Liebe Schwestern und Brüder hier in der Kirche und an den Bildschirmen!
In diesen Tagen denken wir an die Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils vor 50 Jahren. Am 11. Oktober 1962 zogen die zweieinhalb Tausend Konzilsväter mit dem jetzt Seligen Papst Johannes XXIII. in den Petersdom ein. Für drei Jahre war der Petersdom Konzilsaula. Die Sorge der Kirche um den Menschen stand im Mittelpunkt des Suchens und Fragens, des Beratens und Betens. 1962. Die Wunden des Zweiten Weltkrieges heilen. Völker Europas finden zueinander. Völker in den Kolonien gehen in die Unabhängigkeit. Die Fronten zwischen Ost und West verhärten sich. 1962 ist das Jahr der Kuba-Krise. Auf der nördlichen Halbkugel wächst der Wohlstand. Auf der südlichen greift die Armut immer mehr um sich. Es waren bewegende Bilder: Der Papst war von der Sedia gestatoria, dem tragbaren Thronsessel, abgestiegen und ging mit den Bischöfen zu Fuß in die Aula. Mitten in der Aula stand auf einem Thron aufgeschlagen das Evangelium. Wir sind unterwegs und Gottes Wort ist mitten unter uns.
Es ist viel passiert in den fünf Jahrzehnten. Das Bild der Kirche hat sich gewandelt, im Äußeren wie im Inneren. Ob die Herzen immer mitgekommen sind, bleibt die Frage. Die Probleme in der großen und kleinen Welt sind nicht geringer geworden, es scheint sogar so zu sein, dass alles noch schwieriger wird, unüberschaubarer, unlösbarer. Dies gilt ja nicht nur für den innerkirchlichen Raum, das gilt für die Welt insgesamt. Wo geht es hin und was hält?
Stellen wir wie die Konzilsteilnehmer vor 50 Jahren Gottes Wort in die Mitte unseres Fragens und Suchens. Uns geht es so wie dem Mann im heutigen Evangelium: Wir tun alles, setzen auf unser Vermögen und Können und trauen der Macht Gottes nicht. Wir versuchen mit allen Mitteln das Reich Gottes zu erlangen, wollen „nur noch kurz die Welt retten und alle Mails checken“ und vergessen, dass die Welt schon gerettet ist. Wir trauen uns nicht, das Kamel zu sein, das treu seinen Weg durch die Wüste nimmt.
Was Jesus dem Suchenden und den Jüngern im Evangelium ans Herz legt, sagt er auch uns: „Für Gott ist alles möglich“ (Mk 10,27). Das entlässt uns nicht aus unseren Sorgen und Problemen, es nimmt uns aber die Angst vor dem Morgen und der Zukunft, weil Gott bei uns ist und mit uns geht.
Darum hat Papst Benedikt XVI. mit der Eröffnung des Konzilsjubiläums zu einem „Jahr des Glaubens“ eingeladen, damit das Vertrauen in Gott und das Miteinander der Menschen gestärkt werden. Wo wir Vertrauen haben und schenken, wächst Gottes Reich nicht erst im Himmel, sondern schon auf Erden.
Vor den täglichen Beratungen im Petersdom sprachen die Konzilsväter dieses Gebet. Wir können es heute und tagtäglich mit ihnen tun:
„Adsumus – hier sind wir, Herr, Heiliger Geist.
Hier sind wir, mit großen Sünden beladen,
doch in deinem Namen ausdrücklich versammelt.
Komm in unsere Mitte, sei uns zugegen,
ergieße dich mit deiner Gnade in unsere Herzen!
Lehre uns, was wir tun sollen,
weise uns, wohin wir gehen sollen,
zeige uns, was wir wirken müssen,
damit wir durch deine Hilfe dir in allem wohlgefallen!“
Amen.