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Große missionarische Herausforderung

Grußwort des Bischofs von Würzburg, Dr. Friedhelm Hofmann, an die 5. Tagung der 10. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland in Würzburg am 5. November 2006

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

hohe Synode,

sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender,

liebe Schwestern und Brüder,

als Bischof der Diözese Würzburg und im Namen der Katholikinnen und Katholiken dieses Bistums entrichte ich Ihnen einen herzlichen Gruß zur 5. Tagung der 10. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland hier in Würzburg. Zugleich darf ich Sie ganz herzlich grüßen auch im Namen des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann.

Ich begrüße Sie sehr herzlich in Würzburg, der Stadt und dem Bistum. Zum Genius loci einige kleine Hinweise: Hier in Mainfranken, gewissermaßen einem wirklich zentralen Ort Deutschlands, haben im siebten Jahrhundert der Märtyrerbischof Kilian und seine Gefährten Kolonat und Totnan, irische Missionare, das Evangelium verkündet und christliche Gemeinden gegründet. Es ist der Glaube, der uns verbindet.

Die Zentralität dieses Ortes war der pragmatische Grund, warum hier 1848 die erste deutsche Bischofskonferenz tagte, vom 22. Oktober bis zum 26. November. Sie haben sich nicht nur einen ähnlichen Ort sondern auch eine ähnliche Zeit gewählt – eine im Frankenland schöne Zeit. Bis heute tagt hier in Würzburg der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz.

Ebenfalls hier in Würzburg tagte die Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland, die sogenannte „Würzburger Synode“. Sie fand von 1971 bis 1975 statt, und war der groß angelegte Versuch, das Zweite Vatikanische Konzil auf die Situation in Deutschland hin zu konkretisieren, nicht zuletzt im Blick auf die Ökumene und im Blick auf eine größere Mitwirkung und Beteiligung des ganzen Volkes Gottes in der Kirche. – Die Katholiken in der damaligen DDR, denen eine Teilnahme versagt blieb, kamen zusammen in der Pastoralsynode der Katholischen Kirche in der DDR in Dresden (1973-1975).

Schließlich verbinden sich eng mit Würzburg die einzelnen Stadien der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre und ihrer Genese. In diesem Zusammenhang darf ich natürlich auch meinen verehrten Vorgänger im Amt Bischof em. Dr. Paul-Werner Scheele und seinen Anteil an deren Zustandekommen erwähnen. Die Gemeinsame Erklärung ist sicherlich für die evangelisch-katholische Ökumene insgesamt ein Meilenstein.

Was diese betrifft, so macht es gegenwärtig allerdings manchmal den Eindruck, als sei sie, wie es gerne ausgedrückt wird, etwas ins Stottern geraten. Das mag so sein. Solche atmosphärischen Störungen haben jedoch ihre Schwierigkeiten. Sie neigen dazu, sich zu verselbstständigen und bestimmen dann das Klima und das öffentliche Meinungsbild in oft unangemessener Weise. Wir sind im ökumenischen Gespräch bei einigen wirklich schwierigen Fragen angekommen. Ich nenne nur die Frage des geistlichen Amtes in der Kirche. Hier bündelt sich gegenwärtig vieles, was uns ökumenisch Beschwerden macht. Dem Wahrheitsanspruch unserer Traditionen verpflichtet, müssen wir uns diesen Fragen stellen und sie redlich angehen. Die sogenannte „Konsensökumene“ bleibt hier unverzichtbar. – Wir sollten dabei auch nicht vergessen, was bisher gemeinsam selbstverständlich schien. Es wäre verhängnisvoll, wenn durch gegenwärtige Schwierigkeiten im Dialog – die nicht verheimlicht werden sollen – aus dem Blick geriete, was in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten erreicht wurde.

Wir haben doch gemeinsam neu entdecken dürfen, wie tief uns der Glaube an den einen Herrn Jesus Christus und sein Evangelium verbindet. Auf die Bedeutung etwa des Konsenses in der Rechtfertigungslehre hat ja noch kürzlich Papst Benedikt XVI. in seiner Predigt bei der Ökumenischen Vesper im Dom von Regensburg hingewiesen. „Der Rechtfertigungskonsens“, so der Papst, „bleibt eine große und – wie ich meine – noch nicht recht eingelöste Verpflichtung für uns“. Hinter dem Verblassen dieses Themas sieht der Papst letztlich „eine Abschwächung unseres Gottesverhältnisses“. Er folgert daraus: „So wird es wohl unsere allererste Aufgabe sein, den lebendigen Gott wieder in unserem Leben und in unserer Zeit und Gesellschaft neu zu entdecken“. Dies ist in der Tat eine Zukunftsaufgabe, vor der wir gemeinsam stehen.

Sie haben sich mit dieser Tagung der Synode einem anderen zentralen Thema zugewandt, dem Thema Gerechtigkeit im Blick auf Armut und Reichtum in unserer Gesellschaft. Wenn wir die enge Verzahnung von rechter Gottesverehrung und Gerechtigkeit in der Heiligen Schrift bedenken, sozusagen von den Propheten bis hin zum Jakobusbrief, zusammengefasst im Doppelgebot der Gottes- und Nächstenliebe, dann können wir nur sagen: dies ist kein Nebenthema. Die Gerechtigkeitsfrage gehört zur kirchlichen Mitte! Dies wird deutlich auch am Stellenwert des Themas in kirchlichen Aktivitäten der letzten Zeit. Ich weise nur hin auf den Katholikentag dieses Jahres unter dem Leitwort: „Gerechtigkeit vor Gottes Angesicht“ und das Eröffnungsreferat von Kardinal Lehmann bei der diesjährigen Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz, zugleich dem Gedenken an seinen Vorgänger, Kardinal Höffner, gewidmet, einem großen Vertreter christlicher Soziallehre in der katholischen Kirche Deutschlands. Im zweiten Teil seiner Enzyklika „Deus Caritas est“ befasst sich Papst Benedikt XVI. eingehend mit dem Zusammenhang von Gerechtigkeit und Liebe.

Dankbar dürfen wir feststellen, dass wir im Bereich der Sozialethik sozusagen ein zweites Standbein evangelisch-katholischer Ökumene haben. Die Gemeinsamkeit zeigt sich nicht nur in denselben Themen, sondern auch in den Gemeinsamkeiten inhaltlicher Art. Ich möchte in diesem Zusammenhang besonders auf die „Denkschrift des Rates der EKD zur Armut in Deutschland“ vom Juni dieses Jahres hinweisen: „Gerechte Teilhabe. Befähigung zur Eigenverantwortung und Solidarität“. Das Stichwort „Beteiligungsgerechtigkeit“ gewinnt dabei immer mehr an Bedeutung und wird zum Schlüsselwort gemeinsamer Überlegungen. Es fokussiert den Versuch, das Verhältnis von Solidarität und Eigenverantwortung, von Verteilungs- und Befähigungsgerechtigkeit neu in den Blick zu nehmen, „das Soziale neu (zu) denken“, um auf parallele Überlegungen innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz hinzuweisen. Es ist wichtig, wenn die Menschen hierzulande spüren, dass die, die gemeinsam von der Gerechtigkeit Gottes sprechen, wie sie in der Rechtfertigungsbotschaft bezeugt wird, auch gemeinsam von Gerechtigkeit in dieser Gesellschaft sprechen können.

Auf den Anfang zurückzukommend, verweise ich noch einmal auf den Missionar und Märtyrerbischof Kilian und sein Zeugnis für das Evangelium. Wir alle in Deutschland stehen heute wieder vor einer großen missionarischen Herausforderung, das Evangelium den kommenden Generationen weiterzugeben. Wir werden das nur gemeinsam leisten können. Die missionarische Verpflichtung ist und war immer eine eminent ökumenische Verpflichtung.

Dass diese 5. Tagung Ihrer Synode und die Behandlung des Schwerpunktthemas dazu einen Beitrag leistet, dazu wünsche ich gutes Gelingen und Gottes reichen Segen.

(4506/1573; E-Mail voraus)