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Dokumentation

„Hier und jetzt für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen“

Predigt von Weihbischof em. Ulrich Boom bei der Kiliani-Pontifikalmesse für die Region Aschaffenburg und die Pfarrhausfrauen am Dienstag, 9. Juli 2024, im Würzburger Kiliansdom

Es ist schon ein provozierendes Evangelium, das wir zum Fest unserer Frankenapostel Kilian mit seinen Gefährten hören: das Evangelium mit den vielfältigen Glückwünschen oder, wie wir es auch nennen: den Seligpreisungen. Wir haben uns daran gewöhnt, dass wir die Provokation gar nicht mehr hören, wenn die Einleitung zur Bergpredigt gelesen wird. Ja, die ganze Bergpredigt Jesu provoziert, weil sie ein anderes Handeln fordert, als wir es in der großen und kleinen Welt kennen. Wir denken, schön wäre es, wenn wir so leben könnten, aber es geht einfach nicht. Nein, im Denken der Welt haben sie keinen guten Platz: Selig, glücklich sind die Armen, Traurigen und Sanftmütigen… Es geht ihnen keinen Deut besser, eher schlechter. Die Getretenen und Ausgestoßenen geraten noch mehr an den Rand und die Peripherie der Gesellschaft, als dass sie in die Mitte geholt würden.

Wenn Jesus die Seligpreisungen an den Anfang seiner programmatischen Rede von der Gottesherrschaft stellt, dann will er damit sagen, auf welcher Seite Gott steht, eben nicht bei den Reichen und Vermögenden, den Mächtigen und Alleskönnern. Gott steht bei denen, die kein Vermögen haben, weder in der Tasche noch im Kopf. Er solidarisiert sich mit den Schwachen und Ohnmächtigen. Das ändert nicht die Machtverhältnisse auf der Erde, aber gibt der Zukunft eine neue Perspektive, weil die Mächtigen nicht das letzte Wort haben. Wir laufen vor dem Leben nicht weg, erst recht in unserer Ohnmacht holt es uns ein. Selbst wenn wir die Lösungen in der Zukunft sehen, heißt es aber nicht, dass wir in der Gegenwart die Hände in den Schoß legen können, sondern uns hier und jetzt für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen müssen. Nur so wird erfahrbar, dass das Reich Gottes nicht eine Utopie, ein Unort ist, sondern im Kleinen schon spürbar wird.

Während meiner Reha in den vergangenen Wochen habe ich in der Klinik auf einem „Pfad der Stille“ unter anderem diesen Impuls gefunden: „Nicht die Glücklichen sind dankbar. Es sind die Dankbaren, die glücklich sind.“ Es ist ein Wort von dem englischen Philosophen und Staatsmann Francis Bacon (1561-1626) aus dem 17. Jahrhundert. Können und Vermögen, Macht und Geld scheinen glücklich zu machen. Es führt dazu, dass der Mensch meint, er hätte all das aus eigener Kraft. Wenn dann die Kräfte schwinden, löst sich das Glücklichsein in Schall und Rauch auf.

Der Dankbare ist ein Mensch, der daran denkt, dass er nichts aus sich heraus hat, sondern dass alles im Leben Geschenk ist. Daran zu denken führt zur Dankbarkeit. „Selig seid ihr, glücklich seid ihr“ – das kann man von Menschen sagen, die sich in Armut und Hilflosigkeit, in Trauer und Ungerechtigkeit trotzdem gehalten und getragen wissen.

Kilian und seine Gefährten müssen solche dankbaren Menschen gewesen sein. Sie verließen alle Sicherheiten, die ihnen in ihrer Gemeinschaft oder durch ihr eigenes Zutun gegeben wurden. Ja, sie ließen sich ein auf den, der alles gibt und nicht nimmt. Gott, auf den sie grenzenlos vertrauen konnten. Ja, sie hielten sogar im wahrsten Sinne des Wortes für diese Sicherheit, die Gott ist, ihren Kopf hin. Unsere Kiliansreliquien mit den drei Häuptern unserer Frankenapostel sind dafür ein sprechendes Bild und Zeugnis. „Es sind die Dankbaren, die glücklich sind.“ Kilian und seine Gefährten wussten, wem sie ihr Leben verdanken. Vor diesem Hintergrund dürfen wir die Selig-, die Glücklichpreisungen lesen und hören.

Unsere Frankenapostel laden uns ein, Gott grenzenlos zu vertrauen und ihm dankbar zu sein, dass er uns trägt und hält in allen Unsicherheiten und Herausforderungen des Lebens.