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Dokumentation

„Gott sucht uns – wie wir denn auch immer sind“

Predigt von Weihbischof Ulrich Boom bei der Messe bei der Herbstvollversammlung des Landeskomitees der Katholiken in Bayern in der Würzburger Mutterhauskirche der Erlöserschwestern am Freitagabend, 10. November 2023

Es ist ein provozierendes Evangelium, das wir am heutigen Abend in der Liturgie des Tages lesen und hören. „Der Herr lobte den ungerechten Verwalter, weil er klug gehandelt hatte“ (Lk 16,8).

Ihn ungerecht zu nennen, das klingt fast schon harmlos. Er veruntreut das Vermögen seines Herrn weiter und denen er Schulden erlässt, die bringt er in Abhängigkeit zu ihm und zieht sie hinein in seine Machenschaften. Da meint Jesus: Nehmt euch an diesem gewissenlosen Kerl ein Vorbild. Was möchte uns der Evangelist Lukas mit diesem Gleichnis sagen?

Das Gleichnis ist in der Lesefolge des Lukas-Evangeliums zu sehen. Die Mitte des Lukas-Evangeliums ist das 15. Kapitel mit den Gleichnissen vom Handeln Gottes an den Verlorenen: das verlorene Schaf, die verlorene Drachme und der verlorene Sohn. Gott geht dem Verlorenen nach. Er lässt die Braven brav sein, er stellt alles auf den Kopf und nimmt ohne Wenn und Aber den weggelaufenen und durchtriebenen Sohn wieder auf. Gott sucht, was verloren ist. Nicht der Mensch in seinem Versagen und seiner Schuld ist der Erstsuchende. Gott sucht uns – wie wir denn auch immer sind. An das Gleichnis vom verlorenen Sohn haben wir uns, so denke ich, schon viel zu sehr gewöhnt. Wir spüren vielleicht schon nicht mehr die Spitze. Wir lassen oft in der Lektüre die letzten Verse weg, wenn es um den zurückgebliebenen Sohn geht, der sich über seine eigene Treue im Haus des Vaters ärgert. Jesus sagt uns in diesem Gleichnis, dass Gott in seiner Gerechtigkeit und Barmherzigkeit größer ist, als wir je zu denken wagen.

Die Klugheit, die Jesus an dem unehrlichen Verwalter lobt, liegt darin, dass dieser eine gute Einschätzung seiner selbst hat und sich um seine Zukunft sorgt. Er weiß, dass er zu schwerer Arbeit nicht fähig ist und dass er, wenn er aus seinem bestehenden Arbeitsverhältnis entlassen wird, ein Dach über dem Kopf braucht.

Mir stellt sich die Frage: Habe ich eine rechte Selbsteinschätzung meines Gläubig-seins? Bin ich nicht auch oft sehr pharisäisch in meinem Denken, wenn ich bisweilen weiß, wie Gott zu handeln und wie die Geschichte von Kirche und Welt zu gehen hat?

Glauben und Vertrauen sind ein Kapital, das nicht statisch vorhanden ist. Es ist immer wieder in Gefahr zu zerrinnen. Es muss immer wieder lebendig gehalten und geweckt werden. Die Klugheit des Verwalters besteht darin, dass er nach vorn schaut und offensichtlich Vertrauen auch in seinen Herrn hat, obwohl er ihn hinters Licht geführt hat.

Dann sind wir beim Römerbrief, den wir zurzeit in der „Lectio continua“ lesen. Was Paulus den Römern sagt, könnte bei unserem wirklich großen Engagement auch uns gesagt sein: „Ich bin fest davon überzeugt, dass ihr viel Gutes tut, dass ihr reiche Erkenntnis besitzt und selbst imstande seid, einander zurecht zu weisen“ (Röm 15,14). Ja, aber mit all unserem Vermögen, das wir im Kopf und in der Tasche haben, retten wir uns und die Welt nicht, auch die Kirche nicht. Wir müssen uns immer wieder daran erinnern und erinnern lassen, so wie es der Apostel bei den Römern tut, dass wir gerettet sind. Allein aus Gnade (Röm 11,6; Eph 2,8) sind wir gerettet, weil Gott diese Welt und seine Kirche liebt.

In dieser Beziehung leben wir gegenwärtig wahrhaft in reformatorischen Zeiten. Mich macht es zunehmend nachdenklich, bei allem was an Herausforderungen in Kirche und Welt ansteht, dass wir so genau schon wissen, wie alles zu gehen hat und was alles kommen wird. Nicht, dass wir nicht alles tun und zur Sprache bringen müssen. Es steht Erneuerung an. Wahrlich! Aber nochmals: Nicht unser Vermögen im Kopf und in der Tasche ist entscheidend, sondern unser Herz. Über allem ist der ewig treue Gott, der uns seine Nähe gezeigt hat in Jesus, dem Christus, der ein Herz für den Menschen hat. Gott gilt unser grenzenloses Vertrauen. Wo wir uns selbst mit unserem Vermögen in die Mitte stellen, drehen wir über kurz oder lang durch. Wo wir Christus in unsere Mitte stellen, bekommen wir in all den Turbulenzen unserer großen und kleinen Welt Halt. Amen.