Würzburg (POW) Auch Augustinerpater Eric Englert, Präsident von missio München, wird aus diesem Anlass an seine frühere Wirkungsstätte Würzburg zurückkehren: Am Samstag, 10. März, feiert das Internationale Katholische Missionswerk missio im Sankt Burkardushaus die 25-jährige Kooperation mit dem Jesuitenpater Sebastian Painadath. Seit 1982 eröffnet der Inder in Zusammenarbeit mit missio in Deutschland und Österreich neue Wege christlicher Spiritualität. In Seminaren hat er in dieser Zeit rund 7000 Menschen für den Dialog der Religionen und Kulturen sowie die Vertiefung des christlichen Glaubens begeistert. Das silberne Jubiläum der Kooperation von missio und Painadath fällt mit dem 175-jährigen Bestehen von missio Aachen zusammen. Im Jubiläumsjahr präsentiert missio Frauen und Männer der Kirche, die wie Pater Painadath den Auftrag von missio auf besondere Weise verwirklichen: dem christlichen Glauben Leben zu geben.
POW: Pater Painadath, Ihre Seminare sind jedes Jahr schnell ausgebucht. Könnte man Sie als christlichen Guru bezeichnen?
Pater Sebastian Painadath: Das bin ich nicht. Ich bin ein Mitpilgernder, der mit den Menschen geistig unterwegs ist.
POW: Sie vereinen zwei Religionen und Kulturen in ihrer Person. Welche Rolle spielt der Hinduismus für Sie?
Painadath: Mein Großvater, der Vater meiner Mutter, stammte aus einer Hindu Gelehrten – Familie. Doch als er sechs Jahre alt war, konvertierte die Familie zum Christentum und verlor damit alle Privilegien. Später wurde mein Großvater, bei dem ich aufgewachsen bin, Dichter und Professor für Sanskrit. Er war Christ, doch als Gelehrter rezitierte er die heiligen Schriften der Hindus auswendig, vor allem die Bhagavad Gita – während ich auf seinem Schoß saß. Das hat mich tief geprägt.
POW: Sie haben in Innsbruck Theologie studiert, später promoviert und wurden in Puchheim bei München 1973 zum Priester geweiht. Warum wurden Sie Jesuit?
Painadath: (lacht) Ich weiß auch nicht – eigentlich wollte ich immer Priester werden: Die Person Jesu hat mich von Kindheit an berührt. Dann habe ich – wie vor mir mein Onkel – meinen Platz im Jesuitenorden gefunden und bin dort sehr glücklich. Der Orden hat mir ermöglicht, in Indien und in Innsbruck neben katholischer Theologie die Bhagavad Gita zu studieren, die für mich eine geistige Mutter geworden ist. Auch der christliche Mystiker Meister Eckhart fasziniert mich: er ist eine Brücke zwischen Ost und West.
POW: Was genau vermitteln Sie in Ihren Seminaren?
Painadath: Ich lehre keine festen Meditationsformen wie im Zen oder im Yoga. Mir geht es darum, die Menschen dort abzuholen, wo sie gerade sind. Wir sitzen auf dem Boden und nehmen unsere Verwurzelung in der Erde und den Leib als Tempel des göttlichen Geistes wahr. Dann achten wir auf den Atem: Gott beatmet uns. Wir rezitieren das Mantra Om; diese heilige Silbe bringt uns in Schwingung mit dem Kosmos. Wir wiederholen andächtig den Namen Jesu in uns. Das sind Grundschritte, die einen Zugang zum inneren Raum der Stille ermöglichen. Wenn wir so zur inneren Stille gefunden haben, meditieren wir zum Beispiel verdichtete Meditationsverse aus dem Johannes Evangelium. Das alles bringt uns zu einer erfüllten Stille. Dem innewohnenden göttlichen Geist Raum geben – darum geht es in der Meditation.
POW: Was zeichnet christliche Spiritualität aus?
Painadath: Barmherzigkeit: Sie schließt Offenheit und Toleranz gegenüber anderen Religionen und Kulturen mit ein. In Christus haben wir das der Welt zugewandte barmherzige Gesicht Gottes erkannt.
POW: 1987 haben Sie in Kalady in Südindien im Auftrag des Jesuiten-Ordens einen christlichen Ashram gegründet, den Sameeksha-Ashram. Wozu dient dieses Zentrum?
Painadath: Zum einen dient der Ashram dem Dialog der Religionen, vor allem zwischen Christentum und Hinduismus. Zum anderen biete ich dort christliche Exerzitien mit hinduistischen Texten an. Das Christentum in Indien ist zum großen Teil ein Erbe der Kolonialgeschichte: Die Formen der Liturgie und der Gebetes sind von Spanien und Italien importiert. Dabei verfügt Indien über eine reiche Tradition eigener Spiritualität. Die meisten indischen Christen nutzen diesen fruchtbaren Boden jedoch nicht, sondern haben Berührungsängste mit dem „Heidnischen". In unserem Ashram wollen wir den kulturellen Schatz Indiens für den christlichen Glauben erschließen und bilden seit 15 Jahren unter anderem junge Jesuiten aus. Sie lernen, eine christliche Theologie und Sprache zu entwickeln, die vom einheimischen kulturellen Erbe bereichert ist, und so die Menschen in Indien wirklich anspricht.
POW: Warum sollen sich Deutsche mit anderen Religionen auseinandersetzen?
Painadath: Europa ist ein religionspluralistischer Kontinent: In deutschen Schulen gibt es viele muslimische Kinder. Manche deutsche Familien bekommen muslimische oder buddhistische Schwiegersöhne und -töchter. Das ist die neue Realität im christlichen Abendland. Wir können uns von den Gebeten, Schriften und Symbolen anderer Religionen bereichern lassen. Dabei geht es nicht darum, den eigenen Glauben aufzugeben. Im Gegenteil: Durch die Begegnung mit Andersgläubigen werden wir motiviert, den eigenen Glauben zu vertiefen. Doch dies erfordert enorme Offenheit und Demut, und damit tut sich die Kirche manchmal schwer.
POW: Sie sind seit 25 Jahren Partner von missio und setzen dessen Vision „glauben.leben.geben“ in besonderer Weise um. Was bedeutet Ihnen das Motto?
Painadath: Ich glaube an die Barmherzigkeit und die Liebe Gottes. Um dementsprechend leben zu können, brauchen wir Christen eine einfachere Lebensweise, die die Kirche in der heutigen Konsumgesellschaft glaubwürdig macht. Und dann werden wir fähig sein, den Menschen das zu geben, was sie dringend brauchen: ein geistliches Selbstwertgefühl: Erkenne, wer du bist: Du bist Tochter/Sohn Gottes, Du bist göttlich! Um es mit Augustinus zu sagen: „Gott ist Mensch geworden, damit der Mensch Gott werden kann.“
(1007/0367; E-Mail voraus)
Hinweis für Redaktionen: Foto abrufbar im Internet