dem Residenzplatz den eucharistischen Segen mit der Monstranz. Mit dem Lied „Großer Gott, wir loben dich“ klang die rund eineinhalbstündige Feier aus. Das Bläserensemble am Dom, Domkapellmeister Professor Christian Schmid und Domkantor Alexander Rüth (Leitung) begleiteten die heilige Messe.

Dompfarrer Dr. Jürgen Vorndran dankte allen, die an der Organisation und Durchführung „dieses außergewöhnlichen Freiluftgottesdienstes an Fronleichnam“ mitgewirkt haben. „Sie alle zusammen haben es durch Ihr beherztes Engagement möglich gemacht, dass wir Fronleichnam so würdig und eindrucksvoll feiern konnten.“ Allein die Registrierung der Teilnehmenden sei eine „Herkulesaufgabe“ gewesen. Rund 40 Ordnungskräfte – Mitglieder der Feuerwehr sowie Ehrenamtliche aus den Pfarreien und der Dombesucherpastoral – kümmerten sich darum, dass alle Auflagen eingehalten wurden. „Der größte Dank aber gilt dem Herrgott für das angenehm kühle und trockene Wetter.“

Stichwort: Fronleichnam

Das Fronleichnamsfest geht auf eine Vision der Lütticher Nonne Juliana im Jahr 1209 zurück. Die Ordensfrau hatte dabei die Kirche als Mondscheibe gesehen, bei der ein schwarzer Fleck das Fehlen eines Festes zu Ehren der heiligen Eucharistie anzeigte. Der Bischof von Lüttich führte 1246 ein solches Fest ein, das unter österlich-freudigen Vorzeichen das Abendmahlgedächtnis vom Gründonnerstag aufgriff. Aus diesem Grund wurde der Termin auf den zweiten Donnerstag nach Pfingsten angesetzt. 1264 ordnete Papst Urban IV., der frühere Archidiakon von Lüttich, den Festtag für die gesamte katholische Kirche an. Die Bezeichnung Fronleichnam leitet sich vom Mittelhochdeutschen „vrône lîcham“ für „des Herren Leib“ ab. Zentrale Aussage von Fronleichnam ist, dass Jesus seinen Leib und damit sich selbst gibt. Auf diese Weise stiftet er ein fortlebendes Gedächtnismahl, in dem er selbst gegenwärtig ist. Dieses Mahl ist Zentrum kirchlichen Lebens. Das Fest, vor allem die traditionelle Prozession, bringt zum Ausdruck, dass Jesus mit seinem Volk zieht. Dabei steht mehr die Freude an Jesu Gegenwart im Mittelpunkt als sein Leidensweg. Zwar bildet das eucharistische Brot das Zentrum der Feier, seit der Neuordnung der Liturgie gilt Fronleichnam jedoch gleichzeitig als „Fest des kostbaren Blutes“, das früher am 1. Juli gefeiert wurde. Im gesamten Bistum Würzburg wurden die traditionellen Fronleichnamsprozessionen in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt.

sti (POW)

(2520/0618; E-Mail voraus)

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