Würzburg (POW) Die Domschule Würzburg startet unter dem Titel „Machtbewusst“ eine neue Reihe. Was dahinter steckt und welche Verbindungen es zum Synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland gibt, erläutert Dr. Rainer Dvorak, Leiter der Domschule, im folgenden Interview.
POW: Die Domschule startet am Mittwoch, 21. April, mit einem Diskussionsabend mit dem früheren Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière die Reihe „Machtbewusst“. Was ist die Idee hinter der Veranstaltungsserie?
Dr. Rainer Dvorak: Macht ist überall gegenwärtig – in Gesellschaft, Politik, Religion, Kultur, natürlich auch in zwischenmenschlichen Beziehungen. Sie durchzieht jede Form von Interaktion und gemeinschaftlicher Gestaltung der Wirklichkeit. In der Kirche wurde das rund um das Thema sexualisierte Gewalt sichtbar. Zugleich erzeugt Macht auch Ohnmacht. Über sie wird nur ungern gesprochen. Sie ist so etwas wie die verschämte Seite der Macht. Die Reihe „Machtbewusst“ will sich mit dieser Größe auseinandersetzen und sie in ihren Erscheinungsformen und Wirkungen aus unterschiedlichen Perspektiven ins Bewusstsein rücken. Sie will so das Thema Macht aus dem Tabu holen und im Nachdenken über sie eine Hilfe sein zu einem angemessenen Umgang mit Gefahren, die von Machtstrukturen ausgehen.
POW: Welche Querverbindungen gibt es zu zentralen Fragen des Synodalen Wegs?
Dvorak: Der Anstoß für den Synodalen Weg war die sogenannte Missbrauchskrise, die den Reformstau in der katholischen Kirche unübersehbar gemacht hat. Missbrauch in Form von sexualisierter oder spiritueller Gewalt ist Missbrauch von Macht. Insofern durchzieht der Themenstrang Macht – Machtmissbrauch – Machtkontrolle sämtliche im Synodalen Weg diskutierten Themen. Das entsprechende Gesprächsforum zum Thema Macht ist sachlich eine Art Grundlagenforum für die anderen. Die bisher dort angestellten Überlegungen verlangen nach einer Schärfung des Begriffs Macht und nach Formen von Machtkontrolle. Die Reihe „Machtbewusst“ versteht sich also auch als reflexive Begleitung der Beratungen des Synodalen Weges, geht aber nicht darin auf, weil Machtmissbrauch und Machtkontrolle auch außerhalb der Kirchenmauern elementare Bedeutung haben.
POW: Welche weiteren Referenten haben Sie bislang schon gewinnen können?
Dvorak: Da wir sehr unterschiedliche Schneisen in dieses Themenfeld planen, vertreten die Akteure, die wir für die nächsten Veranstaltungen gewinnen konnten, auch ganz unterschiedliche Professionen und Perspektiven: Die Professoren Georg Schöllgen und Martin Ebner machen sich Gedanken zu einer sach- wie zeitgemäßen Ausgestaltung des Amtes in der Kirche, indem sie auf historischer und bibelwissenschaftlicher Grundlage eine Brücke von der Frühen Kirche in die Gegenwart schlagen. Das geschieht auf der traditionellen Kooperationstagung der Domschule mit dem Bibelwerk der Diözese Würzburg, an der sich heuer auch der Diözesanrat der Katholiken im Bistum beteiligt. Auf eine ganz an den Teilnehmenden orientierte Weise erschließt ein „Soziopod“ im Diskurs das Phänomen der Macht. Wir sind sehr froh, dass wir dieses erfolgreiche Podcast-Format von Nils Köbel und Patrick Breitenbach – der eine Erziehungswissenschaftler, der andere Medienberater – für unsere Reihe „Machtbewusst“ rekrutieren konnten. Es hat den Anspruch, Soziologisches „auf die Straße zu bringen“. Und schließlich bieten die Künstler Cornelius Muth (Bass) und Ulrich Pakusch (Klavier) einen interaktiven Liederabend zum Thema „Die Macht und ihre Masken“ – eine Möglichkeit, sich dem Thema auf künstlerische Weise zu nähern. Das Verhältnis von Angst und Macht, die Macht des Geldes, aber auch die Macht der Sprache sind weitere Themen, die wir bedenken wollen.
POW: Was erhoffen Sie sich am Ende der Reihe an Erkenntnissen?
Dvorak: Wir wissen nicht, wann die Reihe endet. Sie soll sich aber nicht nur in der Begleitung des Synodalen Weges erschöpfen. Wenn die Reihe grundsätzliche Einsichten in das Phänomen der Macht zutage fördert und so Impulse für eine gerechte Beteiligung an Macht setzt, dann hat sie ihr Ziel erreicht.
Interview: Markus Hauck (POW)
(1621/0383; E-Mail voraus)
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