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Im Gespräch

„Gut um sich selber kümmern!“

Albert Knött, Fachreferent für Ehe-, Familien- und Lebensberatung (EFL) im Bistum Würzburg, über den Umgang mit reduziertem Weihnachten

Würzburg (POW) Seit Wochen herrscht Teillockdown in Deutschland. Die Einschränkungen sollen auf Empfehlung von Wissenschaftlern an Weihnachten noch verschärft werden. Sicher ist, dass an Weihnachten weniger Kontakte als gewohnt stattfinden können. Albert Knött, Fachreferent für Ehe-, Familien- und Lebensberatung (EFL) im Bistum Würzburg, erklärt im folgenden Interview, welche Auswirkungen die Corona-Einschränkungen haben können, und gibt Tipps, wie damit umgegangen werden kann.

POW: Weihnachten ist das Fest der Liebe. In dieser Zeit finden normalerweise viele Familienfeiern und Treffen mit Freunden statt. Wie kann mit den Ausgangsbeschränkungen an den Festtagen umgegangen werden?

Albert Knött: Die Reduzierung von Kontakten und Aktivitäten ist schon jetzt und wird besonders auch an Weihnachten für viele nicht leicht sein. Dafür gibt es keine einfache Lösung. Was ich allen empfehle, die sich einsam fühlen, ist, sich gut um sich selbst zu kümmern. Wieder anzufangen, auch sich selbst mit Freundlichkeit und Mitgefühl zu begegnen. Zu überlegen, welches Buch man schon lange lesen wollte, welche Musik einen glücklich macht oder welchen alten Bekannten man schon ewig mal anrufen wollte. Hilfreich ist auch, dem Tag Struktur zu geben mit Bewegung und gesunder Ernährung. Begegnungen können auch über Videoanrufe oder im Freien und mit Abstand stattfinden. Es wäre zum Beispiel eine Idee, die Thermoskanne und den Kuchen einzupacken und gemeinsam einen Waldspaziergang zu machen.

POW: Können Geschenke die Nähe und Liebe ersetzen?

Knött: Berührung und Körperkontakt kann nicht leicht ersetzt werden. Der Mangel an Körperkontakt wird als großer Verlust empfunden. Persönliche Geschenke können einen in gewissem Maß auch berühren und ans Herz gehen, beispielsweise wenn Kinder etwas zeichnen, ein Brief oder eine schöne Verpackung. Generell ist es schön, ein Geschenk zu bekommen, das mit Bedacht ausgewählt ist oder das etwas von der Beziehung ausdrückt. Ein liebevoll gepacktes Päckchen kann sehr wertvoll sein. Auf der anderen Seite kann ein perfektionistischer Anspruch großen Weihnachtsstress verursachen. Es können nicht alle Freunde und Kolleginnen ein individuelles und liebevolles Geschenk bekommen.

POW: Können die Einschränkungen auch als Entschleunigung erlebt werden?

Knött: Im ersten Lockdown war das bei Menschen zu beobachten, die keine finanziellen Sorgen haben, nicht zur Risikogruppe gehören und keine Kinder haben, die von den Schulschließungen sehr betroffen waren. Bei Familien, bei denen die Eltern von Home-Office und Home-Schooling betroffen waren, wurde diese Zeit als sehr stressig empfunden. Dadurch, dass Schule, Sport und Arbeit auf zu Hause verlegt wurden, war man ständig aufeinander. Das hat dann im Grunde wie ein Schnellkochtopf gewirkt, in dem die Gefühle schnell hochkochen.

POW: In diesem Jahr wird die Kernfamilie mehr Zeit an Weihnachten gemeinsam verbringen. Wie kann so ein „Schnellkochtopf-Phänomen“ umgangen werden?

Knött: Es wäre gut, im Vorfeld eine Familienkonferenz zu halten und zu klären, wie diese Tage verbracht werden sollen. Dabei kann festgestellt werden, wem was wichtig ist und warum. Die Mutter, der es wichtig ist, dass die Wohnung festlich dekoriert ist, kann dann vielleicht verstehen, warum die Teenagertochter das nicht so wichtig findet und deshalb nicht mithelfen möchte. Wenn jeder gehört wird und sich verstanden fühlt, dann ist das eine sehr gute Voraussetzung. Auch eine gute Planung kann helfen. Davor abzusprechen, was gegessen wird und wer was übernehmen kann, wann gefeiert wird und wann Pausen für jeden sind, wäre gut. Zum Beispiel kann vereinbart werden, dass der Heiligabend und der zweite Weihnachtsfeiertag gemeinsam verbracht werden, während den ersten Weihnachtsfeiertag jeder für sich individuell nutzen kann. Die Nähe und Distanz müssen reguliert werden.

POW: Es gibt Menschen, die Weihnachten alleine sind. Wie können sie die Zeit verbringen, ohne sich einsam zu fühlen?

Knött: Zunächst einmal ist Einsamkeit nicht eine Frage der tatsächlichen Kontaktzahl. Einsam bedeutet, dass ich mich nicht gesehen oder anerkannt fühle. Die Zahl der Singlehaushalte nimmt in Deutschland beständig zu. In den vergangenen 15 Jahren ist die Zahl um drei Millionen gestiegen. Die Tendenz zur Individualisierung nimmt schon länger zu und Corona verstärkt das.

Digitale Medien können eine große Hilfe sein, aber auch eine große Gefahr in Bezug auf das Suchtverhalten darstellen. Für manche ist am Schlimmsten, dass sie denken, alle anderen wären glücklich, nur sie selbst nicht. Vielleicht hilft es ihnen, sich vor Augen zu führen, dass Weihnachten trotz all seiner Bedeutung nur ein Abend von 365 Abenden im Jahr ist. Und auch die Heilige Familie hat an diesem Abend Isolation und „Unbehaustheit“ erleben müssen.

POW: Die finanzielle Situation von vielen ist ungewisser geworden. Wie kann ich meinem Kind vermitteln, dass die Bescherung in diesem Jahr kleiner ausfällt?

Knött: Es ist immer gut, mit Kindern offen und ehrlich zu sprechen und zu erklären, dass dieser Wunsch in diesem Jahr nicht erfüllt werden kann. Da kann ein Kind enttäuscht sein, aber das Wichtigste ist eine stabile, zugewandte und liebevolle Beziehung. Das Glück hängt nicht am neuesten Handy, sondern daran, ob sich das Kind gesehen, beachtet und verstanden fühlt. Eine verlässliche und gute Beziehung ist das Entscheidende!

POW: Weihnachten wird oft mit Stress verbunden. Woher kommt das und wie kann das vermieden werden?

Knött: Ich denke, dass viele unbewusst ersehnen, dass an Weihnachten alles gelingen soll, was sonst zu kurz kommt: die Erfüllung materieller Wünsche, liebevoller Umgang, Harmonie und Frieden. Dazu eine glanzvoll dekorierte und geputzte Wohnung und viele verschiedene Plätzchensorten, die mit immer glücklichen Kindern gebacken wurden. Diese unbewussten Sehnsüchte sind eine Überforderung und führen zu großem Stress. Hier hilft es, zu priorisieren, im Vorfeld zu entscheiden, was mir wirklich wichtig ist und auf was ich verzichten kann. Es können zum Beispiel Telefonate in den Januar geschoben werden, Geschenke nur auf den innersten Kreis reduziert oder das Drei-Gänge-Menü kann in ein einfaches Essen abgewandelt werden. Es ist gut, diese Vorhaben auch mit den Beteiligten abzusprechen, sich also der eigenen Bedürfnisse bewusst zu werden und diese auch mitzuteilen. Es ist wichtig, in diesen Tagen eine „Work-Family-Life-Balance“ zu halten.

Weitere Informationen zu den Angeboten der Ehe-, Familien- und Lebensberatung sowie eine Online-Beratung gibt es im Internet unter www.eheberatung-wuerzburg.de.

Interview: Magdalena Rössert (POW)

(5120/1289; E-Mail voraus)

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