Würzburg (POW) Bischof Dr. Franz Jung hat am Montagabend, 11. April, die Heiligen Öle für alle 152 Pfarreiengemeinschaften und Untergliederungen im Bistum Würzburg im Würzburger Kiliansdom geweiht: das Katechumenenöl für die Salbung der Taufbewerber, das Chrisamöl für Taufe, Firmung, Priester- und Bischofsweihe sowie für die Weihe von Kirchen und Altären, das Krankenöl für die Krankensalbung. Die Priester und Diakone erneuerten im Gottesdienst ihr Weiheversprechen. Die Chrisammesse wird nur einmal im Jahr gefeiert. An der Seite von Bischof Jung zelebrierten Bischof em. Dr. Friedhelm Hofmann, Generalvikar Dr. Jürgen Vorndran, drei Regionalsprecher der Dekane sowie ein Sprecher des Priesterrats. Zuvor gestaltete der Bischof am Nachmittag im Kiliansdom einen „Tag der Besinnung" für Priester und Diakone.
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In seiner Predigt blickte Bischof Jung auf die Bestandteile, die ein gutes Salböl ausmachen: das Pfund der Großherzigkeit, das echte Öl der Authentizität und die Narde der Vollkommenheit. In der Szene von der Salbung Jesu mit dem kostbaren Nardenöl werde deutlich: „Es macht das Wesen des Guten aus, sich zu verströmen“, sagte der Bischof. Dieses Sich-Verströmen sei das Wesen des Göttlichen. „Von daher verwundert es nicht weiter, dass die Kirchenväter das solcherart duftende Haus mit der Kirche selbst identifizierten.“
Zum Bedauern des Bischofs gebe es auch im Haus der Kirche neben dem flüchtigen Wohlgeruch auch andere Geruchsnoten: den „ätzenden Geruch der Kirchenkritik“ beispielsweise, der auch daher rühre, dass es lange Zeit nicht möglich gewesen sei, Missstände offen anzusprechen und Kritik zu äußern. „Was unterdrückt wird, gärt.“ Auch beim „Gestank der Sünde“ schlage der Geruchssinn Alarm. „Missbrauch in allen seinen Variationen wirkt verstörend und abstoßend. Das Haus muss gründlich gelüftet werden, soll es jemals wieder bezugsfertig sein.“ Darüber hinaus gebe es den „strengen Geruch der Reinigungsmittel“, mit denen das Haus gründlich gesäubert werden solle. Diskussionen um Machtverteilung, Teilhabegerechtigkeit, Transparenz und Strukturen stünden an und seien dringend notwendig. Sie wirkten aber nicht anziehend wie der Duft des Öls. Und ob die Reformbemühungen am Ende das Haus wieder füllten, stehe noch dahin.
Das Chrisamöl steht nach den Worten von Bischof Jung für die Großzügigkeit hinter der liebevollen Salbungsgeste der Maria. „Nicht die kleinen Dosen helfen weiter. Wenn der Duft des Öls sich ausbreiten soll, müssen wir viel investieren.“ Jesu Vorbild bleibe dabei Verpflichtung. Weiter betonte Bischof Jung, dass es echtes Öl brauche, um langanhaltende Wirksamkeit zu erzielen. „Für uns als Bischöfe, Priester und Diakone heißt das: Echtheit strahlt aus. Was aufgesetzt oder gespielt ist, vermag die Herzen nicht zu erreichen.“ Dazu gehöre es auch, gut mit den eigenen Fehlern und Schwächen umzugehen. „Das Krankenöl erinnert uns an unsere Bedürftigkeit.“ Gerade in der menschlichen Schwachheit erweise es seine Kraft. Das „kostbare Nardenöl“ sei ein Spitzenprodukt unter den ätherischen Ölen. Jede falsche Routine, die zu Oberflächlichkeit und Nachlässigkeit führe, gelte es zu vermeiden. Zugleich mahnte der Bischof, die aufgetragenen Aufgaben gut und mit geistlicher Tiefe zu erfüllen. Dieses Streben nach Vollkommenheit symbolisiere das Katechumenenöl. „Es lädt uns dazu ein, dem unendlichen Gott auf der Spur zu bleiben, der uns auffordert, ins Weite und in die Tiefe hinauszufahren.“
Nach der Predigt brachten zwölf Diakone Chrisamöl, Katechumenenöl und Öl für die Krankensalbung zum Altar, wo die einzelnen Öle zum Teil beim Hochgebet, zum Teil am Schluss der Feier geweiht wurden. Grundstoff der drei Heiligen Öle ist Olivenöl, das mit wohlriechenden Duftstoffen versehen wird. Für das Bistum Würzburg werden pro Jahr insgesamt rund 60 Liter benötigt. Die Salbung mit Öl ist ein symbolischer Hinweis auf die Kraft und Gnade, die der Gesalbte empfängt. Im Alten Testament gilt sie als Zeichen der Anerkennung durch Gott und Auszeichnung vor den Menschen. Im Neuen Testament wird die Salbung mit Öl zur Gesundung der Kranken beschrieben.
Die Frauenchoralschola „Vox anima“ sang unter der Leitung von Sven Geier, Domorganist Professor Stefan Schmidt spielte die Orgel. Nach dem Gottesdienst erhielten Vertreter der neun Dekanate die Öle, die in den folgenden Tagen in die Gemeinden der Diözese gebracht werden.
„Tag der Besinnung“ für Priester und Diakone
„Die beste Werbung für das Amt ist ein glaubwürdiges Lebenszeugnis.“ Das hat Bischof Jung im Vorfeld der Chrisammesse beim „Tag der Besinnung“ für Priester und Diakone im Kiliansdom betont. In seinem Vortrag betrachtete er das Psalmwort „Gelöst hast du meine Fesseln“. In den vergangenen Wochen und Monaten hätten sich in der Kirche dauernd neue Abgründe aufgetan – von den Konflikten im Erzbistum Köln und dem Münchner Missbrauchsgutachten über die Thematisierung von Homosexualität im Klerus bis hin zur steigenden Zahl der Kirchenaustritte. Dazu gehöre auch die Notwendigkeit, Mitbrüder aufgrund von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nach einer Strafanzeige von ihren priesterlichen Aufgaben zu entbinden. „Man gewinnt bisweilen den Eindruck, nur noch getrieben zu sein von den Ereignissen.“
„Ich bin als Bischof fest davon überzeugt, dass es das sakramentale Amt in der Kirche braucht“, sagte der Bischof. Als Gegenüber zur Gemeinde käme ihm ein doppelter Auftrag zu. Zum einen erinnere es die Kirche daran, dass sie nicht aus sich selbst existiere, sondern ihren Ursprung dem Ruf des Herrn verdanke. „Zum anderen obliegt es dem Amt, die Kirche vor dem Kreisen um sich selbst zu bewahren.“ Doch gerade die momentanen Diskussionen erweckten den Eindruck, als drehe sich alles Bemühen nur darum, „eine Fassade aufrechtzuerhalten, die an allen Ecken zu bröckeln begonnen hat“. Die momentane Situation der Kirche zwinge alle, die in ihr Dienst tun, dazu, die eigene Motivation und Berufung zu hinterfragen: Will ich das so, wie ich es erlebe? Ist das noch meine Kirche? Was hat mich motiviert, den Priesterberuf zu wählen, und was motiviert mich jetzt, ihn weiter auszuüben? „Die Menschen messen uns daran, ob sie die Liebe zum Herrn in der Ausübung unseres Amtes wahrnehmen können. Kirche ist nur so vertrauenswürdig, wie es ihre offiziellen Vertreter sind“, betonte Bischof Jung.
Doch in den Erschütterungen dieser Tage erweise der Herr seiner Kirche auch etwas Gutes, war Bischof Jung überzeugt. „Er zeigt uns, wie oft Anspruch und Wirklichkeit auseinandergeklafft haben und wie oft wir als Kirche hinter dem zurückgeblieben sind, was wir anderen verkündet haben.“ Man habe sich zu sehr auf Strukturen verlassen und zu selten nachgefragt, ob diese Strukturen auch wirklich tragen oder ob sie nicht vielleicht Missstände begünstigten. Mit den neuen Priesterreferenten, aber auch mit dem Tertiats-Projekt für Priester in der Lebensmitte wolle man von Seiten des Bistums „die Hemmschwelle herabsetzen, damit man sich nicht scheut, um Hilfe nachzusuchen“, erläuterte der Bischof. Es gelte, die Fesseln eigener Vorstellungen von Kirche und wie Kirche sein sollte, die Fesseln der Vorbehalte gegen die Kirchenleitung oder die Fesseln persönlicher Enttäuschungen zu lösen. „Von Herzen danke ich Ihnen für Ihren treuen Dienst in diesen herausfordernden Tagen, für alle Solidarität und für alle Bereitschaft, zu ertragen und mitzutragen, was der Kirche in unserem Land und in unserem Bistum an Veränderung und Unsicherheit zugemutet ist.“
mh/sti (POW)
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