Würzburg (POW) Das Bistum Würzburg engagiert sich gesamtgesellschaftlich und lässt sich diesen Einsatz auch etwas kosten: Weit über kirchliche Kreise hinaus leistet die Ehe-, Familien- und Lebensberatung (EFL) der Diözese Würzburg Hilfe bei Schwierigkeiten und Krisen. Mit knapp 1,8 Millionen Euro, die im aktuellen Haushalt 2014 veranschlagt sind, trägt das Bistum Würzburg rund 75 Prozent der Kosten. Weitere Finanzhilfen kommen vom Freistaat Bayern und von unterfränkischen Kommunen sowie von Spenden der Klienten.
4585 Personen haben die zehn unterfränkischen Beratungsstellen im Jahr 2013 aufgesucht, eine Steigerung um mehr als 500 Personen gegenüber dem Vorjahr, als 4048 Beratungsfälle verzeichnet wurden. Das geht aus dem vorab veröffentlichten Jahresbericht der EFL hervor. „Die Beratung ist offen für alle, unabhängig von Konfession, Familienstand und Alter. Alle Beraterinnen und Berater unterliegen der gesetzlichen Schweigepflicht“, betont Heinz Rüschstroer, Leiter der EFL Würzburg.
Deutlich mehr Frauen als Männer nutzten das diözesane Beratungsangebot im Jahr 2013: So waren 59 Prozent der Klienten Frauen und 41 Prozent Männer. Die Hälfte der Ratsuchenden war zwischen 30 und 50 Jahre alt, neun Prozent waren jünger, 41 Prozent älter. 44 Prozent aller Beratungsstunden wurden als Paargespräche angeboten.
Neben der regulären Beratungsarbeit gab es 2013 zudem spezielle Projekte für bestimmte Zielgruppen. Beim Projekt „Gern daheim in Schweinfurt“, das 2011 in Kooperation mit der Stadt Schweinfurt gestartet wurde, bietet EFL-Mitarbeiter Diyap Yesil Beratung in türkischer Sprache an. Zwischen Juli 2012 und September 2013 nutzten 28 türkischsprachige Frauen und Männer das Angebot. Insgesamt wurden 134 Beratungsstunden gehalten.
Für Menschen mit Hörschädigung gibt es ebenfalls spezielle Angebote: Neben Nürnberg ist die EFL-Stelle in Würzburg einer der beiden nordbayerischen Standorte, an denen in Zusammenarbeit mit dem bayerischen Familienministerium Ehe-, Familien- und Lebensberatung für Gehörlose, Hörgeschädigte und Ertaubte geleistet wird. Eigens für diese Zielgruppe wurden in der Würzburger Beratungsstelle die technischen Voraussetzungen geschaffen, barrierefreie Hilfe zu leisten. „Die psychologische Beratung ist in zweierlei Hinsicht gerade für Menschen mit Hörschädigung ein wichtiger und notwendiger Dienst“, sagt Rüschstroer. Zum einen, weil sie professionelle Unterstützung beim individuellen Bewältigen von Krisen biete, von denen insbesondere gehörlose, ertaubte sowie schwerhörige Menschen betroffen seien. Gegenüber der Gesamtbevölkerung sei in dieser Gruppe die Suizidrate deutlich erhöht. „Zum anderen sind präventive Angebote besonders wichtig, weil diesen Menschen aufgrund ihrer Kommunikationsbehinderung andere Wege der Information zu Themen von Partnerschaft, Erziehung und psychischer Gesundheit ziemlich verschlossen sind: Im Fernsehen fehlen die Untertitel, schriftliche Ratgeber können kaum genutzt werden, weil die Schriftsprachenkompetenz gebärdensprachlich orientierter Gehörloser in der Regel nicht ausreicht, sie zu verstehen.“
Eine intensive Zusammenarbeit besteht seitens der EFL mit der Justizvollzugsanstalt (JVA) Würzburg. Die EFL-Berater Katharina Schmelter und Burkhard Fleckenstein führen jährlich ein Paarseminar für Inhaftierte und deren Partnerinnen durch. Hinzu kommen Einzel- und Paargespräche, die unter anderem den Übergang in den Alltag nach der Haftzeit begleiten. „Für unseren psychologischen Fachdienst der Seelsorge sind verlässliche und stabile Ehe-Paarbeziehungen ein großes Anliegen“, betont Rüschstroer. Im Jahr 2013 leisteten die beiden Fachberater in der JVA 106 Beratungsstunden mit 34 Klienten, davon jeweils 17 Männer und 17 Frauen. 23 Stunden wurden als Einzelberatung abgehalten, 41 als Paarberatung und 42 Stunden in Form von Gruppenberatung.
Stark engagiert ist die EFL des Bistums Würzburg auch auf dem Feld der Onlineberatung der sieben bayerischen Diözesen unter der Internetadresse www.eheberatung-bayern.de. Das niederschwellige Beratungsangebot hat sich nach Angaben von Rüschstroer in den vergangenen zehn Jahren als eigenständige Beratungsart entwickelt. Von 20 Onlineberatern in Bayern kommen fünf aus der Diözese Würzburg. 2013 wurden bayernweit 160 Dialoge angenommen, auf die 1246 Antwortmails geschrieben wurden, also im Schnitt sieben pro Klient. Die fünf Würzburger Onlineberater leisteten in diesem Zeitraum 179 Beratungsstunden. „Die Besonderheit der Onlineberatung ist eine Reduktion auf das geschriebene Wort. Andererseits haben die Nutzer eine bessere Kontrolle über die Kommunikation. Sie entscheiden über Dauer, Häufigkeit und Inhalte. Die sichere Distanz schafft zudem eine schnellere Form von Nähe“, betont Rüschstroer. Die Onlineberatung eigne sich sowohl für Krisenintervention wie auch für den Zweck, Zugang und Brückenschlag zu anderen Hilfeeinrichtungen zu eröffnen.
mh (POW)
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