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Gott tritt in Jesus in unser Leben ein

Predigt von Bischof Dr. Friedhelm Hofmann in der Christmette am Heiligen Abend, 24. Dezember 2005, im Würzburger Kiliansdom

In diesem Jahr – 60 Jahre nach Kriegsende – haben wir im März der Zerstörung Würzburgs gedacht. Die Spuren des Krieges sind zwar weitestgehend beseitigt und doch – wie auch in diesem Dom – in unserem Leben weiterhin sichtbar:

allein die Erfahrung der Angst bei sirenenähnlichen Geräuschen, Dunkelheit, Nachrichten von Terroraktionen, Unruhen und Kriegen in der Welt.

Schon der Prophet Jesaja, der im 6. Jahrhundert vor Christus lebte, hatte die Dunkelheit des Lebens in der Erfahrung der babylonischen Gefangenschaft des Volkes Israel beschrieben. Mitten in der damaligen Not, mitten in Angst, Terror, Zerstörung und Unterdrückung lenkte er den Blick auf ein strahlendes Licht, das Jubel und Freude bringt: „Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht.“

Jedes Mal, wenn ein Kind geboren wird, heißt es, sei dies ein Zeichen dafür, dass Gott die Welt noch nicht abgeschrieben habe. Und in der Tat, wer in das lächelnde Gesicht eines neugeborenen Kindes schaut, wird verzaubert, schaut in ein Geheimnis, das diese Welt hinter sich lässt.

Wieviel mehr gilt dies für das Kind, dessen Geburtstag wir heute feiern und das wirklich Licht in das Dunkel unseres Lebens bringt: Jesus Christus.

Der von Jesaja angekündigte Sohn Davids wird im Weihnachtsevangelium – ganz unspektakulär – als der aus dem Haus Davids Erwartete ausgewiesen.

Spektakulär – und für viele märchenhaft – erscheint die Verkündigung dieses Geschehens an die Hirten: „Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr.“

Schon die Schriftsteller des Neuen Testamentes wussten um den Zweifel der Zuhörer. Sie werden nicht müde, die Frohbotschaft am roten Faden der Heilsgeschichte aufzurollen: Der Retter, der nicht nur aus Dunkelheit und Not dieses Lebens befreit sondern aus Sünde und Tod, kommt aus dem Geschlecht und der Stadt Davids. Er ist wirklich – wie Jesaja verheißen hat - „Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens.“

Diese wahrhaft Frohe Botschaft wird oft nicht wahrgenommen.

Die Säkularisierung unseres Alltags lässt oft genug Gott aus dem Blick geraten. Zusätzlich nehmen uns die Vorbereitungen auf das Weihnachtsfest sehr in Anspruch. Lichterglanz und Weihnachtsmarktseligkeit, Familiengefühl und Friedensstimmung münden oft in einen Geschenkrausch, der den Grund des Festes überlagert oder gar zuschüttet.

Es ist so, als ob nur die äußere Hülle des Festes übrig bleibt, sozusagen die Verpackung ohne Inhalt.

Was aber, liebe Schwestern und Brüder, wäre, wenn wir einander an Weihnachten statt der erwarteten Geschenke nur die glitzernde Verpackung überreichen würden? Wie groß wäre die Enttäuschung, wenn uns statt der Gabe nur die Hülle zukäme? Wir wären enttäuscht – und das mit Recht!

Aber muss es nicht so auch den Menschen an Weihnachten gehen, die nur auf Familienidyll, auf heile Welt und Konsum setzen, ohne die tieferen Werte zu erhalten? Muss es uns wirklich wundern, dass so mancher – und erst recht junge – Mensch der Gefühlsverpackung überdrüssig wird und die Feier ohne Inhalt flieht?

Unsere Väter und Mütter und so manch einer auch unter Ihnen haben noch die lebensbedrohende Kriegszeit am eigenen Leib miterlebt. Sie haben in dunklen Bunkern das Licht der Weihnachtsbotschaft als existentielle Lebenshilfe erfahren. Der Blick auf Gott, der uns im Kind von Betlehem nahe gekommen ist und immer wieder zu uns kommt im Wort der Heiligen Schrift, in der Heiligen Kommunion, im Nächsten, der uns braucht, hat ihnen neuen Lebensmut und die Kraft zum Wiederbeginn gegeben. Dies darf uns auch heute nicht verloren gehen!

Wenn wir nicht erkennen, dass in Jesus Christus, der ewige, allmächtige, unsichtbare Gott in unser Leben eingetreten ist, verpassen wir das eigentliche Geschenk dieses Festes. Woher sollte uns sonst Lebenshunger, Hoffnung und Zukunft erwachsen, wenn nicht aus dieser Begegnung?

Der Jesuit und Widerstandskämpfer während der nationalsozialistischen Terrorherrschaft, Alfred Delp, hat noch vor seiner Hinrichtung am 2. Februar 1945 in Berlin-Plötzensee geschrieben: „Laßt uns dem Leben trauen, weil die Weihnacht das Licht gebracht hat. Laßt uns dem Leben trauen, weil wir es nicht allein zu leben haben, sondern Gott es mit uns lebt.“

Es geht dabei um weit mehr als die wenigen irdischen Lebensjahre. Es geht um die Ewigkeit. Amen.

(0106/0014; E-Mail voraus)