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„Hausherr ist der lebendige Christus“

Predigt von Weihbischof Helmut Bauer am 1./2. Oktober 2005 anlässlich des Kirchweihjubiläums in Wenighösbach

Liebe Pfarrgemeinde Wenighösbach !

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn !

In einem russischen Film aus der jüngeren Zeit lässt der Regisseur eine alte Frau den Weg zur Kirche, zu einem Gotteshaus suchen. Als ihr in der ihr fremden Stadt gesagt wird, dass dieser Weg nicht zur Kirche führe, sagte sie so vor sich hin: „Was ist das für ein Weg, der nicht zur Kirche führt !“

Nun - früher war der hohe Kirchturm eines Münsters, einer Kathedrale, eines Domes, Orientierungspunkt für die Menschen. Heute verschwinden die Kirchen in den Großstädten durch Wolkenkratzer und Hochhäuser aus dem Blickfeld. Auch das zeigt etwas vom Wandel unserer Tage. Noch bestimmen die Kirchtürme bei uns das Ortsbild und die Wege zur Kirche sind hier noch leichter zu finden, aber wir wissen, wie heruntergekommen und ruinös viele Kirchen in der ehemaligen DDR sind – nach 40 Jahren Kommunismus und zwölf Jahren Nazi-Regime, Spiegelbild auch für die Grundeinstellung vieler Zeitgenossen für die zeitliche Glaubensverdunklung und Glaubenswüste. Und hier in Wenighösbach feiert man zwei Jubiläumstage der Kirche, des Gotteshauses. Und man kann wirklich sagen: Ihr habt die Kirche im Dorf gelassen – äußerlich, innerlich. Und ihr liebt euer Gotteshaus – und ihr lebt mit euerem Gotteshaus noch von Geburt bis zum letzten Lebenstag. Dafür einfach Dank, Lob und Anerkennung. Für euch ist die Kirche mehr als nur ein sonntäglicher Versammlungsraum, mehr als nur ein erhaltenswertes Baudenkmal, mehr als nur ein historisch-interessantes Gebäude. Was für einen katholischen Christen die Kirche ist und sein soll, das wollen wir kurz an einem solchen Jubiläumstag bedenken und betrachten:

Die Kirche ist das Haus Gottes in Wenighösbach.

Ja. Gott wohnt hier. Haus an Haus mit euch. Er hat eine Hausnummer wie euere Häuser auch. Man wird sagen: Das ist doch nur symbolhaft gesagt. Nein - Hausherr in euerer Kirche ist der lebendige Jesus Christus im Tabernakel. Symbolhaft wohnt Gott im Tempel in Jerusalem. Leibhaftig wohnt er in einer geweihten Kirche. Denn das macht ja gerade das katholische Gotteshaus aus. Er ist gleichsam ein zu Stein gewordenes Zeichen: In Jesus Christus ist Gott in unseren Lebensraum, in unsere Lebenszeit eingetreten. Wir zählen die Jahre nach Jesu Geburt. Anno Domini. In einer geweihten Kirche ist das Bekenntnis: Gott ist und bleibt in Jesus Christus unter uns - leibhaftig. Wirklich. So ist ein katholisches Gotteshaus die Manifestation unseres Glaubens. Gott ist in Jesus hier bei euch in Wenighösbach. Euere Väter und Mütter – Vorfahren – haben es sich was kosten lassen, eine Kirche zu bauen – nicht, weil sie nicht nach Hösbach zum Gottesdienst gehen wollten; nein: weil sie bekunden wollten: Jesus Christus ist lebendig bei uns. Ja – so ist auch unser Verhalten: Euere Kirche ist das Haus von Nazareth, wo er wohnte, ist Bethlehem, wo er zur Welt kam, ist Kapernaum, wo er predigte, ist Jerusalem, wo er starb, ist der Abendmahlsaal, wo er die Eucharistie gefeiert hat, ist der Pfingstsaal, wo die Kirche Lebenskraft erhalten hat und noch erhält. Wand an Wand wohnen wir mit dem Herrn, der für uns Mensch geworden ist. Darum wollen wir uns im Gotteshaus so verhalten, dass man uns anmerkt: Wir gehen ehrfürchtig in das Gotteshaus. Wir hören hier Jesus. Wir feiern mit ihm Mahl. Wir erfahren die Kraft aus der Höhe. Daher sollen wir ihn auch öfters allein ansprechen und im Vorbeigehen an der Kirche vielleicht ein kurzes Gebet sprechen.

Die Kirche ist das Haus der Gemeinde.

Natürlich ist ein Gotteshaus aus Stein selber wieder ein Zeichen für eine andere Wirklichkeit. Nämlich: Die eigentliche Kirche ist die Kirche, also die Gemeinschaft der gläubigen Menschen, die in der Taufe zu der einen Familie der Gotteskinder gemacht, geheiligt worden sind. Gerade die Heilige Barbara kann zusammen mit dem Marienbild in dieser Kirche deutlich machen, wie sehr wir in einer Gemeinschaft der Kirche leben, die über die Zeiten hinaus greift. Maria, Barbara, unsere Verstorbenen und wir sind die Kirche, wir gehören zur Familie Gottes. Man kann in einem Dorf, auch in einem kleinen, nebeneinander vorbei leben, kaum vom anderen etwas wissen, wie es ja zunehmend auch bei uns schon leider zu beobachten ist. Aber das bedeutet Verlust von Lebensqualität und Lebenskraft. Das Gotteshaus aus Stein ruft uns auf, uns zu sammeln, solidarisch zu sein, zueinander zu stehen, in der Weggemeinschaft miteinander zu bleiben. Ihr wisst ja selber, was es bedeutet, eine solidarische Dorfgemeinschaft zu haben mit der Lebendigkeit euerer Vereine und Verbände, euerer Feste und Feiern, unseres Zueinanderstehens. Wir brauchen einander schon aus menschlichen Gründen. Wir gehören zueinander aus religiösen Gründen. Und durch die Erinnerung an die Weihetage dieser Kirche machen wir uns auch bewusst, dass wir in großen Gemeinschaften eingebunden, getragen und gestärkt sind: durch den Bischof, durch den Papst. So leben wir gleichsam im Blutkreislauf der ganzen Kirche, im Lebensrhythmus der Kirche. Dies kommt besonderes in der einzigartigen Feier der Eucharistie zum Ausdruck. Sie wird weltweit, rund um den Erdball, in gleicher Weise, besonders am Tag des Herrn gefeiert. Und in der Eucharistiefeier sind wir sogar in die große Gemeinschaft des Himmels eingeschlossen. Großartig also, wie weit die eigentlichen Kirchenmauern sind. Daher: Schließt euch nicht aus von diesem Blutkreislauf der Gottesfamilie, der uns besonders in der Eucharistiefeier am Sonntag deutlich aufgezeigt wird an diesem Ort.

Schließlich:

Die Kirche, das Gotteshaus, ist ein Haus des Gebetes für den einzelnen. Hier an diesem Ort und in der gemeinsamen Feier bleiben wir in Kontakt mit dem Glaubensleben der Kirche. Hier bleiben wir in der Wahrheit des Glaubens. Hier lernen wir beten, glauben, hoffen und lieben. Hier hören wir das Evangelium in der Autorisierung durch die Kirche, hier bewahren und bestärken wir unseren Glauben an Jesus, den Sohn Gottes. Hier lassen wir uns in den Sakramenten für unseren persönlichen Glaubensweg in der Kirche begleiten. Hier machen wir uns nicht unsere eigene Religion zurecht, fallen nicht in die Gefährdung von Sekten, hier können wir in den Sakramenten der Kirche die göttliche Lebenshilfe erfahren und aufnehmen. Hier dürfen wir aber auch selber sein in unserem Glauben und sollen mit unserer Art, Jesus zu lieben, auch andere bereichern und bestärken.

Wir zur Kirche geht und hält, der ist nicht so sehr in Gefahr, den kurzlebigen Lebensformen der Welt zu verfallen. Wer zur Kirche hält, lässt sich nicht von den mächtigen der Erde, von den Verführern der Menschen beeinflussen, der braucht keine Angst zu haben, einmal sein Parteibuch zerreißen zu müssen, einmal seine Verfallenheit an irdische Heilverheißungen bedauern zu müssen. Wer zur Kirche steht, hat es nicht immer leicht, aber er gehört letztlich doch zu denen, denen Zukunft und Friede verheißen ist.

Heute sind – wie wir wissen – in den Städten Kirchengebäude oft nur noch leere, entleerte Gebäude. Auch ein Ausdruck einer Situation in unserem Land. Noch – noch ist es in unseren fränkischen Gemeinden nicht so weit. Doch gefährliche Tendenzen sind zu beobachten. Daher ist ein bewusstes Feiern von Kirchenjubiläen ein wichtiges Tun. Wer dieses Jubiläum feiert wie ihr, wird für kommende Generationen die Kirche „im Dorf lassen“.

(4501/1320)