Wiesentheid (POW) In neuer Farbigkeit erstrahlt die Barockkirche Sankt Mauritius in Wiesentheid nach der Generalsanierung. In rund viereinhalb Jahren wurden Staub und Schmutz der vergangenen 120 Jahre von den berühmten Fresken und der Innenausstattung entfernt. Darin fügt sich harmonisch die neue Ausstattung mit Hochaltar, Ambo, Stele, Taufstein und Osterkerze ein. „Wir wollen ganz bewusst die Verbindung von Alt und Neu deutlich machen“, beschreibt Dekan Peter Göttke das Konzept. Im Rahmen eines Gottesdienstes am Samstag, 21. Oktober, um 15 Uhr zieht die Gemeinde in einer Prozession von der Ausweichkirche im Pfarrheim zurück nach Sankt Mauritius. Diözesanadministrator Weihbischof Ulrich Boom wird den Altar und die Orgel weihen. Anlässlich der Wiedereröffnung werden zudem erstmals die „Barocktage Wiesentheid“ mit Konzerten und Kunstausstellungen veranstaltet.
Wer Sankt Mauritius betritt, gerät sogleich in den Bann einer faszinierenden optischen Illusion. Im Kirchenschiff wachsen mächtige Säulen in schwindelerregende Höhen und enden in einer hohen Kuppel. Über dem Altar öffnen sich die Säulen in einen strahlend blauen Himmel, in dessen Mitte die Dreifaltigkeit dargestellt ist. „Wir haben eine Cabrio-Kirche“, habe ein Ministrant einst gesagt. Insgesamt 3000 Quadratmeter Fresken schuf Giovanni Francesco Marchini, ein Meister der barocken Illusionsmalerei, von 1728 bis 1730. Doch Staub, Schmutz und Kerzenruß hatten die Fresken und die Innenausstattung seit der letzten Generalsanierung im Jahr 1897 mit einer unansehnlichen Schicht überzogen. Die Sebastiani-Kapelle neben der Orgel etwa sei von den Gläubigen gar nicht mehr richtig gesehen worden, sagt Kirchenpfleger Paul Schug. „Die Wahrnehmung endete an der Balustrade.“
Schon unter Göttkes Vorgänger Pfarrer Hermann-Josef Schöning war eine umfangreiche Sanierung der Pfarrkirche beschlossen worden. Als Göttke im Jahr 2008 Pfarrer von Wiesentheid wurde, hatten die Planungen und Voruntersuchungen bereits begonnen. Doch im Juni 2010 entdeckte er im Deckenfresko einen Wasserschaden. „Nun musste es ganz schnell gehen.“ Bei der Untersuchung des Dachs, das teilweise noch mit den originalen handgemachten Biberschwanzziegeln aus der Barockzeit gedeckt war, offenbarten sich weitere Schäden. „Einige der Dachgauben waren so morsch, dass sie dem Dachdecker förmlich in der Hand zerbröselten“, beschreibt Göttke. Auch die Traufbalken und die Pfeiler der Empore waren teilweise verfault. Am 21. April 2013 zog die Gemeinde in eine Ausweichkirche im Pfarrheim um, und die Innensanierung konnte beginnen.
In monatelanger Arbeit trugen die Restauratoren eine bis zu fünf Millimeter dicke Schicht aus Staub und Schmutz ab. „Sie hatten Dampfdüsen, so groß wie ein kleiner Finger, und haben mit Schwämmchen nachgearbeitet“, erzählt Göttke. Dabei stellte sich heraus, dass vor 120 Jahren der blaue Himmel mit einer beigen Lasur übermalt worden war. „Das gab ihm eine zweidimensionale Wirkung. Erst durch die Reinigung hat das Deckenfresko wieder Tiefenwirkung bekommen.“
Es gab noch weitere Überraschungen. So kam etwa bei der Reinigung der Nepomuk-Kapelle in der Darstellung, in welcher der Heilige über die Brücke gestürzt wird, unter der Brücke ein zweiter Engel zum Vorschein. Die Gesichter und Hände der Heiligenfiguren, deren Bleiweiß einem schmutzigen Dunkelgrau gewichen war, haben nun wieder ihren originalen natürlichen Hautton. Die ursprüngliche Farbe war an der linken Hand des heiligen Bonifatius, die lose in ihrer Fassung steckte, sichtbar geworden. Auch das Bleiweiß stammte aus dem Jahr 1897, erklärt Göttke: „Das sollte die Erhabenheit unterstreichen. Wo immer es möglich war sind wir, in Absprache mit dem Denkmalamt, zum Urzustand zurückgekehrt. Die Kirche ist nun wieder so, wie die Gläubigen sie bei der Weihe im Jahr 1732 gesehen haben.“ Bis auf eine Kleinigkeit: Gut versteckt hinter den Schränken in der Nepomuk-Kapelle wohnt nun eine kleine gemalte Kirchenmaus.
Die Technik dagegen ist neu, von unsichtbar verlegten Kabelkanälen über eine moderne Bankpodest-Heizung bis hin zu den energiesparenden LED-Leuchten, die an frei vor den Wänden stehenden Metallpfeilern montiert sind. „Wir wollen den Raumeindruck so wenig wie möglich stören“, sagt Göttke. Und falls das neue Schieferdach einmal undicht werden sollte, werde dies künftig sofort sichtbar sein: Zwischen dem Dach und der Verschalung wurde eine luftdurchlässige knallblaue Folie verlegt. Ein Schaden am Dach könne nun sofort gesehen und repariert werden, erläutert der Dekan.
Im Zuge der Sanierung bekam die Kirche auch eine neue Ausstattung. Die alte Einrichtung stammte aus der Zeit vor der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils. „Sie war für den barocken Raum gemacht. Wir haben uns entschieden, mit der neuen liturgischen Ausstattung uns und unsere Zeit in den historischen Raum hineinzustellen“, sagt Göttke. Altar, Ambo, Christusstele, Taufbecken und Osterkerze sind aus Stahl mit einer Blattvergoldung. „Wir wollten eine wertige, edle und zugleich schlichte Ausstattung“, beschreibt der Dekan. Erhalten blieb das neugotische Taufbecken. Es steht nun als Weihwasserbecken in der Eingangshalle.
In der Sanierung stecke viel Eigenleistung der Gemeinde, betont der Dekan. Als beispielsweise für die Bodensanierung die Bänke und Bankpodeste geräumt werden mussten, seien mehr als 50 Menschen gekommen, drei Lkw und ein Bulldog mit Anhänger standen vor der Tür. „An einem Samstag war die Kirche ausgeräumt. Es war gigantisch!“ Auch das Fundraising sei gut gelaufen. So wurden etwa Tonziegel mit dem Konterfei des heiligen Mauritius bemalt und verkauft. Es gab Benefizkonzerte und Sonder-Postkarten. Aktuell würden Paten für die neuen Orgelpfeifen gesucht, ergänzt Schug.
Der heilige Mauritius, der Namenspatron der Kirche, wird bei der Wiedereröffnung eine besondere Rolle spielen. Bei der 1500-Jahr-Feier seiner Grablegung in Sankt Mauritius im Wallis (Schweiz) habe die Gemeinde einen Stein von seinem Grab bekommen, erzählt Göttke. Dieser werde bei der Wiedereröffnung in eine Vertiefung im Boden gelegt – genau an dem Punkt, an dem das Deckenfresko seine größte Wirkung entfaltet. „Darüber kommt Glas, damit man ihn auch sieht.“ Der Stein habe für ihn eine symbolische Bedeutung, sagt Göttke: „Das Zeugnis der Märtyrer wird zur Perspektive der lebendigen Kirche.“
Wiedereröffnung der Pfarrkirche Sankt Mauritius und „Barocktage Wiesentheid“
Die Pfarrkirche Sankt Mauritius in Wiesentheid wird am Samstag, 21. Oktober, um 15 Uhr mit einem Gottesdienst wieder eröffnet. Der Gottesdienst beginnt in der Ausweichkirche im Pfarrheim. Die Gläubigen laufen in einer Prozession zur Pfarrkirche und bringen dabei die Gottesdienstgegenstände zurück. In Sankt Mauritius wird der Gottesdienst fortgesetzt. Diözesanadministrator Weihbischof Ulrich Boom weiht den Altar und die Orgel und segnet die neue Einrichtung. Es besteht die Möglichkeit, den Gottesdienst per Videoübertragung in einem Zelt neben der Kirche mitzufeiern. An den Gottesdienst schließt sich eine Feierstunde in der Steigerwaldhalle an.
Anlässlich der Wiedereröffnung von Sankt Mauritius werden bis Samstag, 28. Oktober, die ersten „Barocktage Wiesentheid“ gefeiert. Sie beginnen am Sonntag, 22. Oktober, mit einem Festakt. Um 10.30 Uhr wird ein Festgottesdienst in der Pfarrkirche gefeiert. Ab 12 Uhr gibt es ein Programm mit Livemusik, Kunstausstellungen und Kirchenführungen. Die offizielle Eröffnung ist um 13.30 Uhr auf dem Schlossplatz. Um 18.30 Uhr wird der Film „Barockes Wiesentheid“ gezeigt, um 21 Uhr steigt das große Eröffnungsfeuerwerk. Ab Montag, 23. Oktober, finden jeweils ab 19 Uhr Konzerte statt. Unter anderem gibt es ein Orgelkonzert mit Regionalkantor Christian Stegmann, einen Auftritt von Andreas Kümmert sowie „Rock im Markt“ mit Hits von AC/DC und Kiss.
Weitere Informationen und das ausführliche Programm gibt es im Internet unter www.mauritiuskirche-wiesentheid.de und www.barocktage-wiesentheid.de.
sti (POW)
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