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Hoffnung hinter dem Stacheldraht

Schüler der Wichern-Schule präsentieren Projekt „Grenzgänger“ im Museum am Dom – Bilder, Fotos und Skulpturen befassen sich mit dem Kreuzwegzyklus „Die blaue Krone“ und der innerdeutschen Grenze – Ausstellung bis 5. Juli zu sehen

Würzburg (POW) Eine Mauer zieht sich mitten durch eine Stadt. Auf der einen Seite sind die Häuser grau und trostlos, auf der anderen bunt und umgeben von viel Grün. Aus einem Einschussloch läuft Blut an einer Steinmauer hinunter. Wenige Schritte weiter steht ein schlichtes Kreuz, darauf ein blauer Helm. „Grenzgänger“ lautet der Titel der Ausstellung, die noch bis Donnerstag, 5. Juli, im Museum am Dom in Würzburg zu sehen ist. Im Rahmen der Sonderausstellung „Cäsar W. Radetzky – Die blaue Krone“ haben sich Schüler der Würzburger Wichern-Schule mit dem Kreuzwegzyklus befasst und ihn in eigene Kunstwerke umgesetzt. Ein Schwerpunkt war dabei auch die Auseinandersetzung mit der innerdeutschen Grenze und der Berliner Mauer, die von 1961 bis 1989 Deutschland in zwei Teile zerschnitt.

„Entscheidungen haben einen großen Einfluss auf unsere Persönlichkeit und unser Leben“, erklärten die Schüler bei einem Rundgang durch die Ausstellung. Die Menschen in der ehemaligen DDR beispielsweise hätten sich entscheiden müssen, ob sie fliehen oder bleiben wollen. Auch Jesus habe sich entscheiden müssen, nahmen sie Bezug auf Radetzkys Kreuzwegzyklus. Er sei verurteilt worden, weil er die damaligen gesellschaftlichen Grenzen überschritten habe, indem er Armen, Kranken und Ausgestoßenen half. In ihren Werken befassten sich die Schüler zum einen mit dem Leidensweg Jesu, zum anderen mit dem Leid der Menschen im geteilten Deutschland. Sara verband beides in einem Bild, in dem große blaue Tränen vor einem grauen Hintergrund herabtropfen. Sie stünden einerseits für die weinenden Frauen, die Jesus auf dem Weg zur Kreuzigung begegneten. „Der Bezug zur innerdeutschen Geschichte ist die Trennung der Familien und das damit verbundene Leid.“

„Der blau(e) Helm“ nannte Louis seine Skulptur in Anlehnung an Radetzkys Kreuzweg „Die blaue Krone“. Sie besteht aus einem schlichten Kreuz, auf dem ein blauer Helm sitzt. Unter dem Helm ist ein Kreis aus Stacheldraht. „So wurden oft die gefallenen Soldaten beerdigt. Ganz einfach mit einem Kreuz und einem Helm darauf“, erklärte Louis. Mit dem Stacheldraht wolle er zum einen auf den Dornenkranz Jesu hinweisen, aber auch auf dessen eigentliche Verwendung: „Stacheldraht wird benutzt auf Mauern, damit die, die darüber wollen, sich böse verletzen.“

In ihren vielschichtigen Werken zeigen die Schüler die Auswirkungen von Grenzen und dem ehemaligen „Todesstreifen“, aber auch, wie sich Mauern öffnen lassen und im größten Dunkel noch Hoffnung durchscheinen kann. So wie durch das blutige Einschussloch, das Simon in eine massive Mauer gemalt hat. „Auch im Leben vieler Menschen gibt es derartige Grenzen, bei denen man den Hoffnungsschimmer nicht aus den Augen verlieren darf“, schreibt er in der Erklärung zu seinem Werk.

Neben Bildern wird auch eine Fotostrecke gezeigt, in der die Schüler die Geschichte der deutschen Teilung erzählen – vom Bau der Mauer über die Trauer der zerrissenen Familien und die Fluchtversuche bis hin zum Zerfall der DDR. In einem der Bilder recken sich unzählige Hände vor einem Zaun und symbolisieren so die „helfenden Hände“ der Fluchthelfer, erklärte Lea. Ein Wegweiser macht deutlich, was im Leben zählt: Familie, Freunde, Loyalität. Vor dem Rundgang erzählten die Schüler in einem kurzen Theaterstück, wie sich Grenzen überwinden lassen. Mit fantasievollen Handpuppen entführten sie die Zuschauer in den Märchenwald, dessen Bewohner von der bösen Hexe aus dem angrenzenden Schattenland bedroht werden. Doch zwei Kinder kommen dem Einhorn und seinen Freunden zu Hilfe. Sie überschreiten die Grenze zur Märchenwelt, befreien deren Bewohner aus den Käfigen und verwandeln die Hexe in eine Spinne, indem sie ihren Fluch mit Hilfe eines Spiegels auf sie zurückwerfen. Das Stück haben die Schüler gemeinsam mit dem Puppenspieler Patrik Lumma selbst entwickelt.

Die Schüler hätten sich ihrem Projekt „mit viel Herzblut“ gewidmet und ihrer Fantasie das Fliegen beigebracht, sagte Michael Koller, kommissarischer Leiter der Museen der Diözese Würzburg. „Was ich gesehen habe, ist sehr vielversprechend. Die Beredsamkeit der Bilder spricht an und lässt uns bekannte Zusammenhänge neu sehen“, lud er zum Entdecken der Ausstellung ein. Besonders dankte er Claudia Schönitz, Lehrerin an der Wichern-Schule. Sie sei die „treibende Kraft“ hinter den gemeinsamen Projekten, die bereits seit 2009 durchgeführt werden.

„Grenzen sind zum Überwinden da – wir müssen es nur wollen“, sagte Museumspädagogin Dr. Yvonne Lemke. Mit dem aktuellen Projekt seien „gemeinsam Grenzen überschritten“ worden. Die Schüler hätten sich mit der innerdeutschen Grenze und den daraus resultierenden tragischen Ereignissen befasst. In ihre Werke hätten sie aber auch viele persönliche Vorstellungen, Gedanken und Erlebnisse einfließen lassen. „Menschen haben schon immer Grenzen überwunden“, sagte Wolfgang Beckmann, stellvertretender Leiter der Wichern-Schule. Auch Jesus sei an Grenzen gestoßen, habe diese aber überwinden können. In der Ausstellung werde der Begriff „Grenze“ in vielfältiger Weise interpretiert.

Musikalisch begleitet wurde die Vernissage von Matthias Metzger (Gitarre), Lea Eißen (Gitarre, Gesang) und Julia Mair (Violine).

Die Ausstellung ist bis Donnerstag, 5. Juli, dienstags bis sonntags jeweils von 10 bis 17 Uhr zu sehen.

sti (POW)

(2718/0664; E-Mail voraus)

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