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„Gott steigt in unser Dunkel als kleines Kind“

Predigt von Weihbischof Ulrich Boom beim Wortgottesdienst zum Weihnachtsfest in der Justizvollzugsanstalt Würzburg am Freitag, 22. Dezember 2017

Liebe Brüder und Schwestern!

„Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht“ (Jes 9,1). So haben wir es gerade in der Lesung aus dem Propheten Jesaja gehört. Es ist ein Trostwort für das Volk Israel vor über zweieinhalbtausend Jahren. Dunkel ist auf Dauer nicht auszuhalten. Wir sehnen uns nach Licht.

Nördlich von Dublin in Irland gibt es eine große Grabanlage aus der Steinzeit: Newgrange. Um 3000 vor Christus wird sie datiert, also vor über 5000 Jahren wurde sie errichtet. Es ist ein riesiges Grab, 100 Meter im Durchmesser. In das Grab führt ein Gang zur Toten- und Opferstätte. Einmal im Jahr, wenn die Nacht am längsten ist, fällt für einen Augenblick ein Lichtstrahl in diesen Kultraum, und da auf einen Stein mit einem Ornament von drei ineinander verschlungenen Spiralen. Diese und ähnliche frühgeschichtliche Gräber sind Zeugnisse unserer Sehnsucht und Hoffnung auf Licht in der Dunkelheit, ewiges Licht, ewiges Leben. Und Dunkelheiten gibt es in unserem Leben zur Genüge, nicht erst am Ende des Lebens, am Ende der Zeit. Es gibt sie in der großen Welt mit ihren Krisen und Katastrophen und in unserer kleinen Welt mit den Sorgen und Problemen des Alltags. Bisweilen sind wir selbst gar noch Verursacher von Dunkelheiten bei uns und anderen durch unsere Schuld und unser Versagen.

„Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht.“ Der Prophet spricht von der Erfüllung dieser Ursehnsucht. Die Engel bringen den Hirten die Botschaft: Gott macht unser Dunkel hell. Und das ist die Botschaft der Weihnacht, der Heiligen Nacht: Gott macht unsere Nächte hell, unsere Nächte von Angst und Not, ja auch die von Versagen und Schuld!

Vielleicht ist es das, was am Weihnachtsfest Menschen in aller Welt berührt, eine Botschaft, die nicht kalt lässt: Ein Gott steigt in unser Dunkel, der Allmächtige macht sich ohnmächtig, der Starke wird schwach, der Ewige wird endlich. Gott steigt in unser Dunkel als kleines Kind.

Es ist nicht Jerusalem und die Macht, sondern Betlehem und die Ohnmacht als Ort seiner Geburt. Es ist der Stall mit dem Dreck und die Höhle mit ihren Dunkelheiten und Unheimlichkeiten in die Gott hinabsteigt, auch bei mir, bei uns, bei einem jeden.

Welche Größe – einer, der es doch nicht nötig hat, nimmt unser Leben ernst. Er spielt nicht mit der Erde, wie es so manche Mächtigen mit der Erde tun. Für sie scheint die Erde ein Spielball ihrer Machtinteressen zu sein. Gott spielt nicht mit uns, er spielt uns auch nichts vor. Im wahrsten Sinne des Wortes: Er macht ernst. Er ist mit uns, bei uns.

Wenn unsere Nächte am längsten sind, manchmal mitten am Tag, möchte er uns mit seinem Licht und seiner Liebe treffen und uns wie den Hirten auf dem Feld zurufen: „Fürchtet euch nicht – heute ist euch der Heiland geboren, Christus der Herr“ (Lk 2,10-11). Amen.